Wankende Koalitionen, weichende Landesfürsten und Blockflöten für alle Ein Streifzug durch Österreichs Länder
Rumoren in den Ländern.
Wachablöse bei beiden Tiroler Regierungsparteien, Wachablöse im Grazer Landhaus, unklare Zukunft für die schwarz-grüne
Vorarlberger Landesregierung, und selbst Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer musste sich vor Kurzem mit Rücktrittsgerüchten herumschlagen, die er jedoch prompt
dementierte: Üblicherweise ein Hort der Stabilität, ist zuletzt einige Bewegung gekommen in
die Landhäuser und Regierungsstuben quer durch die österreichischen Länder. Die nächste Serie an Landtagswahlen wirft unübersehbar ihre Schatten voraus.
Wahlreigen. Den Auftakt macht
Tirol, das seine Wahl aufgrund der Rücktrittsankündigung LH Günther Platters auf den kommenden September vorverlegte. Niederösterreich, Kärnten und Salzburg folgen in der ersten Jahreshälfte 2023, ein
Jahr darauf ist Vorarlberg an der Reihe – so die dortige Koalition, die
durch die Wirtschaftsbundaffäre und die Anschuldigungen gegen LH Markus Wallner unter Druck geraten ist, so lange durchhält. Steiermark wählt erst 2024. Anders als Anton Mattle in Tirol hat der designierte neue LH Christopher Drexler also genügend Zeit, in der steirischen
Wählerschaft einen LH-Bonus zu erwirtschaften. Auch in Oberösterreich hatte die Amtsübergabe von
Josef Pühringer an Thomas Stelzer einige Zeit vor der Landtagswahl
stattgefunden, was Stelzer bei seiner ersten Wahl ein ausgezeichnetes Wahlergebnis ermöglichte.
Ludwigs Baustellen. Wien wählt erst 2025, was sich für Bürgermeister Michael Ludwig als Segen erweisen dürfte. Denn der mit großer Mehrheit und kleiner Neos-Beteiligung regierende rote Stadtchef ist zuletzt ein wenig außer Tritt geraten. Ludwigs kürzlich erfolgter Überraschungsbesuch beim türkischen Despoten Erdoğan kam nicht überall gut an, ebenso wenig die
Ankündigung der im Besitz der roten Stadt stehenden Wien Energie, die Fernwärmepreise zu verdoppeln. Die Vorwürfe der SPÖ an die Bundesregierung, zu wenig gegen
den von der SPÖ so genannten „Teuerungswahnsinn“zu tun, klingen seither ein wenig hohl. Zudem hat Ludwig den Konflikt um die
Wiener Stadtstraße am Hals, die die Seestadt, ein riesiges neues Wohngebiet im Norden, erschließen soll. Eine kleine, aber in der öffentlichen Meinung einflussreiche Gruppe
junger Leute macht gegen diese Straße mobil, Ludwig droht solcherart ein Teil der Jungwählerschaft abhandenzukommen.
Stabile Verhältnisse. Sorgenfreier können die beiden anderen roten Landeschefs in die Zukunft blicken. Kärntens Peter Kaiser wurde soeben mit 99,08 Prozent als SPÖ-Landeschef bestätigt, was ihm Rückenwind für die bevorstehende Landtagswahl gibt. Und Hans Peter Doskozil
im Burgenland fährt unbeirrt seinen Kurs, der aus rechter Sicherheitsund linker Sozialpolitik besteht: Am vergangenen Sonntag warnte er vor einer Zuspitzung der Flüchtlingssituation, am Montag gab er
bekannt, dass alle Zweitklässler auf Kosten des Landes eine Blockflöte für den Musikunterricht erhalten
sollen. Allfällige Skandale, etwa jener um die Commerzialbank, sind – zumindest derzeit – nur mehr ein
fernes Donnergrollen und haben nicht das Potenzial, die Verhältnisse im Land umzukehren. Und auch Niederösterreichs Johanna MiklLeitner kann gelassen den Wahlen
entgegensehen, sofern nicht noch peinliche Chats aus ihrer Zeit als Innenministerin ans Licht der
Öffentlichkeit kommen.