Ein Schritt auf dem Weg zu einer Welt ohne Atomwaffen
Das Verbot von Nuklearwaffen ist in internationales Recht gegossen. In Wien wird beraten, wie es wirken kann.
WIEN. Eigentlich sei es ein Tag zum Feiern, sagte Außenminister Alexander Schallenberg am Dienstag anlässlich des ersten Treffens der
Unterzeichner des Vertrags über ein Atomwaffenverbot. „Aber noch
nie war seit dem Kalten Krieg die atomare Bedrohung mehr präsent als heute“, relativierte Österreichs Chefdiplomat.
Das Statement spiegelte die Stimmung der Delegierten und Beobachter im Vienna International Center: Sie schwankte zwischen Optimismus und Alarmismus. Alarmiert, weil die Atommächte dieser
Welt weiter aufrüsten und gleichzeitig die Risiken für einen Einsatz
dieser Waffen steigen, zuletzt angesichts des Ukraine-Kriegs. Optimistisch, weil mit dem Vertrag, der im
Jänner vergangenen Jahres in Kraft trat, erstmals ein Verbot von Atomwaffen explizit internationales Recht wurde. Indirekt ist es bereits durch andere Abkommen vorhanden. Etwa im Verbot des Einsatzes
von Waffen gegen Zivilisten oder der unverhältnismäßigen Schädigung der Umwelt – beides kann im Fall von Atomwaffen gar nicht vermieden werden.
Der neue Vertrag hat bei all seiner Bedeutung einen großen Pferdefuß: Keine der Atommächte hat ihn unterzeichnet. Ein Faktum, das sich
bei der Konferenz der Vertragspartner praktisch bemerkbar machte.
Das Abkommen sieht ein absolutes Verbot von Atomwaffen vor, also auch die Abrüstung jener Staaten, die Atomwaffen haben. Wie diese überwacht werden soll, darüber
wurde unter anderem in Wien beraten. Eine komplexe Angelegenheit,
wie der österreichische Spitzendiplomat und Präsident der Konferenz, Alexander Kmentt, sagte.
Aber auch eine, die ohne Zeitdruck in Angriff genommen wird. Denn der Vertrag sieht zwar Autoritäten
vor, die die Abrüstung beaufsichtigen, aber: „Das wird schlagend,
wenn Atommächte beitreten“, sagte Kmentt. „Wir sind uns bewusst, dass das nicht unmittelbar passieren wird.“
Unter den Unterzeichnern des Verbotsvertrags sind viele kleine Staaten. Für Beatrice Fihn, Direktorin der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), ist aber allein deren große Zahl „ein starkes Zeichen, dass so
viele Länder an internationales Recht glauben“.
Gerade für kleine Länder, sagte Kmentt, würde das internationale Recht Sicherheit bedeuten. Dem Gegenargument, Länder wie Russland oder China würden sich an internationale Spielregeln ohnehin
nicht halten, kann der Österreicher nichts abgewinnen. Man legalisiere
ja auch nicht Mord, weil es noch immer Mörder gebe. „Das Einzige, das
uns davor bewahrt, in Anarchie abzugleiten, ist das internationale Recht. Wir brauchen diese Normen, wir müssen sie stärken“, forderte er.
Der Atomwaffenverbotsvertrag ist dabei ein weiteres Puzzleteil,
wenn es um Regeln für bewaffnete Konflikte geht. Immer wieder stießen diese, wie beim Verbot von Streumunition, anfänglich auch auf
Widerstand in der Staatengemeinschaft. Bis möglichst viele Länder sich den Verboten anschließen, haben sie trotzdem eine wichtige Funktion: Sie setzen ein starkes Zeichen und halten das Thema auf der
internationalen Agenda.
Internationales Recht schützt kleine Länder