Salzburger Nachrichten

Ein Schritt auf dem Weg zu einer Welt ohne Atomwaffen

Das Verbot von Nuklearwaf­fen ist in internatio­nales Recht gegossen. In Wien wird beraten, wie es wirken kann.

- STEPHANIE PACK-HOMOLKA

WIEN. Eigentlich sei es ein Tag zum Feiern, sagte Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg am Dienstag anlässlich des ersten Treffens der

Unterzeich­ner des Vertrags über ein Atomwaffen­verbot. „Aber noch

nie war seit dem Kalten Krieg die atomare Bedrohung mehr präsent als heute“, relativier­te Österreich­s Chefdiplom­at.

Das Statement spiegelte die Stimmung der Delegierte­n und Beobachter im Vienna Internatio­nal Center: Sie schwankte zwischen Optimismus und Alarmismus. Alarmiert, weil die Atommächte dieser

Welt weiter aufrüsten und gleichzeit­ig die Risiken für einen Einsatz

dieser Waffen steigen, zuletzt angesichts des Ukraine-Kriegs. Optimistis­ch, weil mit dem Vertrag, der im

Jänner vergangene­n Jahres in Kraft trat, erstmals ein Verbot von Atomwaffen explizit internatio­nales Recht wurde. Indirekt ist es bereits durch andere Abkommen vorhanden. Etwa im Verbot des Einsatzes

von Waffen gegen Zivilisten oder der unverhältn­ismäßigen Schädigung der Umwelt – beides kann im Fall von Atomwaffen gar nicht vermieden werden.

Der neue Vertrag hat bei all seiner Bedeutung einen großen Pferdefuß: Keine der Atommächte hat ihn unterzeich­net. Ein Faktum, das sich

bei der Konferenz der Vertragspa­rtner praktisch bemerkbar machte.

Das Abkommen sieht ein absolutes Verbot von Atomwaffen vor, also auch die Abrüstung jener Staaten, die Atomwaffen haben. Wie diese überwacht werden soll, darüber

wurde unter anderem in Wien beraten. Eine komplexe Angelegenh­eit,

wie der österreich­ische Spitzendip­lomat und Präsident der Konferenz, Alexander Kmentt, sagte.

Aber auch eine, die ohne Zeitdruck in Angriff genommen wird. Denn der Vertrag sieht zwar Autoritäte­n

vor, die die Abrüstung beaufsicht­igen, aber: „Das wird schlagend,

wenn Atommächte beitreten“, sagte Kmentt. „Wir sind uns bewusst, dass das nicht unmittelba­r passieren wird.“

Unter den Unterzeich­nern des Verbotsver­trags sind viele kleine Staaten. Für Beatrice Fihn, Direktorin der Internatio­nalen Kampagne zur Abschaffun­g von Atomwaffen (ICAN), ist aber allein deren große Zahl „ein starkes Zeichen, dass so

viele Länder an internatio­nales Recht glauben“.

Gerade für kleine Länder, sagte Kmentt, würde das internatio­nale Recht Sicherheit bedeuten. Dem Gegenargum­ent, Länder wie Russland oder China würden sich an internatio­nale Spielregel­n ohnehin

nicht halten, kann der Österreich­er nichts abgewinnen. Man legalisier­e

ja auch nicht Mord, weil es noch immer Mörder gebe. „Das Einzige, das

uns davor bewahrt, in Anarchie abzugleite­n, ist das internatio­nale Recht. Wir brauchen diese Normen, wir müssen sie stärken“, forderte er.

Der Atomwaffen­verbotsver­trag ist dabei ein weiteres Puzzleteil,

wenn es um Regeln für bewaffnete Konflikte geht. Immer wieder stießen diese, wie beim Verbot von Streumunit­ion, anfänglich auch auf

Widerstand in der Staatengem­einschaft. Bis möglichst viele Länder sich den Verboten anschließe­n, haben sie trotzdem eine wichtige Funktion: Sie setzen ein starkes Zeichen und halten das Thema auf der

internatio­nalen Agenda.

Internatio­nales Recht schützt kleine Länder

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