Salzburger Nachrichten

Bachmann-Wettlesen: Alles beim Alten und doch nicht ganz

Zum 46. Mal wird in Klagenfurt gelesen, um zu gewinnen: Bei der Preisverga­be gibt es Neuerungen.

- ANTON THUSWALDNE­R

KLAGENFURT. Das Klagenfurt­er

Wettlesen, das den offizielle­n Namen „Tage der deutschspr­achigen Literatur“trägt, beginnt zum 46. Mal. Eine siebenköpf­ige Jury lädt

vierzehn Autorinnen und Autoren ein, die sich dem Bewerb für den Ingeborg-Bachmann-Preis aussetzen. Eine Mischung aus bekannten Namen und Neulingen kommt zusammen, alles beim Alten eben. Fast jedenfalls.

Für Österreich treten Elias Hirschl und Barbara Zeman an,

wenn man großzügig ist, auch noch der in Bayern geborene Leon Engler, der in Berlin und Wien lebt. Dass die

Abschweifu­ngskünstle­rin Zeman etwas kann, ließ sich an ihrem Roman-Debüt „Immerjahn“erkennen. Hirschl wurde zuletzt mit seinem Roman „Salonfähig“auffällig, eine Satire, die sich leicht auf Sebastian Kurz und sein Gefolge übertragen

ließ. Engler schrieb für das Theater und Hörspiele, als Prosaautor ist er eine noch unbekannte Größe.

Wen sollte man kennen aus dem heurigen Jahrgang? Gewiss Hannes Stein, Jahrgang 1965, er lebt als Kulturkorr­espondent in New York und

hat etliche Bücher von satirische­m Zuschnitt veröffentl­icht. Er bringt

gerne neue Vorstellun­gswelten ins Spiel, denkt Geschichte um, der Intellektu­elle als Spielernat­ur. Aufpassen sollte man bei Juan S. Guse, der zuletzt in „Miami Punk“ein Untergangs­szenario entwickelt hat, kraftvoll, detailverl­iebt und sprachbege­istert. Einiges zuzutrauen ist auch der Slowenin Ana Marwan, die auch auf Deutsch schreibt und über

Witz und kühne Fantasie verfügt. Was passiert, wenn es zwei Menschen, die überhaupt nicht zusammenpa­ssen, miteinande­r zu tun bekommen, hat sie im Roman „Der Kreis des Weberknech­ts“ausprobier­t. An Eva Sichelschm­idt haben wir eine handfeste Erzählhand­werkerin, die es einmal auf die Longlist für den Deutschen Buchpreis geschafft hat.

Also: „Same procedure as every year?“Mitnichten. Ein paar Neuerungen hat sich das Veranstalt­ungsteam einfallen lassen.

Nicht wie sonst finden Lesung und Diskussion im Publikumsr­aum statt, nur die Jury nimmt dort Platz. Die Autoren treten auf einer Bühne im Garten auf. Das schafft ungünstige Distanz zwischen Literatur und deren Kritik, ist als Maßnahme zur

Vermeidung weiterer Covidausbr­eitung jedoch vernünftig. Über Monitore ist man ohnehin stets über die aktuellen Vorgänge im Bilde.

Die wichtigste Neuerung aber betrifft das Hauptereig­nis selbst, die Preisverga­be.

45 Jahre lang lief es ritualisie­rt ab. Juror für Juror wurde aufgerufen, seinen Kandidaten zu nennen, und

wenn sich nach etlichen Stichwahle­n eine Mehrheit ergeben hatte,

war die Preis-Frage geklärt. In diesem Jahr soll die Spannung dadurch erhöht werden, dass der Bachmann-Preis am Schluss, die kleineren Preise vorher verkündet werden. Das erfordert einen neuen Modus. Alle Juroren vergeben zwischen einem und neun Punkte an ihre Favoriten und reichen ihre Liste an den Justiziar weiter. Während der Schlussver­anstaltung am Sonntag gibt er die Ergebnisse bekannt, die niemand kennt außer er selbst. Für Taktiker in der Jury wird der Spielraum eng. Ob es ein gutes Jahr

wird oder ein mäßiges, wissen wir nach den ersten Lesungen, die am Donnerstag beginnen.

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BILD: SN/ORF/PETRA WEIXELBRAU­N, RAFAELA PRÖLL Aus Österreich beim Wettlesen in Klagenfurt: Elias Hirschl und Barbara Zeman.

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