Bachmann-Wettlesen: Alles beim Alten und doch nicht ganz
Zum 46. Mal wird in Klagenfurt gelesen, um zu gewinnen: Bei der Preisvergabe gibt es Neuerungen.
KLAGENFURT. Das Klagenfurter
Wettlesen, das den offiziellen Namen „Tage der deutschsprachigen Literatur“trägt, beginnt zum 46. Mal. Eine siebenköpfige Jury lädt
vierzehn Autorinnen und Autoren ein, die sich dem Bewerb für den Ingeborg-Bachmann-Preis aussetzen. Eine Mischung aus bekannten Namen und Neulingen kommt zusammen, alles beim Alten eben. Fast jedenfalls.
Für Österreich treten Elias Hirschl und Barbara Zeman an,
wenn man großzügig ist, auch noch der in Bayern geborene Leon Engler, der in Berlin und Wien lebt. Dass die
Abschweifungskünstlerin Zeman etwas kann, ließ sich an ihrem Roman-Debüt „Immerjahn“erkennen. Hirschl wurde zuletzt mit seinem Roman „Salonfähig“auffällig, eine Satire, die sich leicht auf Sebastian Kurz und sein Gefolge übertragen
ließ. Engler schrieb für das Theater und Hörspiele, als Prosaautor ist er eine noch unbekannte Größe.
Wen sollte man kennen aus dem heurigen Jahrgang? Gewiss Hannes Stein, Jahrgang 1965, er lebt als Kulturkorrespondent in New York und
hat etliche Bücher von satirischem Zuschnitt veröffentlicht. Er bringt
gerne neue Vorstellungswelten ins Spiel, denkt Geschichte um, der Intellektuelle als Spielernatur. Aufpassen sollte man bei Juan S. Guse, der zuletzt in „Miami Punk“ein Untergangsszenario entwickelt hat, kraftvoll, detailverliebt und sprachbegeistert. Einiges zuzutrauen ist auch der Slowenin Ana Marwan, die auch auf Deutsch schreibt und über
Witz und kühne Fantasie verfügt. Was passiert, wenn es zwei Menschen, die überhaupt nicht zusammenpassen, miteinander zu tun bekommen, hat sie im Roman „Der Kreis des Weberknechts“ausprobiert. An Eva Sichelschmidt haben wir eine handfeste Erzählhandwerkerin, die es einmal auf die Longlist für den Deutschen Buchpreis geschafft hat.
Also: „Same procedure as every year?“Mitnichten. Ein paar Neuerungen hat sich das Veranstaltungsteam einfallen lassen.
Nicht wie sonst finden Lesung und Diskussion im Publikumsraum statt, nur die Jury nimmt dort Platz. Die Autoren treten auf einer Bühne im Garten auf. Das schafft ungünstige Distanz zwischen Literatur und deren Kritik, ist als Maßnahme zur
Vermeidung weiterer Covidausbreitung jedoch vernünftig. Über Monitore ist man ohnehin stets über die aktuellen Vorgänge im Bilde.
Die wichtigste Neuerung aber betrifft das Hauptereignis selbst, die Preisvergabe.
45 Jahre lang lief es ritualisiert ab. Juror für Juror wurde aufgerufen, seinen Kandidaten zu nennen, und
wenn sich nach etlichen Stichwahlen eine Mehrheit ergeben hatte,
war die Preis-Frage geklärt. In diesem Jahr soll die Spannung dadurch erhöht werden, dass der Bachmann-Preis am Schluss, die kleineren Preise vorher verkündet werden. Das erfordert einen neuen Modus. Alle Juroren vergeben zwischen einem und neun Punkte an ihre Favoriten und reichen ihre Liste an den Justiziar weiter. Während der Schlussveranstaltung am Sonntag gibt er die Ergebnisse bekannt, die niemand kennt außer er selbst. Für Taktiker in der Jury wird der Spielraum eng. Ob es ein gutes Jahr
wird oder ein mäßiges, wissen wir nach den ersten Lesungen, die am Donnerstag beginnen.