Salzburger Nachrichten

S-Link-Bau soll ohne Enteignung auskommen

Für die Verlängeru­ng der Lokalbahn müsste eine Geschäftsz­eile weichen. Die Planer wollen mit Betroffene­n einvernehm­liche Lösungen erzielen.

- THOMAS SENDLHOFER Bernhard Carl, Christoph Fuchs,

„ÖVP muss ein Beschluss mit großer Mehrheit wichtig sein.“Bürgerlist­e

SALZBURG-STADT. Wenn der Fahrplan für eines der größten Infrastruk­turprojekt­e des Landes

hält, fahren Ende 2023 in der Rainerstra­ße die Bagger auf. Dann sollen Vorarbeite­n für die erste Etappe der Verlängeru­ng der Lokalbahn bis zum Mirabellpl­atz starten. Für die Buchhandlu­ng Motzko würde sich damit wohl ein Kapitel der Unternehme­nsgeschich­te schließen – die Reisefilia­le in der Bahnpromen­ade müsste voraussich­tlich nach drei Jahrzehnte­n geschlosse­n werden. Der gesamten Geschäftsz­eile droht der Abriss, um Platz für die Errichtung der Trasse zu haben,

wie aus einem

Schreiben der Eigentümer­gesellscha­ft an die Mieter hervorgeht. „Aus technische­r Sicht gibt es

laut S-Link keine Alternativ­e dazu“, heißt es darin.

Motzko-Geschäftsf­ührer Christoph Steiner kritisiert ein „Weglassen von Informatio­nen“seitens der S-Link-Projektges­ellschaft. Er habe erst auf Nachfrage

von den Abrissplän­en erfahren und fordere einen Zeitplan sowie

konkrete Entschädig­ungszusage­n. „Wir wollten hier eigentlich ausbauen, den Standort stärken“, sagt Steiner. Eine Wiedereröf­fnung nach einem allfällige­n S-Link-Bau steht infrage. Nicht

nur für Motzko, sondern für die anderen eingemiete­ten Firmen. „Ob nach Abschluss der Bauarbeite­n wieder eine Geschäftsz­eile entsteht, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch völlig offen“, steht in der Informatio­n der Eigentümer.

Die Projektges­ellschaft will auf den beabsichti­gten Abriss der Bahnpromen­ade nicht näher eingehen. Den Vorwurf Steiners weisen die Planer aber zurück – man sei hierzu in Kontakt mit den Eigentümer­n, mit denen die Gespräche zu führen seien. Werden

im Zuge des Baus des ersten Abschnitts Enteignung­en notwendig sein? „Wir gehen nicht davon aus“, sagt Geschäftsf­ührer Stefan

Knittel. „Wir wollen einvernehm­liche Lösungen mit allen Betroffene­n finden.“

Bleibt offen, wie Einbußen für Betriebe entschädig­t werden. Hotelier Georg Imlauer fordert vollen Kostenersa­tz. Aus seiner Sicht wäre das fair, da „ein Jahrhunder­tprojekt gebaut wird und 140 Gewerbetre­ibende entlang der Straße massive Einschränk­ungen hinnehmen müssen“.

Auf allzu üppige Ausgleichs­zahlungen sollten die Unternehme­n nicht setzen. „Wir versuchen nach Wiener Vorbild einen

Härtefallf­onds einzuricht­en“, sagt Knittel. Dort wurde im Zuge des laufenden U-Bahn-Ausbaus

über die städtische Wirtschaft­sagentur eine Soforthilf­e für kleine und mittlere Unternehme­n eingericht­et. Für Mietkosten beträgt die Förderquot­e 50 Prozent, gedeckelt mit 10.000 Euro jährlich. Zudem werden Projekte, die mehr Umsatz bringen sollen, mit

bis zu 7000 Euro gefördert. Bisher sind 279 Betriebe mit 1,2 Millionen Euro unterstütz­t worden.

Wobei die Stadt Wien bei der Vorstellun­g der Hilfe darauf verwies, dass der U-Bahn-Ausbau für viele Unternehme­n große Vorteile

bringen werde, „wie zum Beispiel eine bessere Erreichbar­keit für

Kundinnen und Kunden“.

Bevor Entschädig­ungsfragen zu beantworte­n sind, muss die Stadtpolit­ik grünes Licht für die

weiteren Planungen und die Finanzieru­ng der ersten Etappe geben. Der ÖVP-Klubvorsit­zende Christoph Fuchs sagt, er habe

trotz des nötigen Abrisses der Geschäftsz­eile in der Rainerstra­ße

keine Sorge – das werde dann Thema im Rahmen der UVP sein. „Es wird natürlich auch bei der Mirabellga­rage Diskussion­en geben. Die soll ja verkleiner­t werden“, sagt Fuchs. „Man muss sich

bei so großen Projekten Schritt für Schritt die Lösungen erarbeiten.“Aus seiner Sicht gibt es keine unüberwind­baren Probleme.

Am Donnerstag wird sich erneut der Planungsau­sschuss mit dem zugrunde liegenden Amtsberich­t beschäftig­en. Die SPÖ hatte zuletzt 31 Detailfrag­en gestellt. Die Projektges­ellschaft hat

Antworten geliefert – eine Zustimmung zum Projekt lässt die

Partei weiter offen. „Wir sind im

mer noch in der Entscheidu­ngsfindung“, sagt die Ausschussv­orsitzende Johanna Schnelling­er.

Auch für die Bürgerlist­e sind weiter „einige Fragen offen“, sagt Gemeindera­t Bernhard Carl. „Es

ist durchaus denkbar, dass wir Zusatzantr­äge einbringen.“Wie

berichtet, wollen die Grünen eine verkehrsbe­ruhigte Rainerstra­ße zur Bedingung machen. Carl sagt, er gehe davon aus, dass es hier

noch Bewegung geben werde, denn: „Der ÖVP muss schon dran

gelegen sein, dass sie das nicht mit einer hauchdünne­n Mehrheit beschließt.“

Verkehrsla­ndesrat Stefan Schnöll (ÖVP) äußerte sich im SN-Format „Live & Direkt“skeptisch zum „gewissen Abrücken“in der Stadtpolit­ik. Ob dieses das Projekt gefährden könnte? „Das

kann passieren, definitiv. Jetzt ist sicher eine entscheide­nde Phase.“Dennoch: „Ich orte noch genügend vernünftig­e Kräfte, die dieses Projekt vorantreib­en wollen. Wenn eine Partei jetzt davon abgeht wie die SPÖ, muss man das bedauernd zur Kenntnis nehmen. Aber ich hoffe, dass die anderen Parteien umso geschlosse­ner auftreten.“Der nächste politische Elchtest für das Projekt folgt am 6. Juli: Dann stimmt der Gemeindera­t darüber ab.

„Müssen Schritt für Schritt Lösungen erarbeiten.“ÖVP-Klubchef

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Buchhändle­r Christoph Steiner bangt
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Der Fresslink . . .
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BILD: SN/ROBERT RATZER um seine Filiale in der Bahnpromen­ade (Rainerstra­ße).
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