S-Link-Bau soll ohne Enteignung auskommen
Für die Verlängerung der Lokalbahn müsste eine Geschäftszeile weichen. Die Planer wollen mit Betroffenen einvernehmliche Lösungen erzielen.
„ÖVP muss ein Beschluss mit großer Mehrheit wichtig sein.“Bürgerliste
SALZBURG-STADT. Wenn der Fahrplan für eines der größten Infrastrukturprojekte des Landes
hält, fahren Ende 2023 in der Rainerstraße die Bagger auf. Dann sollen Vorarbeiten für die erste Etappe der Verlängerung der Lokalbahn bis zum Mirabellplatz starten. Für die Buchhandlung Motzko würde sich damit wohl ein Kapitel der Unternehmensgeschichte schließen – die Reisefiliale in der Bahnpromenade müsste voraussichtlich nach drei Jahrzehnten geschlossen werden. Der gesamten Geschäftszeile droht der Abriss, um Platz für die Errichtung der Trasse zu haben,
wie aus einem
Schreiben der Eigentümergesellschaft an die Mieter hervorgeht. „Aus technischer Sicht gibt es
laut S-Link keine Alternative dazu“, heißt es darin.
Motzko-Geschäftsführer Christoph Steiner kritisiert ein „Weglassen von Informationen“seitens der S-Link-Projektgesellschaft. Er habe erst auf Nachfrage
von den Abrissplänen erfahren und fordere einen Zeitplan sowie
konkrete Entschädigungszusagen. „Wir wollten hier eigentlich ausbauen, den Standort stärken“, sagt Steiner. Eine Wiedereröffnung nach einem allfälligen S-Link-Bau steht infrage. Nicht
nur für Motzko, sondern für die anderen eingemieteten Firmen. „Ob nach Abschluss der Bauarbeiten wieder eine Geschäftszeile entsteht, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch völlig offen“, steht in der Information der Eigentümer.
Die Projektgesellschaft will auf den beabsichtigten Abriss der Bahnpromenade nicht näher eingehen. Den Vorwurf Steiners weisen die Planer aber zurück – man sei hierzu in Kontakt mit den Eigentümern, mit denen die Gespräche zu führen seien. Werden
im Zuge des Baus des ersten Abschnitts Enteignungen notwendig sein? „Wir gehen nicht davon aus“, sagt Geschäftsführer Stefan
Knittel. „Wir wollen einvernehmliche Lösungen mit allen Betroffenen finden.“
Bleibt offen, wie Einbußen für Betriebe entschädigt werden. Hotelier Georg Imlauer fordert vollen Kostenersatz. Aus seiner Sicht wäre das fair, da „ein Jahrhundertprojekt gebaut wird und 140 Gewerbetreibende entlang der Straße massive Einschränkungen hinnehmen müssen“.
Auf allzu üppige Ausgleichszahlungen sollten die Unternehmen nicht setzen. „Wir versuchen nach Wiener Vorbild einen
Härtefallfonds einzurichten“, sagt Knittel. Dort wurde im Zuge des laufenden U-Bahn-Ausbaus
über die städtische Wirtschaftsagentur eine Soforthilfe für kleine und mittlere Unternehmen eingerichtet. Für Mietkosten beträgt die Förderquote 50 Prozent, gedeckelt mit 10.000 Euro jährlich. Zudem werden Projekte, die mehr Umsatz bringen sollen, mit
bis zu 7000 Euro gefördert. Bisher sind 279 Betriebe mit 1,2 Millionen Euro unterstützt worden.
Wobei die Stadt Wien bei der Vorstellung der Hilfe darauf verwies, dass der U-Bahn-Ausbau für viele Unternehmen große Vorteile
bringen werde, „wie zum Beispiel eine bessere Erreichbarkeit für
Kundinnen und Kunden“.
Bevor Entschädigungsfragen zu beantworten sind, muss die Stadtpolitik grünes Licht für die
weiteren Planungen und die Finanzierung der ersten Etappe geben. Der ÖVP-Klubvorsitzende Christoph Fuchs sagt, er habe
trotz des nötigen Abrisses der Geschäftszeile in der Rainerstraße
keine Sorge – das werde dann Thema im Rahmen der UVP sein. „Es wird natürlich auch bei der Mirabellgarage Diskussionen geben. Die soll ja verkleinert werden“, sagt Fuchs. „Man muss sich
bei so großen Projekten Schritt für Schritt die Lösungen erarbeiten.“Aus seiner Sicht gibt es keine unüberwindbaren Probleme.
Am Donnerstag wird sich erneut der Planungsausschuss mit dem zugrunde liegenden Amtsbericht beschäftigen. Die SPÖ hatte zuletzt 31 Detailfragen gestellt. Die Projektgesellschaft hat
Antworten geliefert – eine Zustimmung zum Projekt lässt die
Partei weiter offen. „Wir sind im
mer noch in der Entscheidungsfindung“, sagt die Ausschussvorsitzende Johanna Schnellinger.
Auch für die Bürgerliste sind weiter „einige Fragen offen“, sagt Gemeinderat Bernhard Carl. „Es
ist durchaus denkbar, dass wir Zusatzanträge einbringen.“Wie
berichtet, wollen die Grünen eine verkehrsberuhigte Rainerstraße zur Bedingung machen. Carl sagt, er gehe davon aus, dass es hier
noch Bewegung geben werde, denn: „Der ÖVP muss schon dran
gelegen sein, dass sie das nicht mit einer hauchdünnen Mehrheit beschließt.“
Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP) äußerte sich im SN-Format „Live & Direkt“skeptisch zum „gewissen Abrücken“in der Stadtpolitik. Ob dieses das Projekt gefährden könnte? „Das
kann passieren, definitiv. Jetzt ist sicher eine entscheidende Phase.“Dennoch: „Ich orte noch genügend vernünftige Kräfte, die dieses Projekt vorantreiben wollen. Wenn eine Partei jetzt davon abgeht wie die SPÖ, muss man das bedauernd zur Kenntnis nehmen. Aber ich hoffe, dass die anderen Parteien umso geschlossener auftreten.“Der nächste politische Elchtest für das Projekt folgt am 6. Juli: Dann stimmt der Gemeinderat darüber ab.
„Müssen Schritt für Schritt Lösungen erarbeiten.“ÖVP-Klubchef