Ein Pongauer Skiriese will schon in fünf Jahren klimaneutral sein
ST. JOHANN. Mit einem ambitionierten Plan hat am Dienstag Wolfgang Hettegger, Vorstand des Pongauer Liftbetreibers Snow Space Salzburg, aufhorchen lassen: „In fünf
Jahren wollen wir klimaneutral sein.“
Skifahren und Klimaneutralität – das hörte sich bisher nicht nur wegen des Klimawandels mehr nach einander ausschließenden Paralleluniversen an als nach Koexistenz.
Allein der Energieverbrauch für Kunstschnee und Pistenpräparierung ist enorm.
Snow Space Salzburg hat nach eigener Darstellung in der vorzeitig beendeten Wintersaison 2019/2020 genau 4149 Tonnen Kohlendioxid für den Skibetrieb in Flachau,
Wagrain und St. Johann verursacht. 1800 Tonnen davon stammen von den Pistengeräten, die allesamt noch mit Diesel laufen. Die Brennstoffzelle
könnte Abhilfe schaffen, die klimaneutrale Herstellung
von ausreichend Wasserstoff hat aber noch nicht wirklich Schwung aufgenommen.
Die Pistengeräte sind ohnehin nicht der einzige Ansatzpunkt, der ein klimaneutrales Skigebiet ausmacht. Seit zwei
Jahren arbeitet ein Beirat international tätiger Wissenschafter bei Snow Space Salzburg an der Nachhaltigkeitsstrategie der Pongauer Bergbahner mit.
Laut Forschung ist der größte Kohlendioxidproduzent beim
Urlaub der Urlauber selbst – durch An- und Abreise mit dem eigenen Pkw entstehen so gut 80 Prozent der CO2-Emissionen
rund um den Aufenthalt. Diese Zahlen nannte Ulrike PröbstlHaider, Professorin an der Universität für Bodenkultur in Wien.
„Der Gast sucht das für ihn bessere Produkt, nicht das nachhaltigere.“Thomas Bausch, Uni München
Der Beirat werde dabei helfen, dass mehr klimaschonendes Reiseverhalten ausgelöst werden
kann. Es gibt bereits Kooperationen mit den ÖBB, durch das regionale Skibusnetz sind für eine autofreie Mobilität während des Urlaubs Anreize gesetzt. Die notwendige Verhaltensänderung sei aber ein längerfristiger Prozess.
Hier hakt Thomas Bausch ein. Er lehrt an der Fakultät für Tourismus an der Universität München. Und er mahnt Glaubwürdigkeit bei der Klimastrategie ein: „Der Gast sucht zunächst das für ihn bessere Produkt, nicht das nachhaltigere.“
Die jüngsten und die unvermeidlich kommenden Hitzetage dieses Sommers haben aber auch gezeigt, dass Seilbahner mittlerweile nicht nur im Winter ins Geschäft kommen. Wandern in
kühleren Höhenlagen gewinnt an Bedeutung. Hettegger: „Wir
haben im Sommer bereits mehr als 100.000 Gäste auf dem Berg. Und wir zeigen, dass Bergbahn
per se nicht schlecht ist, sondern dass wir hier klimafit arbeiten.“
Ein Baustein dafür ist Biodiversität und dafür haben die Pongauer Liftbetreiber den Ingenieurbiologen Florin Florineth ins Boot geholt. Er betrachtet an diesem Dienstag üppig in Gelb erblühte Wiesen (Pisten), auf denen kein Rind steht: „Das ist der giftige Scharfe Hahnenfuß. Diese
Wiesen sollen ausgemagert und nicht mehr mit Mist gedüngt werden.“Am bereits mageren Wiesenrand wachsen hingegen Margeriten und Flockenblumen. Florineth: „Das schmeckt den Viechern besser.“Sein Projekt soll schneller gedeihen als die Klimaneutralität: „In spätestens drei Jahren will ich was sehen.“