Und wie sehen Pflanzen die Menschen?
„This is not a Garden“: Bei der Sommerszene bietet eine Performance in der Galerie 5020 Begegnungen auf pflanzlicher Basis.
SALZBURG. Wenn die Choreografie immer wieder auch etwas Hölzernes hat, dann liegt das nicht an den drei Performerinnen. Es hat mit anderen Anwesenden zu tun: Äste
und Stöcke, Zweige, Farne oder Moosbüschel stehen zwar nicht als
Akteure im Programmheft, aber in der Performance „This is not a Garden“von Lisa Hinterreithner spielen sie trotzdem Hauptrollen. In der Produktion, die am Dienstag im Rahmen des Festivals Sommerszene ihre Salzburg-Premiere hatte,
geht es um Begegnungen mit Pflanzen auf Augenhöhe. So könnte man auch den Untertitel „Vegetal Encounters“übersetzen.
Im Format einer herkömmlichen Tanzperformance können diese freilich nicht stattfinden. Nur eine
Handvoll Besucherinnen und Besucher dürfen den Raum in der Galerie 5020 in Socken betreten. Drin
gibt es keine Bühne, sondern niedrige, große Tische, um die sich Kleingruppen niederlassen. Die Performerinnen Lisa Hinterreithner, Sara Lanner und Linda Samaraweerová spielen eine Vermittlungsrolle zwischen menschlicher und vegetabiler Welt, reichen
bemooste Steine herum, lassen Holzstücke erfühlen oder binden
ihre Gäste in verästelte Choreografien mit Zweigen und Stöcken ein.
Wurzeln schlagen kann man dabei nicht, nach 20 Minuten geht es weiter zur nächsten Station: Auf anderen Tischen liegen Kopfhörer,
über die ein ebenfalls 20-minütiger Podcast läuft. Die Liebe der Menschen zu Pflanzen sei ziemlich einseitig, sagt die Erzählstimme. Ob in
Landwirtschaft, der Agrarindustrie oder im idyllischen Garten: Stets
werde die Pflanze vom Menschen (aus)genutzt. Die Gegenfrage ist schwer zu beantworten: „Wie sehen Pflanzen die Menschen?“, will die Stimme wissen. Ob sie gut und gern auf uns verzichten, weil wir sie
brauchen, sie uns t aber nicht, fragt
sie weiter, und bezieht sich damit auf die Strömung des „Neuen Materialismus“, die das Verhältnis des Menschen zur Natur neu definieren
will. Im Kunstraum der Galerie 5020 finden sich freilich keine Antworten darauf, Hinterreithner lockt ihre Gäste mit der zweistündigen,
betont bedächtigen Versuchsanordnung
vielmehr auf eine andere
Wahrnehmungsebene. So wie in den 1980er-Jahren die „Entdeckung der Langsamkeit“zum Schlagwort
wurde, bittet die Choreografin zur Entdeckung der Pflanzlichkeit. Das hat gelegentlich skurrile Momente,
wenn im Verlauf der Performance die Gäste zum Kuscheln mit Geäst und Baumschwamm positioniert
werden, immer wieder aber auch starke Wirkung, wenn etwa die Natur die Lichtregie übernimmt: Mit der Dämmerung tritt im nicht
künstlich beleuchteten Raum immer stärker die Stille und auch damit eine Sensibilisierung der Sinne ein. Eindrucksvoll!
Sommerszene: