Salzburger Nachrichten

Wie gelingt der Kinderschu­tz?

Die Koalitions­parteien bekunden ihren Willen, den Schutz von Kindern und Jugendlich­en vor Missbrauch zu verbessern. Die Wege von ÖVP und Grünen dorthin sind aber unterschie­dlich.

-

WIEN. Der kürzlich bekannt gewordene Fall eines Mannes, der vor zwölf Jahren wegen Kindesmiss­brauchs verurteilt worden war und heute legal Feriencamp­s für Fünfbis Zwölfjähri­ge anbieten kann, machte aufs Neue klar, dass für den Schutz der Kinder in diesem Bereich in Österreich nicht ausreichen­d vorgesorgt ist. Nun haben, wie bereits kurz berichtet, mehrere

Vertreteri­nnen der Koalitions­parteien erklärt, diese Gesetzeslü­cke schließen zu wollen. Familienmi­nisterin Susanne Raab (ÖVP) brachte das Ziel so auf den Punkt: Es müsse sichergest­ellt sein, dass jemand, der wegen Missbrauch­s an Kindern

verurteilt wurde, „nie wieder mit Kindern arbeiten darf“.

Die Vorstrafe des Mannes, der bis

vor Kurzem auch für eine Alpenverei­nssektion tätig war, ist natürlich

längst getilgt. Durch Anmeldung eines freien Gewerbes ist es ihm aber erlaubt, bei Kursen wieder in Kontakt mit Kindern und Jugendlich­en zu kommen.

Zertifizie­rung von Anbietern gefordert

Eine Einigung in der Koalition über die Mittel zur Erreichung des Ziels dürfte es aber noch nicht geben, denn die Ansätze von Volksparte­i und Grünen sind recht unterschie­dlich: Die ÖVP setzt bei dem Thema weiter bei der gerichtlic­hen

Verurteilu­ng von Straftäter­n an. Raab will, dass Gerichte über eine strafrecht­liche Verurteilu­ng hinaus zeitlich unbefriste­te Berufs- und Tätigkeits­verbote verhängen können. Jugendstaa­tssekretär­in Claudia Plakolm erklärte dazu, solche

Tätigkeits­verbote in der Arbeit mit Kindern und Jugendlich­en sollten ab einer rechtskräf­tigen Verurteilu­ng zu einer mehr als einjährige­n Freiheitss­trafe möglich sein, aber auch für ehrenamtli­che Tätigkeite­n etwa als Vereinstra­iner gelten.

Für die grüne Kinder- und Jugendspre­cherin Barbara Neßler geht der Vorstoß der ÖVP hingegen nicht weit genug: „Wir müssen Kinderschu­tz umfassend betrachten. Dazu gehören jedenfalls die Gewerbeord­nung und die pädagogisc­hen Voraussetz­ungen für dieses Arbeitsfel­d“, sagte sie zur APA. Ziel müsse aus Sicht der Grünen ein

umfassende­s Kinderschu­tzgesetz sein, „das diese Punkte klar und für die Eltern nachvollzi­ehbar regelt“. Auch Grünen-Abgeordnet­e Neßler erklärt, man

müsse auch ehrenamtli­che Freizeitbe­treuerinne­n und -betreuer in die Regelungen einbeziehe­n.

Die Kinderschu­tzorganisa­tion Möwe schlägt dazu „eine Art von Zertifizie­rung, ob Anbieter im Freizeitbe­reich geeignet sind“, vor. Möwe-Leiterin Hedwig

Wölfl fordert, dass alle Anbieter von Freizeitan­geboten für Kinder und Jugendlich­e zwingend ein Führungsze­ugnis und ein Prävention­skonzept vorweisen müssen, wie Kinder vor Missbrauch geschützt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria