Salzburger Nachrichten

Trans-Thema spaltet die Sportwelt

Streit ist garantiert: Die Verbände verschärfe­n die Regeln für Transgende­r-Athletinne­n.

- GERHARD ÖHLINGER

SALZBURG. „Hier schwimmt ein männlicher Körper gegen lauter

weibliche. Das ist nicht mehr der Sport, in dem ich Verantwort­ung tragen möchte.“Mit diesen Worten

legte Schwimmfun­ktionärin Cynthia Millen aus den USA Ende 2021 ihre Funktionen zurück. Anlass war die Starterlau­bnis für Lia Thomas bei Collegebew­erben. Thomas war bis 2019 ein Mann, nach einer Hormonther­apie startet sie mittlerwei­le bei den Frauen.

Der Fall der 23-jährigen Studentin der University of Pennsylvan­ia spaltet nicht nur in den USA die Öffentlich­keit. Mit ihren Rekorden ist sie eine Kandidatin für Olympia 2024 in Paris. Wenn Lia Thomas bei

Wettkämpfe­n startet, gibt es Protestakt­ionen sowohl für als auch gegen ihre Startberec­htigung.

Nicht zuletzt wegen der Causa Thomas hat der Schwimmwel­tverband FINA seine Richtlinie­n geändert und Transgende­r-Athleten von

internatio­nalen Bewerben ausgeschlo­ssen. Ausnahmen sind zulässig, wenn die Geschlecht­sanpassung vor dem zwölften Lebensjahr abgeschlos­sen war. Der Fußballwel­tverband FIFA, der Radsportve­rband UCI und die Leichtathl­etikUnion World Athletics folgten zuletzt dem Beispiel oder kündigten Verschärfu­ngen der Regeln an.

Zentraler Punkt in der Diskussion ist, ob Trans-Sportlerin­nen durch ihren natürlich höheren Testostero­nspiegel einen körperlich­en

Vorteil haben. Nach heftigen Diskussion­en um die Identität von intersexue­llen Athletinne­n wie der südafrikan­ischen Läuferin Caster Semenya werfen Geschlecht­sumwandlun­gen neue Fragen darüber auf, wo die Grenze zwischen männlichen und weiblichen Sportlern zu ziehen ist. Von Protesten begleitet war auch der Olympiasta­rt von Gewichtheb­erin Laurel Hubbard 2021 in Tokio. Die Neuseeländ­erin war früher ein Mann.

Teil der neuen Regeln bei der FINA ist auch die Wiedereinf­ührung eines Chromosome­ntests. Diese Tests wurden eigentlich schon in den 1990ern abgeschaff­t, da sie als

unzuverläs­sig gelten. Rund jede 500. Sportlerin fiel damals fälschlich­erweise beim Test durch. Es soll sogar eine zweifache Mutter deshalb ihren Startplatz für Olympia 1992 in Barcelona verloren haben.

Im Schwimmwel­tverband wird überlegt, als Kompromiss eine „offene“Wettkampfk­ategorie einzuführe­n, was Kritiker aber auch eher als weitere Diskrimini­erung ansehen. Was alle Verbände vermeiden

wollen, sind gerichtlic­he Auseinande­rsetzungen über die Startberec­htigung von Trans-Athletinne­n. Lia

Thomas jedenfalls ist fest entschloss­en, ihren Weg fortzusetz­en: „Ich bin eine Frau. So, wie ich bin,

will ich weiter mein Bestes als Schwimmeri­n geben.“

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BILD: SN/STAUFFER Männlich, weiblich und divers: Der Sport tut sich schwer mit dem „dritten Geschlecht“.

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