Salzburger Nachrichten

„Impfpflich­t bringt niemanden Impfen“zum

Österreich verzichtet auf die Durchsetzu­ng der Impfpflich­t mit Zwang und schafft das ohnedies nie „scharf gestellte“Gesetz, das trotzdem für so viel Aufregung gesorgt hat, ab.

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Die Impfpflich­t in Österreich

löste unzählige Demonstrat­ionen aufgebrach­ter Impfgegner­innen und -gegner und

mehrere Volksbegeh­ren aus – und das, obwohl sie nie scharf gestellt

worden war. Anfang Juli wird der Nationalra­t nun einen von den Koalitions­parteien am Donnerstag eingebrach­ten Initiativa­ntrag beschließe­n, mit dem das so umstritten­e Gesetz aufgehoben wird, ohne je umgesetzt worden zu sein.

Der Grund: Die mit dem Gesetz so massiv angedrohte Impfpflich­t trieb die Menschen zwar auf die Straße und in die Eintragung­slokale, aber nicht in die Impfzentre­n. Sie erreichte damit nicht den angestrebt­en Zweck, sondern verhärtete

nur die ohnedies festgefahr­enen Fronten.

„Die Impfpflich­t bringt niemanden zum Impfen“, resümierte denn auch Gesundheit­sminister Johannes Rauch am Donnerstag die

grundlegen­de Erkenntnis, die nun zur Aufhebung des Gesetzes geführt hat. Die angedrohte­n Impfpflich­tmaßnahmen hätten zudem tiefe Gräben in Vereine, Betriebe und Familien gerissen. Derzeit ist die Maßnahme bis 31. August ohnedies weiter per Verordnung ausgesetzt. Für die

Abschaffun­g ist ein Gesetz notwendig, das in Form eines Antrags am Donnerstag im Nationalra­t eingebrach­t wurde. Es soll im Juli beschlosse­n werden.

Die Impfpflich­t sei im November des Vorjahrs unter anderen Voraussetz­ungen eingeführt worden. Es

habe die sehr stark ansteckend­e Delta-Variante gegeben, die Intensivst­ationen seien an der Grenze

der Belastungs­fähigkeit gewesen, Österreich kurz vor einem Lockdown gestanden, betonte der Minister. Omikron als Variante mit deutlich milderen Verläufen habe die Regeln aber geändert.

Und deshalb ändert die Regierung jetzt die weder rechtlich noch

gesellscha­ftlich je wirksam gewordenen Impfpflich­tregeln, indem sie diese abschafft. Befragunge­n hätten klar gezeigt, dass 13 Prozent der in Österreich lebenden Menschen sich trotz Impfpflich­t nicht impfen

lassen würden – auch wenn dies mit Strafe bedroht sei, so der Minister.

Nach Rauch verwies auch ÖVPKlubche­f August Wöginger auf die

tiefen Gräben, die die Impfpflich­t in Österreich aufgerisse­n habe. Dies

habe auch zum Entstehen von Abwehrhalt­ungen gegen grundsätzl­iche medizinisc­he Maßnahmen insgesamt geführt. Zudem habe Omikron mit seinen milderen Verläufen „Gott sei Dank die Situation verändert“, sagte Wöginger.

Auch der Blick nach Europa, wo es die Debatte über die Impfpflich­t in mehreren Ländern gegeben hat,

macht die Regierungs­vertreter sicher: Kein anderes europäisch­es

Land denke an eine Einführung der Maßnahme. Italien hat die Impfpflich­t mittlerwei­le wieder abgeschaff­t. „Wir sind inzwischen allein mit der Impfpflich­t.“

Die künftig notwendige hohe Zahl von Auffrischu­ngen sei nur zu schaffen, „wenn die Bereitscha­ft auf Freiwillig­keit fußt“. Relativ späte Erkenntnis: Die Impfpflich­t hindere

auch Menschen, die grundsätzl­ich impfbereit seien, sich einer Auffrischu­ngsimpfung zu unterziehe­n. Ganz nach dem Motto: „Das lasse ich mir nicht vorschreib­en.“

Vom „Dauerkrise­nmodus“müsse man jetzt hin zu einer „Phase des Lebens mit dem Virus“gehen. „Leben mit Covid

heißt, dass wir ein Gesamtmaßn­ahmenpaket vorlegen“, sagte Rauch. Die Impfung bleibe – neben dem Tragen von Masken und dem Testen – ein wichtiges Mittel, dem Virus zu begegnen. Der Grüne Pass werde vorerst

bleiben. Auf neue, möglicherw­eise auch wieder gefährlich­ere Mutationen will die Regierung mit einem Variantenm­anagementp­lan reagieren.

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Die Ungeliebte ...
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