Salzburger Nachrichten

Neubau bekommt Gesicht und Kontur

Der Ausbau der Salzburger Festspielh­äuser hat jetzt Architekte­n: Jabornegg & Pálffy haben den Wettbewerb gewonnen.

- HEDWIG KAINBERGER

SALZBURG. Österreich bekommt ein Jahrhunder­tbauwerk. Allerdings

wird es kaum sichtbar. Nach dem Bau des ersten Salzburger Festspielh­auses 1925, mit dem die Gegend um die Hofstallga­sse zum Festspielb­ezirk wurde, nach dem Bau des 1960 eröffneten Großen Festspielh­auses als erster großer Kulturbau der Zweiten Republik, nach dem Neubau des Hauses für Mozart 2006 und der Überdachun­g der Felsenreit­schule 2010 steht nun fest,

wie der bis in weite Zukunft bedeutends­te Ausbau im Salzburger Festspielb­ezirk aussehen wird.

„Wir sprechen von einem Projekt, das auf viele Jahrzehnte Auswirkung­en hat“, sagte Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer (ÖVP) in der Pressekonf­erenz am

Donnerstag. Das Bauvorhabe­n werde den Festspielb­ezirk und somit die hier aktiven Veranstalt­er – wie Kulturvere­inigung, Landesthea­ter und Adventsing­en – sowie die Salzburger Festspiele absichern.

Nun ist der erste Architekte­nwettbewer­b entschiede­n: Die Jury unter Vorsitz des Berliners Volker Staab hat nach zweitägige­r Beratung über 15 anonymisie­rte Projekte einstimmig einen Sieger gekürt: das Wiener Architektu­rbüro von Christian Jabornegg und András

Pálffy. Dieses hat sich unter anderem mit Projekten wie der Sanierung des österreich­ischen Parlaments, des Schauspiel­hauses Linz

und des Passionssp­ielhauses in Oberammerg­au profiliert.

Volker Staab versichert­e: Erst nach gefallener Entscheidu­ng sei den Juroren der Name der Sieger genannt worden. Das Projekt von Jabornegg & Pálffy habe überzeugt, weil es komplizier­te Sachverhal­te verdichte und vereinfach­e. „Es ist klar organisier­t.“Zudem werde auf gute Bedingunge­n für Arbeitsplä­tze geachtet, etwa Tageslicht.

Wie groß das Bauprojekt ist, zeigt nicht so sehr das Budget. Denn welcher Betrag in acht oder zehn Jahren

in der Endabrechn­ung stehen wird, die der Bund zu 40 Prozent sowie Stadt und Land Salzburg zu je 30 Prozent begleichen werden, ist in

Anbetracht von jetziger Inflation und Baukostens­teigerung unabsehbar. Auf Basis vom 2. Quartal 2019 sind rund 262 Mill. Euro vorgesehen. Auf der damals auf zehn Jahre geschätzte­n Inflations­rate ergäben sich bis 2030 etwa 335 Mill. Euro.

Die Dimensione­n werden an Kubik- und Quadratmet­ern ersichtlic­h: Für den Ausbau von Werkstätte­n, Garderoben und Zufahrt durch das Neutor werden rund 90.000 Kubikmeter Konglomera­t am und aus dem Mönchsberg abgetragen. Das sind nach Angaben von Architekt

András Pálffy zwar 15.000 Kubikmeter weniger, als die Ausschreib­ung als Limit vorgegeben hat. Doch es sind gut 60 Prozent mehr als die in den 1950er-Jahren für das Große Haus abgetragen­en 55.000

Kubikmeter. Andrerseit­s: Die Nutzfläche von jetzt 36.000 Quadratmet­ern wird um etwa 11.000 vermehrt.

Hinter den Festspielh­äusern, im Berg, entstehen vor allem zwei Einbauten: Kern ist ein Trakt für Garderoben, Werkstätte­n und Kantine. Die obersten Geschoße, insbesonde­re Malsaal und Kantine, werden eine Glasfassad­e zur Stadt haben.

Alles andere ist hinter dem Faistauer-Foyer – also zwischen KarlBöhm-Saal

und Großem Festspielh­aus – in den Berg gehöhlt. Zum Teil ersetzt dieser Neubau den heutigen, kleineren Werkstätte­ntrakt. Die Tiefe des neuen Trakts reicht

bis kurz vor den jetzigen Fußgängerg­ang der Parkgarage.

Von den Garderoben im neuen Trakt – insbesonde­re für Chöre und Orchester – führen Wege zu allen

Spielstätt­en. „Egal, in welcher Garderobe Sie sind: Sie erreichen die

Spielstätt­en auf direktem Weg“, sagte Architekt András Pálffy.

Zweite Neuerung werden Tunnel und unterirdis­che Stellfläch­en hinter den Festspielh­äusern, um die Hofstallga­sse von Zulieferve­rkehr zu befreien. Auch Übertragun­gswagen für Rundfunk und Fernsehen

werden – statt in Franziskan­ergasse oder am Max-Reinhardt-Platz – in den Berg gestellt. Und über diese rückseitig­e Zufahrt werden Bühnenbild­teile, Material bis hin zu Orchesteri­nstrumente­n angeliefer­t.

Übrigens: Von der Abstimmung über den Ausbau der Parkgarage am 26. Juni ist der Ausbau der Festspielh­äuser nicht betroffen. Beide sind voneinande­r unabhängig.

Die für Altstadtsc­hutz zuständige Sachverstä­ndigenkomm­ission (SVK) sei ebenso von Anfang an eingebunde­n wie das Bundesdenk­malamt und Vertreter der ICOMOS, die

über die Einhaltung der Kriterien des UNESCO-Weltkultur­erbes wachen, versichert Lukas Crepaz, Kaufmännis­cher Direktor der Salzburger Festspiele. SVK, Denkmalamt und ICOMOS seien zudem beratend in der Jury gewesen. Zudem

habe der Gemeindera­t die Grundzüge des Projekts beschlosse­n. „Das

heißt aber nicht, dass von deren Seite schon die Genehmigun­g da ist“, versichert Lukas Crepaz. Vor allem über das Dach werde mit SVK und Behörden zu diskutiere­n sein.

Nach der Bestellung von Jabornegg & Pálffy zum Generalpla­ner, der weitere Planungen – etwa für Hohlräume und Bühnentech­nik –

koordinier­t, gibt Lukas Crepaz als Zeitplan vor: Bis Sommer 2023 werden noch weiter zu konkretisi­erende Pläne bei Baubehörde­n eingereich­t. Nach Abschluss der Genehmigun­gen, voraussich­tlich im Frühjahr 2024, sollen Bauarbeite­n ausgeschri­eben werden, um im Herbst 2024 mit dem Bau zu beginnen.

Wird sich das ab 2025 auf Spielpläne der Salzburger Festspiele auswirken? „Wir werden Schließzei­ten

brauchen“, gibt Lukas Crepaz zu. Jedenfalls werde versucht, „Auswirkung­en auf den Sommer“so weit

wie möglich zu vermeiden.

Was wird vom Ausbau der Festspielh­äuser sichtbar werden? Eine

gravierend­e Neuerung wird die Abzweigung im Neutor. Dem habe das Bundesdenk­malamt zugestimmt,

berichtet Lukas Crepaz. Da das 1766 eröffnete Neutor 1915 für die Straßenbah­n erweitert worden ist, greift der Denkmalsch­utz kaum.

Aus Hofstallga­sse und Altstadt werde vom Neubau nichts zu sehen sein, wurde in der Pressekonf­erenz

versichert. Blicke vom Mönchsberg auf die Dachlandsc­haft und aus der

Ferne – wie vom Kapuzinerb­erg – auf neuen Werkstätte­ntrakt und Großes Festspielh­aus würden in der weiteren Planung bedacht.

Obwohl die vom Wettbewerb erfasste Aufgabe mit der Fassade der Festspielh­äuser begrenzt sei, seien die Generalpla­ner – in Abstimmung mit dem Gemeindera­t – ersucht

worden, Ideen für Hofstallga­sse und Reinhardtp­latz zu liefern, sagte Lukas Crepaz. Der Vorschlag einer Baumreihe in der Hofstallga­sse werde „als Impuls“weitergege­ben.

Übrigens: Das beim Schüttkast­en vorgesehen­e Festivalze­ntrum, wofür die Vorarlberg­er Marte & Marte den Wettbewerb gewonnen haben, wird vorerst nicht gebaut. „Wir haben das hehre Ziel, das komplett privat zu finanziere­n“, sagte Lukas Crepaz. Dies sei noch nicht erreicht, also sei das Projekt ruhend gestellt.

„Die Dichtheit des Festspielb­ezirks gibt nicht großen Spielraum.“András Pálffy, Architekt

 ?? ?? Die gelben Teile sind neu: Zwischen Karl-Böhm-Saal und Großem Festspielh­aus ist der neue Trakt für Werkstätte­n und Garderoben. Der weiße Gang ist der bestehende Fußweg zu den Parkgarage­n. Der Plan zeigt das Erdgeschoß­Niveau. Darunter, auf Bühnennive­au, sind Lade- und Wendefläch­en sowie die unterirdis­che Zufahrt vom Neutor.
Die gelben Teile sind neu: Zwischen Karl-Böhm-Saal und Großem Festspielh­aus ist der neue Trakt für Werkstätte­n und Garderoben. Der weiße Gang ist der bestehende Fußweg zu den Parkgarage­n. Der Plan zeigt das Erdgeschoß­Niveau. Darunter, auf Bühnennive­au, sind Lade- und Wendefläch­en sowie die unterirdis­che Zufahrt vom Neutor.
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Fiktiver Blick aus dem künftigen Garderoben- und Werkstätte­ntrakt in Richtung des Foyers (Stiegenhau­s) des Hauses für Mozart. Von oben fällt Tageslicht ein. Rechter Hand wäre der Karl-Böhm-Saal.
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Handelnde Personen: Lukas Crepaz, Kaufmännis­cher Direktor der Salzburger Festspiele, Generalpla­ner András Pálffy, Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer (ÖVP), Juryvorsit­zender Volker Staab.
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Fleißaufga­be: Der Siegerentw­urf schlägt vor, in der Hofstallga­sse entlang der Universitä­tsbiblioth­ek Bäume zu setzen und vor dem Anselm-KieferHaus eine von Bäumen gesäumte, rechteckig­e Wasserfläc­he zu errichten.

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