„Neos sind ein Garant für Rechtsstaatlichkeit“
Matthias Strolz über Orbánisierung und die „Kaltschnäuzigkeit von Sebastian Kurz und seiner korrupten Truppe“.
Im SN-Interview blickt Matthias Strolz, Gründer und ehemaliger
Vorsitzender der Neos, zurück auf Anfängerfehler und Erfolge.
SN: Was war der Antrieb 2012, eine neue Partei zu gründen?
Matthias Strolz: Der Stillstand war drückend. Und uns war damals klar:
Wenn wir nicht wollen, dass Österreich langfristig komplett den Rechtspopulisten ausgeliefert sein soll, braucht es einen mittigen Spieler, eine Zentrumsbewegung, damit neue Koalitionen möglich werden.
SN:
Welche Ziele wurden seither erreicht?
Wenn eine neue Partei ins Parlament
einzieht, müssen andere ihre Programmatik ein Stück weit einbauen. Wir haben das Parteienspektrum erweitert als eine liberale
und starke proeuropäische Kraft in einer Zeit, in der die ÖVP sich teilweise einem billigen EU-kritischen Populismus hingegeben und regelmäßig die Brüssel-ist-schuld-Karte
gezogen hat. Wir haben das Thema Schulautonomie groß gemacht und
unternehmerisches Denken, als die ÖVP das Wort „Start-up“noch nicht
einmal im Sprachgebrauch hatte. Neos hat wohl auch das Phänomen
Kurz ausgelöst.
SN:
Die ÖVP hätte keinen so großen Leidensdruck gehabt. In einer Meinungsumfrage im Jänner 2014
Warum?
schnitten wir ähnlich gut ab. Das
war ein Schock für sie. Bisher hatten sie sich auf dem Machtanspruch „Das Land gehört zur Hälfte
uns“ausgeruht. Sie merkten, dass sie sich neu erfinden müssen. Dazu fehlte ihnen jedoch die Fantasie. So
kam Kurz – topprofessionell, mit seiner Kaltschnäuzigkeit und seiner
korrupten Truppe – zum Zug. Die ÖVP hat sich ihm in ihrer Hilflosigkeit in die Arme geworfen. Kurz hat Neos das Erneuerungsversprechen oberflächlich abgejagt und viele
Ideen für seine Drehbücher abgeschrieben.
SN: Was ist aus Ihrem Kernanliegen Bildung geworden?
Die Erfolge sind noch überschaubar, aber wir haben Bildung zum
großen politischen Thema gemacht, obwohl Berater davor gewarnt haben, es im Wahlkampf zu verwenden. Wir haben es priorisiert, weil es gesellschaftlich wichtig ist. Auch sonst wurde vieles, das Neos angestoßen hat, aufgegriffen.
SN:
Wir haben schon 2017 über 10.000 Unterschriften für die Abschaffung der kalten Progression gesammelt.
Jetzt wird sie endlich größtenteils abgeschafft. Außerdem ist Neos ein Garant für Rechtstaatlichkeit. Nie
hätten wir erwartet, dass das so zentral wird. Kurz suchte stark die
Nähe zu Putin und Orbán war eines seiner Vorbilder. Seine Truppe wollte nicht nur die Medien, sondern auch die Justiz einkassieren. Transparenz
Zum Beispiel?
und Aufklärung sind mit unsere Verdienste. In Österreichs aktueller delikater Umbauphase ist Neos ein positiver Ermöglicher.
SN:
Ich würde nichts anders machen, weil ich es nicht besser gewusst habe. Fehler sind normal. Wichtig ist, dass man aus ihnen lernt. Bei Themen wie Wasserversorgung und Cannabis waren wir naiv in der Kommunikation. Wehgetan hat damals 2015, dass in Oberösterreich
und der Steiermark die Landtagswahlen nicht geklappt haben.
Ach, wir waren oft auch ungeduldig.