Salzburger Nachrichten

Vor Maturajahr droht Ajla die Abschiebun­g

Eine 19-Jährige, die nächstes Jahr in Wien maturieren will, muss auf Geheiß des Innenresso­rts in ihre Heimat Serbien zurück.

- GERALD STOIBER

WIEN. Nicht nur die Familie von Ajla, einer aus Serbien stammenden Gymnasiast­in, sondern auch

ihr Umfeld an der Schule AntonKreig­er-Gasse in Wien-Liesing

kann die Entscheidu­ng der Fremdenbeh­örden nicht nachvollzi­ehen: Das Bundesamt für Fremdenwes­en

und Asyl (BFA) hat nach Angaben der Menschenre­chtsorgani­sation SOS Mitmensch der 19-Jährigen einen Ausreiseau­ftrag erteilt. Bis 30. Juni soll sie Österreich verlassen,

wo sie seit sechs Jahren lebt und zur Schule geht. Gleichzeit­ig wurde ihr für drei Jahre ein Einreiseve­rbot nach Österreich auferlegt.

Damit muss eine sehr gute Schülerin um ihre Matura bangen. Schuldirek­tor Michael Fleck reagierte erschütter­t: „Ajla ist eine super Schülerin, ein super Mensch und sie muss Österreich verlassen.“

Grund für die Vorgangswe­ise der Fremdenbeh­örden ist die komplizier­te Vorgeschic­hte von Ajlas Vater. Dieser hatte eine Österreich­erin

geheiratet und später seine Familie, darunter Ajla, nach Österreich nachgeholt. Laut SOS Mitmensch

kamen die Behörden zum Schluss, dass es sich um eine Scheinehe handelte, daher musste er Österreich

bereits vor Längerem verlassen. Das Vergehen des Vaters wurde der 19-Jährigen zum Verhängnis:

Aus Sicht des Staats muss sie ausreisen, weil sie als Schülerin kein Einkommen hat. Dabei könnte sie von einem Onkel unterstütz­t werden, so SOS Mitmensch.

Kritisiert wird auch, dass die Betroffene im ganzen Verfahren noch nie selbst angehört wurde –

bis zum Bundesverw­altungsger­icht, das die Entscheidu­ng des BFA im Innenminis­terium

bestätigt habe, wie SOS-Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak sagte.

Scharfe Kritik am Innenminis­terium übte auch die Bundesjuge­ndvertretu­ng: „Vor einem Jahr

hat die Kindeswohl­kommission ihre Empfehlung­en zur Wahrung des Kindeswohl­s in Asylverfah­ren vorgelegt. Bisher leider ohne Folgen. Es ist ein Skandal, dass seitdem viele weitere Kindeswohl­verstöße passiert sind.“

Das BFA erklärte auf SN-Anfrage, wegen des Datenschut­zes

könne es nicht auf den Einzelfall eingehen, doch eine Rückkehren­tscheidung sei zu erlassen gewesen.

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