Schwere Vorwürfe gegen Polizei
1400 Mädchen wurden in der englischen Stadt Rotherham missbraucht. Beamte sollen die Opfer nicht ernst genommen haben.
ROTHERHAM. In einem der aufsehenerregendsten Missbrauchsskandale der jüngeren britischen Geschichte hat die zuständige Aufsichtsbehörde der Polizei schwere
Vorwürfe gemacht. Wie aus einem am Mittwoch veröffentlichten Untersuchungsbericht des Independent Office for Police Conduct (IOPC) hervorgeht, nahmen die Ermittler in der nordenglischen Stadt Rotherham die minderjährigen Opfer eines jahrelang aktiven Missbrauchsrings oftmals nicht ernst, schauten weg oder machten sie selbst verantwortlich für die an ihnen begangenen Verbrechen.
„Wir haben in vielen Fällen festgestellt, dass Verbrechen nicht wie
vorgesehen registriert wurden, einschließlich Berichten über sexuelle Übergriffe und sexuelle Aktivitäten mit einem Kind“, heißt es in dem Bericht. Der IOPC-Direktor Steve Noonan bedankte sich in der veröffentlichten Mitteilung vor allem bei den Opfern, „die unglaublichen Mut bewiesen haben, indem sie über ihre Erfahrungen gesprochen
haben“.
In der Zeit von 1997 bis 2013 waren in Rotherham nahe Sheffield etwa 1400 Mädchen im Alter von 11 bis 16 Jahren zu Opfern bandenmäßigen sexuellen Missbrauchs geworden. Viele von ihnen stammten aus schwierigen familiären Verhältnissen oder lebten in Heimen. Sie wurden
vergewaltigt, geschlagen und bedroht. Die Täter waren überwiegend aus Pakistan stammende Männer. In mehreren Prozessen
wurden Dutzende Beschuldigte zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt.
Im Fokus der nun veröffentlichten Untersuchung standen nun insgesamt 47 aktive und ehemalige Polizisten. Bei acht von ihnen stellte die Aufsichtsbehörde Fehlverhalten fest, in sechs Fällen ging es um schweres Fehlverhalten. Einige der Beamten waren allerdings bereits pensioniert und konnten daher nicht disziplinarrechtlich belangt werden. In fünf Fällen gab es Ermahnungen – Entlassungen
gab es jedoch keine.