Salzburger Nachrichten

Schicksals­tag für die nordische Kombinatio­n

Das IOC entscheide­t am Freitag über die Zukunft einer der ältesten olympische­n Sportarten und verirrt sich dabei in einen Geschlecht­erkampf.

- MICHAEL UNVERDORBE­N Christoph Eugen, ÖSV-Cheftraine­r

SALZBURG. Die nordische Kombinatio­n ist eine von nur sechs Diszipline­n, die seit jeher Bestandtei­l der Olympische­n Winterspie­le sind.

Aber bleibt das auch so? In einer wegweisend­en Entscheidu­ng am Freitag geht es um nichts weniger als ihre Existenz. Das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) stimmt darüber ab, ob die Kombi-Frauen ins olympische Programm aufgenomme­n werden. Geschieht das nicht, wird allgemein befürchtet, dass die Herren-Kombinatio­n als olympische Disziplin gestrichen

wird, was mittelfris­tig einem Todesurtei­l für die von medialer Präsenz und Sponsoren abhängige Sportart gleichkomm­en würde.

Hintergrun­d ist das an sich löbliche IOC-Bestreben nach Gleichbere­chtigung bei den Olympische­n Spielen. Die nordische Kombinatio­n bildete bis dato eine Ausnahme,

bis einschließ­lich der Winterspie­le 2022 in Peking durften nur Männer

teilnehmen. 2026 in Mailand und Cortina könnten erstmals also auch

Kombiniere­rinnen um Olympiamed­aillen Ski springen und langlaufen. Doch diese Sportart ist noch jung, sehr jung. Erst seit der Saison 2020/21 gibt es Weltcupbew­erbe

für Frauen. Im ersten Jahr fand auf der höchsten Ebene wegen der Coronapand­emie nur ein einziger

Weltcup statt. Immerhin wurde bei der nordischen WM 2021 in Oberstdorf erstmals eine Weltmeiste­rin in der Kombinatio­n gekürt. Die Dichte an Athletinne­n ist aber überschaub­ar, weshalb unter den Kombi-Herren vor der IOC-Abstimmung nun Angst geschürt wird.

„Ich bin fast ein wenig schockiert, wie negativ die Stimmung

gerade ist. Für mich sind Winterspie­le ohne nordische Kombinatio­n

undenkbar und auch in Peking hat

man wieder gesehen, dass diese olympische Disziplin zu den spannendst­en gehört“, sagt ÖSV-Cheftraine­r Christoph Eugen, der den IOC-Auftrag an die FIS ganz klar erfüllt sieht: „Der lautete, einen Frauen-Weltcup einzuführe­n, und das

ist geglückt. Eine Aufnahme ins olympische Programm wäre jetzt noch ein Beschleuni­ger, um diese

junge Disziplin schneller auf ein sehr gutes Niveau zu heben.“

So sachlich wie Eugen analysiert nicht jeder im Kombi-Lager. Denn das Internatio­nale Olympische Komitee provoziert durch den „Entweder-oder-Entschluss“auch einen Geschlecht­erkampf. „Es ist eine sterile Idee, die nicht die richtige ist“, sagte der norwegisch­e Kombinatio­ns-Star Jarl Magnus Riiber in dem

Wissen, dass das IOC an der maximalen Teilnehmer­zahl von 2900 unbedingt festhalten will, und fügte

hinzu: „Das wäre so, als würde man die Leichtathl­etik von den Sommerspie­len entfernen.“Eugen bleibt vor dem Schicksals­tag für die nordische

Kombinatio­n positiv: „Diese Sportart lebt und funktionie­rt.“

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