Salzburger Nachrichten

Die Sehnsucht nach dem Verschenke­n

Der Clown August trägt eine Sehnsucht mit sich, die er lange nicht versteht. Warum genügt es nicht, wenn die Leute lachen?

- HEDWIG KAINBERGER

SALZBURG. Der Clown August darf einen der größten Erfolge

genießen: Soeben hat er sein Publikum in stürmische­s Gelächter versetzt. Es jubelt, es klatscht, es will ihn kaum von der Bühne lassen, es lacht und

lacht. Tags darauf geht der Triumph weiter: Die Zeitungen feiern einen Clown, der „Jung und Alt begeistert“.

Trotzdem ist August traurig, sogar doppelt. Eigentlich ist er

nur für den kranken Antoine eingesprun­gen. Aber dessen Herz hat in Anbetracht des berauschen­den Erfolgs des Ersatz-Clowns zu schlagen aufgehört. Zudem nagt in August der Zweifel: Warum macht ihn das nicht glücklich, wenn er erreicht, was ein Clown soll: Dass das Publikum lacht?

Der Schauspiel­er Jurij Diez spielt diese Szene des einsamen, traurigen Clowns brillant: Er

klagt sein Leid einer Kaffeetass­e. Jeder Gefühlsreg­ung, jedem Gedankensp­litter verleiht er mit darsteller­ischer Eloquenz Ausdruck.

Jurij Diez bewährt sich als einsamer Clown

Im Grübeln und Sinnieren stellt er als August fest: „Mein Glück war wirklich, aber ohne Grundlage.“Nicht das Vorspielen

von Witzen mache glücklich, „ich muss lernen, als August glücklich zu sein“. Lachen zu erzeugen genüge nicht. „Ich wollte ihnen Freude schenken.“

Diesen rührenden Fragen vom Glück widmet das Theater ecce seine neue Produktion, die am

Donnerstag­abend Premiere hatte (dieser Bericht beruht auf dem

Besuch der Generalpro­be): Henry Millers „Das Lächeln am Fuße der

Leiter“über den unglücklic­hen Clown August. Nach der Stadt Salzburg wird „Das Lächeln am Fuße der Leiter“im Theaterzel­t Leogang aufgeführt.

Reinhold Tritscher, Leiter dieses freien Theaterens­embles sowie Regisseur, bringt aufs Neue seine theatrale Fantasie zum Funkeln. Er lässt den Text nicht vom Blatt spielen, sondern verwebt in diesem Spiel im Theaterzel­t, das derzeit im Park von St. Virgil aufgestell­t ist, Schauspiel mit Tanz und Artistik.

Das Live-Erlebnis von Theater wird noch getoppt: Nane Frühstückl ist als Musikerin gleich

wichtig wie die anderen Darsteller. Sie spielt am Keybord, sie zieht die Harmonika und sie singt

mit feinem Alt ein Chanson über Champagner, schönes Leben und mit der Versicheru­ng: „Willkommen in unserem Palast, ich erwarte dich heute Abend!“

Die Damen des Ensembles, Kristin Henkel, Pamina Milewska

und Lena Steinhuber, bewähren sich in einer Abwechslun­g aus Pantomime und Tanz – die Choreograf­ie hat Anna Adensamer gestaltet. Großartig gelingt etwa,

wenn zwei von ihnen als Pferd über die Bühne rasen – schnaubend,

hungrig, galoppiere­nd und sogar Rossäpfel abwerfend. Zudem übernehmen sie allerlei artistisch­e Kunststück­e oder bewähren sich als Blondinen im

Varieté, die einen reschen Cancan hinlegen.

Reinhold Tritscher ermuntert die Schauspiel­er, ihre Stärken

und Talente auszuspiel­en – Gerard Es als Erzähler und Zirkusdire­ktor, der auch Gitarre spielt,

Jurek Milewski unter anderem als Clown Antoine, der nebenbei auch noch Klarinette spielt. Dieses zirzensisc­he Spiel passt

vom Thema wie von der Inszenieru­ng wunderbar in das kleine Theater-Zirkuszelt, dessen Bühne Alois Ellmauer sparsam, aber

konkret gestaltet hat.

Theater: „Das Lächeln am Fuße der Leiter“von Henry Miller,

Theater ecce, Theaterzel­t im Virgilpark, bis 10. Juli. Theaterzel­t Leogang/Steinbergs­tadion, 29. Juli bis 7. August. Alle Termine:

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BILD: SN/THEATER ECCE/FOTO FLAUSEN Szene aus „Das Lächeln am Fuße der Leiter“.

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