Wie kann Europa aus der Gasfalle herauskommen?
Auf dem EU-Gipfel rang man nach einer gemeinsamen Strategie. Auch gegen die Inflation. Und Kroatien wird Euroland.
BRÜSSEL. Angesichts drohender
Engpässe bei der Gasversorgung steigt in der EU die Nervosität. Auf dem EU-Gipfel ging es daher am Freitag neben den Risiken durch die Inflation vorrangig darum, wie man die Herausforderungen der Gaskrise bewältigen kann. Beschlossen
wurde auch, dass die Eurozone ab 1. Jänner 2023 mit Kroatien ein neues Mitglied bekommt.
Für den Fall, dass die russischen Gaslieferungen komplett ausfallen,
rechnen Ökonomen mit einer Wirtschaftskrise. Bei der Reaktion darauf ist die EU jedoch uneins. Zwar
hatten sich die EU-Staaten bereits im März verständigt, gemeinsam Gas einzukaufen. Doch Länder wie Italien oder Belgien wollen deutlich
radikalere Maßnahmen und dringen
etwa auf einen Preisdeckel auf EU-Ebene. Staaten wie Tschechien
lehnen einen solchen Schritt jedoch ab, weil er ein Eingriff in den Markt wäre.
Österreich ist jedenfalls beim gemeinsamen Gaseinkauf der Europäischen Union dabei. „Wir haben unsere Quantitäten eingemeldet“, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer am Freitag am Rande des EUGipfels in Brüssel, ohne eine konkrete Zahl zu nennen. Über die von der EU-Kommission eingerichtete
und koordinierte Plattform soll das Gas auf dem Weltmarkt für die gesamte EU erworben werden. Das Bündeln der Kaufkraft macht einen
niedrigeren Preis möglich. Der deutsche Bundeskanzler Olaf
Scholz sagte, man sei gut darauf
vorbereitet, wenn aus Russland kein Gas mehr komme. Aber man
werde die Anstrengung noch einmal beschleunigen, Energie aus anderen Ländern zu importieren. „Wir werden uns da unterhaken.“
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen forderte in diesem Zusammenhang auch zum Energiesparen auf. Wenn man die Heiztemperatur in der EU um zwei Grad senke und die von Klimaanlagen um zwei Grad erhöhe, könne man die
gesamten Lieferungen der OstseePipeline Nord Stream 1 einsparen.
Die hohen Energiepreise treiben unterdessen die Preisspirale an. Wegen der hohen Inflationsrate und der zuletzt stark gestiegenen Zinsen für Staatsanleihen südeuropäischer Staaten fürchten Wirtschaftsforscher
bereits wieder die Rückkehr der Eurokrise. Die Aufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB), für Geldstabilität zu sorgen, sprich
jetzt mit höheren Zinsen zu reagieren, kreuzt sich derzeit mit dem hohen Finanzbedarf der EU-Staaten angesichts des Wirtschaftskrieges mit Russland.
Wie man diesen Spagat schaffen will? Antworten darauf sind dringend gesucht und betreffen auch Kroatien, das auf dem EU-Gipfel
grünes Licht für die Einführung des Euro bekam. Ministerpräsident
Andrej Plenković freute sich jedenfalls über das „exzellente Signal für die kroatische Wirtschaft“. Kroatien werde durch den Euro in Zukunft besser dem Druck von Krisen standhalten können.