Die Lösung liegt nicht in der einseitigen Stärkung des ORF
Infos sind Vertrauenssache. Wer nur den von der Politik kontrollierten ORF stärkt, schwächt private Medien, die die Politik kontrollieren.
Das Interesse an Information sinkt. So lautet der zentrale Befund des globalen Digital News Report. Österreich tanzt nicht aus der Reihe
von 46 untersuchten Staaten. Die häufigste Reaktion darauf ist, das Glas als halb leer zu sehen. Studienleiter Josef Trappel (Uni Salzburg)
vertritt aber trotz des größten Wandels seit 20 Jahren eine Normalisierungsthese: Die Medien sollten einen neuen Weg finden – nach Corona. Ob sein „hoffentlich“mehr dem Abklingen der Pandemie oder der Fähigkeit der Nachrichtenmacher galt, bleibt zwar offen, doch das Glas lässt sich auch als halb voll betrachten.
Aus Perspektive klassisch journalistisch geprägter Info-Angebote gilt das insbesondere für Österreich. Die wichtigsten Nachrichtenquellen sind hier Fernsehen vor digitalen Zeitungsangeboten, Social Media, Radio und gedruckten Zeitungen. Während TV und Websites etwas verloren, haben Hörfunk und die
Netzwerke leicht zugelegt, doch am stärksten ist der Zuwachs für Print. Wichtiger als dieser innerösterreichische Verteilungskampf wirkt aber der internationale Vergleich: Fernsehen
liegt zehn Prozentpunkte über dem weltweiten Schnitt, für Radio und Zeitung sind die Anteile sogar 2,3 bzw. 2,7 Mal so hoch. Social Media hingegen hat hier erst die Hälfte seines globalen Quellenstellenwerts.
Auch diese Daten dienen als Argument, das Glas halb leer zu sehen. Die Konzerne hinter Google, Facebook und TikTok verbuchen in Österreich mehr Werbeeinnahmen als alle
klassischen Medien zusammen. Dass wir dennoch nachhinken, ist eine Chance für die Politik. Der Blick nach außen zeigt, was geschieht,
wenn sie nicht gegensteuert. Als wichtigste Informationen gelten Lokalnachrichten. Wo es dafür keine journalistische Quelle mehr gibt,
gerät die Demokratie an ihr Ende. Siehe USA.
Deshalb muss die Politik Rahmenbedingungen schaffen, in denen seriöse Medien existieren können. Ansonsten gräbt sie sich selbst das
Wasser ab. Verlässliche Nachrichten sind eine Grundlage von Demokratie. Social Media unterwandern solche Quellensicherheit.
Die Signale von dem, was Medienministerin Susanne Raab aktuell verhandeln lässt, wirken jedoch nach fataler Verengung der Aufgabe.
Wo „Rundfunkgesetz“draufsteht, steckt immer der gesamte Medienmarkt drin. Die Lösung seiner Herausforderungen liegt nicht allein beim ORF. Das sind bloß seine und die Lieblingsvariante der Politik, weil sie nur öffentlich-rechtliche Anbieter kontrollieren kann. Genau deshalb brauchen wir mindestens so starke private Medien zur Kontrolle der Politik.
Peter Plaikner