Salzburger Nachrichten

Die Lösung liegt nicht in der einseitige­n Stärkung des ORF

Infos sind Vertrauens­sache. Wer nur den von der Politik kontrollie­rten ORF stärkt, schwächt private Medien, die die Politik kontrollie­ren.

- Peter Plaikner ist Politikana­lyst und Medienbera­ter mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.

Das Interesse an Informatio­n sinkt. So lautet der zentrale Befund des globalen Digital News Report. Österreich tanzt nicht aus der Reihe

von 46 untersucht­en Staaten. Die häufigste Reaktion darauf ist, das Glas als halb leer zu sehen. Studienlei­ter Josef Trappel (Uni Salzburg)

vertritt aber trotz des größten Wandels seit 20 Jahren eine Normalisie­rungsthese: Die Medien sollten einen neuen Weg finden – nach Corona. Ob sein „hoffentlic­h“mehr dem Abklingen der Pandemie oder der Fähigkeit der Nachrichte­nmacher galt, bleibt zwar offen, doch das Glas lässt sich auch als halb voll betrachten.

Aus Perspektiv­e klassisch journalist­isch geprägter Info-Angebote gilt das insbesonde­re für Österreich. Die wichtigste­n Nachrichte­nquellen sind hier Fernsehen vor digitalen Zeitungsan­geboten, Social Media, Radio und gedruckten Zeitungen. Während TV und Websites etwas verloren, haben Hörfunk und die

Netzwerke leicht zugelegt, doch am stärksten ist der Zuwachs für Print. Wichtiger als dieser inneröster­reichische Verteilung­skampf wirkt aber der internatio­nale Vergleich: Fernsehen

liegt zehn Prozentpun­kte über dem weltweiten Schnitt, für Radio und Zeitung sind die Anteile sogar 2,3 bzw. 2,7 Mal so hoch. Social Media hingegen hat hier erst die Hälfte seines globalen Quellenste­llenwerts.

Auch diese Daten dienen als Argument, das Glas halb leer zu sehen. Die Konzerne hinter Google, Facebook und TikTok verbuchen in Österreich mehr Werbeeinna­hmen als alle

klassische­n Medien zusammen. Dass wir dennoch nachhinken, ist eine Chance für die Politik. Der Blick nach außen zeigt, was geschieht,

wenn sie nicht gegensteue­rt. Als wichtigste Informatio­nen gelten Lokalnachr­ichten. Wo es dafür keine journalist­ische Quelle mehr gibt,

gerät die Demokratie an ihr Ende. Siehe USA.

Deshalb muss die Politik Rahmenbedi­ngungen schaffen, in denen seriöse Medien existieren können. Ansonsten gräbt sie sich selbst das

Wasser ab. Verlässlic­he Nachrichte­n sind eine Grundlage von Demokratie. Social Media unterwande­rn solche Quellensic­herheit.

Die Signale von dem, was Medienmini­sterin Susanne Raab aktuell verhandeln lässt, wirken jedoch nach fataler Verengung der Aufgabe.

Wo „Rundfunkge­setz“draufsteht, steckt immer der gesamte Medienmark­t drin. Die Lösung seiner Herausford­erungen liegt nicht allein beim ORF. Das sind bloß seine und die Lieblingsv­ariante der Politik, weil sie nur öffentlich-rechtliche Anbieter kontrollie­ren kann. Genau deshalb brauchen wir mindestens so starke private Medien zur Kontrolle der Politik.

Peter Plaikner

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