Der US-Bann drängt Huawei auf neue Wege
ISTANBUL. Wenn Konzerne Veranstaltungsorte für Produktpräsentationen wählen, hat das oft
logistische Gründe: da eine größere Eventhalle, dort ein besser angebundener Flughafen. Der Ort kann aber auch etwas über die aktuelle Ausrichtung einer Firma verraten: Chinas Telekommunikationsriese Huawei lud diese Woche für seine (halb)jährliche Produktpräsentation nicht
wie in den vergangenen Jahren nach München, Paris oder Wien, sondern nach Istanbul.
Seit 2019 die US-Regierung amerikanischen Firmen verboten hat, mit Huawei zu kooperieren – Spionagevorwürfe stehen im Raum –, driftet der Konzern Richtung Asien. Und auch in Sachen Produktpalette hatte die
Wahl Istanbuls Symbolkraft: Durch den US-Bann finden vor allem die Smartphones von Huawei in der westlichen Welt deutlich weniger Anklang. Also setzt der Konzern auf andere Produkte, etwa auf Windows-Notebooks. Und ebenda ist man auf dem türkischen Markt seit jeher stark. Übrigens: Wieso Microsoft
vom US-Bann ausgenommen ist und Huawei mit Windows beliefern darf, ist bis heute nie offiziell erläutert worden.
All das, was man in die Wahl des Veranstaltungsorts hineininterpretieren konnte, spiegelte sich in der Präsentation: Zwar gebührte
drei Smartphonemodellen der Auftakt. Der Kern der Veranstaltung drehte sich aber um zwei Laptops – MateBook D 16, MateBook 16s – sowie ein Tablet. Vor allem Letzteres ist ein weiterer Fingerzeig
für Huaweis neue Ambitionen: Das MatePad Paper ist eine Art Premium-E-Book-Reader. Bücher können etwa per Digitalstift mit Notizen
versehen werden. Wer auf dem Gerät schreibt, bekommt gar ein Rascheln zu hören, das einem das Gefühl geben soll, auf Papier zu arbeiten. Und das alles in einer Aufmachung, die an Amazons E-BookReader Kindle erinnert.
Konkurrenz für Amazons E-Book-Reader
Doch der E-Book-Markt ist nicht die einzige neue Sparte, in der sich
Huawei nun versucht: Bei der Produktpräsentation gab Europa-Chef
Derek Yu den „Startschuss“für eine B2B-Strategie, also das Vorhaben, Geräte wie Notebooks künftig stärker Unternehmen und Behörden zuliefern zu wollen. Dafür werde es eine „separate Produktlinie geben“.
Vollends will Huawei jedoch nicht umsatteln. „Wir werden das Smartphonegeschäft nie aufgeben“, sagte Yu. Dennoch vielsagend: Bei den Präsentationsfolien, die in Istanbul zeigen sollten, wie toll sich Huawei entwickelt, war schier jede Sparte zu finden – PC, Bildschirme,
Tablets, Ohrhörer. Nur ein großer Bereich fehlte: Smartphones.