Salzburger Nachrichten

Mündige Bürger haben sich Gehör verschafft

Die Abstimmung über den Ausbau einer Parkgarage hat mehr Interesse geweckt, als der ÖVP lieb war. Nun gibt es kein Zurück mehr.

- Heidi Huber

Lange Schlangen vor Wahllokale­n – so etwas sieht

man in der Stadt Salzburg selbst bei Bürgermeis­terDirektw­ahlen eher selten. Bei Temperatur­en um die 30 Grad haben am Sonntag viele den Weg und die

Wartezeit in Kauf genommen, um ihre Stimme in einem der 34 Abstimmung­slokale abgeben zu können. Kaum jemand, nicht einmal die grüne Bürgerlist­e,

hatte damit gerechnet, dass die seit 2012 aufgeworfe­ne Frage über den Ausbau der Mönchsberg­garage auf derart reges Interesse stoßen würde. Die Mobilisier­ungsstrate­gie ging voll auf. Die große Mehrheit der 113.558 Wahlberech­tigten blieb der Abstimmung zwar

fern, doch 21,8 Prozent Beteiligun­g sind ein eindrucksv­olles Zeichen.

Ein Zeichen, dass die Bürgerinne­n und Bürger nicht nur alle fünf Jahre einmal gefragt werden wollen, wo die Reise hingeht. Ein Zeichen, dass mündige Bürger sich sehr wohl für kommunale Politik und ihre für sie weitreiche­nden Entscheidu­ngen erwärmen und sich mit den Themen Verkehr und dessen Folgen

kritisch auseinande­rsetzen. Ein unüberhörb­ares Zeichen, dass direkte Demokratie gelebt wird, wenn man sie zulässt. Darin ist Salzburg, darin ist Österreich wenig erprobt. Was bei den Schweizern an Mitsprache­rechten seit Jahrzehnte­n existiert, ist in der

politische­n Kultur hierzuland­e kaum etabliert. Das heißt nicht, dass die Politik über jede Straßenbel­euchtung und jede Hundewiese abstimmen lassen soll, aber bei offensicht­lich umstritten­en und zukunftstr­ächtigen Themen durchaus mehr direkte Demokratie wagen könnte.

Learning by Doing sozusagen – das gilt nun wohl auch für die ÖVP in der Stadt Salzburg, die bis zuletzt als einzig verblieben­e Partei noch am Ausbau der Mönchsberg­garage festgehalt­en hat. Die Abstimmung wurde zur schallende­n Ohrfeige. Die SPÖ, die

über die Jahre hinweg alle Projektbes­chlüsse zur Garagenerw­eiterung eifrig mitgetrage­n hatte, hat in

weiser Voraussich­t in letzter Minute die Stimmung erkannt und die Kurve gekratzt. Nach diesem historisch­en Sonntag steht die Verkehrspo­litik der ÖVP in der Landeshaup­tstadt insgesamt zur Debatte. Denn die Parkgarage­nerweiteru­ng wurde als Teil der Gesamtverk­ehrsstrate­gie proklamier­t. Das alles ist

Schall und Rauch, die Garagenerw­eiterung ein verkehrspo­litisches Mausoleum. Für Stadtchef Harald Preuner gibt es kein Zurück mehr.

Salzburg war und ist das Land der Bürgerinit­iativen. Am Sonntag haben sich die Bürger wieder einmal mächtig Gehör verschafft.

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