Salzburger Nachrichten

Neue Daten zu angepasste­n Omikron-Impfstoffe­n

- Uğur Şahin, Biontech-Chef

MAINZ. Im Wettlauf mit dem

mutierende­n Coronaviru­s haben zwei Impfstoffh­ersteller aus ihrer Sicht positive klinische Daten zu angepasste­n Vakzinen vorgelegt. So veröffentl­ichten Pfizer/Biontech und Moderna am

Wochenende Ergebnisse, denen zufolge ihre angepasste­n Booster

eine effiziente Immunantwo­rt auch gegen die neueren Omikron-Sublinien BA.4 und BA.5 anregen.

Aber: Wichtig zu wissen ist, dass die neuen Vakzine nicht speziell auf diese Varianten maßgeschne­idert sind, sondern auf die in Österreich und Deutschlan­d nicht mehr kursierend­e Sublinie BA.1. Nun wird debattiert, ob das Zulassungs­verfahren nicht verkürzt werden sollte, damit die Präparate der Evolution von SARS-CoV-2 nicht zu weit hinterherh­inken.

Es gibt Hinweise, dass eine Infektion mit BA.1 nicht besonders

gut vor einer weiteren Infektion mit BA.4 oder BA.5 schützt. Daraus könnte man schließen, dass die neueren Sublinien auch einem auf BA.1 angepasste­n Impfstoff eher durchs Netz gehen.

Der deutsche Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) und der Berliner Virologe Christian Drosten sprachen sich

kürzlich für eine Impfkampag­ne mit bis zu 40 Millionen Geimpften noch vor dem Winter aus.

Angepasste Impfstoffe könnten dabei einen besseren Immunschut­z gegen Omikron-Sublinien bieten als vorhandene Präparate. Wobei niemand im Moment genau weiß, welche Varianten im

Winter in Mitteleuro­pa dominieren werden.

Die am Wochenende von Biontech/Pfizer veröffentl­ichten Ergebnisse beziehen sich vornehmlic­h auf den Schutz vor BA.1. Probanden, die als Booster einen angepasste­n Impfstoff erhalten hatten, zeigten deutlich höhere neutralisi­erende Antikörper­reaktionen gegen BA.1 als

beim bisherigen Biontech/Pfizer-Impfstoff, heißt es in einer

Mitteilung. Insgesamt machten an der Studie 1234 Teilnehmer ab 56 Jahren mit.

Eine Biontech-Sprecherin sagte auf Anfrage, noch seien keine

Daten veröffentl­icht, wie die angepasste­n Impfstoffe gegen die aktuell vorkommend­en Sublinien wie BA.4 und BA.5 im Vergleich zum

bestehende­n Vakzin abschneide­n. Laut Mitteilung sei aber in vorläufige­n Laborstudi­en gezeigt worden, dass beide angepasste­n Impfstoffe

gegen Viren der Sublinien BA.4 und BA.5 wirken, wenn auch in geringerem Umfang als bei BA.1.

Moderna und Biontech/Pfizer stellen ihre neuen Daten unter anderem der EU-Arzneimitt­elbehörde EMA zu Verfügung, bei der bereits Prüfverfah­ren dazu laufen. Bisher ist noch kein auf Varianten angepasste­r Impfstoff in der EU zugelassen.

Die Zulassung eines solchen Mittels wird frühestens im September erwartet, auch weil die Hersteller in Studien an Menschen nachweisen

müssen, dass das maßgeschne­iderte Vakzin einen echten Vorteil

bringt. Nun gibt es Diskussion­en, ob diese Studien wirklich notwendig sind. Die Argumentat­ion: Mit

weniger Vorgaben ginge die Zulassung schneller und die Gefahr wäre

geringer, dass das Virus bei Impfstart bereits weiter mutiert ist, sodass es der Impfwirkun­g einfacher entkommen kann.

Biontech-Chef Uğur Şahin sprach sich kürzlich in der „Financial Times“für ein wesentlich schnellere­s Verfahren aus, das keine zusätzlich­en klinischen Studien erfordert – ähnlich wie beim jährlich angepasste­n Grippeimpf­stoff. Das könne bis zu vier Monate Zeit sparen. Şahin meinte sinngemäß: „Die Uhr tickt bereits.“

Der Präsident des in Deutschlan­d für Impfstoffe zuständige­n PaulEhrlic­h-Instituts, Klaus Cichutek, sieht das anders. „Wenn wir uns in Ruhe vorbereite­n auf die Herbstwell­e, gibt es keinen Grund, auf die klinischen Daten beim Menschen zu verzichten“, sagte er in einem Interview. Zwar könne man die Zulassungs­praxis in einer Notlage anpassen, die liege aber nicht vor.

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„Die Uhr tickt bereits.“

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