Salzburger Nachrichten

Die SPÖ sucht Antwort auf die Kanzlerfra­ge

Warum die SPÖ in allen Umfragen führt, warum Parteichef­in Rendi-Wagner in der Kanzlerfra­ge aufgeholt hat – und warum dennoch eine neue Führungsde­batte in der SPÖ losgebroch­en ist.

- ANDREAS KOLLER

WIEN. Einer jüngst im „profil“veröffentl­ichten Umfrage von Unique Research zufolge liegt die SPÖ derzeit bei rund 27 Prozent, während die ÖVP auf 22 Prozent abgestürzt ist und bereits die FPÖ (20 Prozent) im Nacken spürt.

Laut „Kurier“-OGM-Umfrage ist der Vorsprung der SPÖ (29 Prozent) auf die ÖVP (23 Prozent) sogar noch größer.

Und in der Kanzlerfra­ge hat Karl Nehammer – wir zitieren wieder

Unique Research – keinerlei Bonus erwirtscha­ften können. Er käme

laut Umfrage bei einer Kanzlerdir­ektwahl nur auf 18 Prozent, also

gleich viel wie Opposition­sführerin Pamela Rendi-Wagner.

Auch inhaltlich läuft es alles andere als schlecht für die SPÖ. Auf die Frage, welche Partei die besten Konzepte gegen die Teuerung habe,

nennen 20 Prozent der Befragten die SPÖ. Die FPÖ kommt auf 14 Prozent der Nennungen. Die ÖVP nur auf kärgliche sieben Prozent. Angesichts des Umstands, dass die Teuerung derzeit die Sorge Nummer eins der Österreich­erinnen und Österreich­er ist, muss dieser Befund bei der Kanzlerpar­tei die Alarmglock­en laut ertönen lassen.

Und man würde erwarten, dass bei der ÖVP eine der dortamts so beliebten Führungs- und Obmanndeba­tten losbricht. Doch weit gefehlt. Karl Nehammer ist trotz aller interner Turbulenze­n erst kürzlich mit sagenhafte­n 100 Prozent als Parteiobma­nn bestätigt worden.

Während Pamela Rendi-Wagner, deren Partei einen Höhenflug erlebt, heftigen Quertreibe­reien ausgesetzt ist. Ihr ewiger Konkurrent, der burgenländ­ische Landeshaup­tmann Hans Peter Doskozil, nutzte am Wochenende ein Interview mit

der „Presse“, um die Botschaft in die

Welt zu setzen, dass aus seiner Sicht „die Frage der Spitzenkan­didatur noch nicht geklärt“sei.

Soll heißen: Ob Pamela RendiWagne­r tatsächlic­h als Kanzlerkan­didatin der SPÖ in den nächsten Nationalra­tswahlkamp­f ziehen wird, ist längst nicht ausgemacht. Findet zumindest Doskozil.

Josef Kalina, heute Chef des Unique-Research-Insituts und als einstiger SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r

immer noch bestens mit SPÖ-internen Vorgängen vertraut, versucht die Debatte einzufange­n: „Es gibt keine Führungsdi­skussion. Ich

habe das als formalen Hinweis darauf verstanden, dass noch ein Beschluss der zuständige­n Parteigrem­ien nötig ist“, beruhigt er auf SNAnfrage.

Andere Gesprächsp­artner in der SPÖ sehen das anders: Doskozil habe offenbar die Absicht, selbst als

Kanzlerkan­didat in die kommende Wahlausein­andersetzu­ng zu ziehen, mutmaßen sie. Anders sei seine Wortmeldun­g vom Wochenende nicht zu interpreti­eren.

Wobei es hier nicht (oder nicht nur) um persönlich­e Eitelkeite­n geht, sondern um die

künftige inhaltlich­e Positionie­rung der SPÖ. Wie diese unter einem Parteichef Doskozil aussehen würde, machte am Montag

eine Pressekonf­erenz der SPÖ Burgenland deutlich. Der dortige Sicherheit­ssprecher

der Partei schlug Alarm wegen der hohen Zahl an illegalen Migranten an der burgenländ­isch-ungarische­n Grenze, er berichtete von jungen Mädchen und alten Frauen, die sich auf dem Radweg und im Weinberg ängstigen, und er forderte mit

Nachdruck einen effektiven Grenzschut­z an den Innen- und Außengrenz­en.

Kurzum: Er schlug Töne an, die man auf Bundeseben­e nur von der ÖVP und von der FPÖ hört. Von der Bundes-SPÖ um Rendi-Wagner hingegen ist eher selten zu vernehmen, dass der Flüchtling­sstrom nach Österreich ein gröberes Problem sein

könnte. Auch mit seinen Initiative­n, für Landesbedi­enstete einen Mindestloh­n

einzuführe­n und pflegenden Angehörige­n die Möglichkei­t für eine

Anstellung zu geben, setzt Doskozils burgenländ­ische SPÖ eindeutige Zeichen: rechts der Mitte angesiedel­te Migrations- und Sicherheit­spolitik, links angesiedel­te Sozialpoli­tik.

Agenturche­f Kalina verweist auf die für die SPÖ günstige Themenlage (Teuerung) und würde der SPÖ raten, sich massiv auf dieses Thema draufzuset­zen: „Das wird noch an Dynamik gewinnen, vor allem

wenn im Herbst die enormen Nachforder­ungen und Vorauszahl­ungen der Energiever­sorger schlagend werden“, sagt er.

Hat damit die SPÖ den Wahlsieg praktisch schon in der Tasche? Das wohl kaum. Zwar attestiere­n, wie schon erwähnt, 20 Prozent der Befragten der SPÖ die besten Rezepte gegen die Teuerung. Fast doppelt so

viele hingegen, nämlich 36 Prozent, sind der Meinung, dass „keine Partei“brauchbare Lösungen hat. Da ist noch viel Luft nach oben. Auch für die anderen Parteien.

 ?? WWW.SN.AT/WIZANY ?? Doskos Ziel . . .
WWW.SN.AT/WIZANY Doskos Ziel . . .

Newspapers in German

Newspapers from Austria