Geschlossen, aber nicht verschlossen
Einmütig und entschlossen, so
präsentierten sich die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen am ersten Gipfeltag in Elmau. Es war ein
klares Zeichen gegen Russland und seinen Krieg in der Ukraine. Doch Einigkeit allein reicht angesichts des Ausmaßes dieser Krise nicht mehr aus.
Umso wichtiger ist es, mit anderen Ländern, vor allem des globalen Südens, zusammenzuarbeiten. Das haben auch Biden, Scholz und Co. erkannt. Beim zweiten Gipfeltag waren Indien, Indonesien, Argentinien, Senegal und Südafrika zu Beratungen eingeladen. Auch sie sind stark vom Ukraine-Krieg
betroffen. Indonesien zum Beispiel zählt zu den wichtigsten Abnehmerländern von ukrainischem
Weizen – 22 Millionen Tonnen davon stecken aktuell in ukrainischen Häfen fest.
Zugleich könnten diese Länder Teil der Lösung sein. So ist Indien nach China der zweitgrößte Weizenproduzent der Welt. Weil aber auch dort die Vorräte nicht ausreichen, hat das 1,3-Milliarden-Einwohner-Land die Ausfuhr von Weizen gestoppt.
Wie bedeutend Länder wie Indien oder Südafrika in einer globalisierten Welt sind, haben aber nicht nur die G7 verstanden. Russland und China wollen die Staaten
Afrikas, Asiens und Lateinamerikas davon überzeugen, dass nicht
Wladimir Putins Krieg schuld an der Hungerkrise sei – sondern die westlichen Sanktionen.
Die G7 müssen daher schnell handeln. Sie müssen Ländern wie Indonesien oder Senegal, die enorm betroffen sind, konkrete wirtschaftliche Unterstützung anbieten. Sonst kommen ihnen Moskau und Peking zuvor.
Letztlich ist das Werben um Verbündete auch ein Kampf um die globale Deutungshoheit. Und den müssen die G7 gewinnen, um die Hoffnung auf Frieden und ein Ende der Krisen aufrechtzuerhalten.