Salzburger Nachrichten

Fuhrmann geht beim Kader auf Nummer sicher

Die ÖFB-Teamchefin will nichts riskieren und nimmt deshalb zwei Spielerinn­en zusätzlich als „Back-up“zur EURO nach England mit.

- GERHARD ÖHLINGER

WIEN. Wie sich die Zeiten ändern im österreich­ischen Frauenfußb­all: 2017 hat der damalige ÖFB-Teamchef Dominik Thalhammer seinen Kader für die EURO-Endrunde noch schlicht per Aussendung bekannt geben können. Fünf Jahre danach durfte seine Nachfolger­in Irene Fuhrmann für dieses wichtige Zeremoniel­l vor die TV-Livekamera­s treten. Der Autoaussta­tter des ÖFB ließ es sich nicht nehmen, für

die Kadernomin­ierung am Montag seine Räumlichke­iten in Wien zur Verfügung zu stellen.

23 aus 28, gemäß dieser Formel musste Fuhrmann nach den jüngsten zwei Testspiele­n gegen Montenegro (4:0) und Belgien (1:0) noch eine Auswahl treffen, wer zur EURO nach England ab 6. Juli mitfahren darf. Die Teamchefin fand einen eleganten

Weg, den schmerzhaf­ten Teil dieser Aufgabe zu mildern: Zwei der aussortier­ten fünf Spielerinn­en dürfen nach England mitfahren, obwohl sie es nicht in den Kader geschafft haben.

Abwehrexpe­rtin Virginia Kirchberge­r und Offensivta­lent Annabel Schasching sind die beiden „Backup-Spielerinn­en“, wie Irene Fuhrmann sie bezeichnet hat. Kirchberge­r ist nach einem Schien- und Wadenbeinb­ruch erst vor Kurzem wieder ins Mannschaft­straining eingestieg­en, in den Testspiele­n konnte sie noch nicht mitmachen. Schasching wiederum hat bei ihrem Club Sturm Graz eine starke Saison hingelegt. Auf ihrer Position herrscht aber schon ein personelle­s Überangebo­t im ÖFB-Team.

Um die Vermeidung von Härtefälle­n ist es Fuhrmann weniger gegangen als um eine vorausscha­uende Planung: „Anders als bei der WM der Männer ist die Kadergröße leider nicht erhöht worden“, erklärte sie. Für den durchaus wahrschein­lichen Fall von positiven Coronafäll­en oder bei einer Verletzung im ÖFB-Team vor dem Eröffnungs­spiel

könnte eine der beiden rasch nachrücken. Anders als sonst bei einer Nachnomini­erung fiele der Stress, quasi aus dem Urlaub nachreisen zu müssen, weg. „Ich bin der vollsten Überzeugun­g, dass sich die beiden im Sinne des Teams jeden Tag bestmöglic­h einbringen werden“, sagte Fuhrmann. Der größere Kader erlaube zudem mehr Möglichkei­ten im Training: „Da können wir die Belastung besser steuern.“

Unangenehm­e Mitteilung­en sind der Teamchefin trotz dieses Coups nicht erspart geblieben. Torfrau Mariella El Sherif, Verteidige­rin Julia Magerl und Stürmerin Katja Wienerroit­her schafften es nicht in den EURO-Kader. „Es waren emotionale Gespräche, gerade wenn für junge Spielerinn­en ein Traum geplatzt ist“, gab Irene Fuhrmann zu. „Es

war eine der herausford­erndsten Entscheidu­ngen, die wir bislang im Trainertea­m zu treffen hatten, und mit dementspre­chender Sorgfalt haben wir sie auch getroffen.“

Darin sah die 41-Jährige auch durchaus Positives. Dass es anders als bei Vorgänger Thalhammer vor fünf Jahren auch Härtefälle gab, zeige die gestiegene Qualität im österreich­ischen Frauenfußb­all: „Der Kader ist breiter aufgestell­t, sodass sich die Spielerinn­en im Training

auch fordern. In den Spielen kann ich reagieren, weil alle sich so einbringen können, dass sie das Team stärker machen.“Das zeigte etwa Maria Plattner, die als „Joker“am Sonntag gegen Belgien das goldene

Tor erzielt hatte. Innenverte­idigerin Celina Degen hatte kurzfristi­g vor dem Anpfiff einspringe­n müssen

und die Bewährungs­probe bravourös bestanden.

Die Mischung aus Routine und Talent passt nach Ansicht von Fuhrmann. Immerhin 15 Spielerinn­en standen schon im 2017er-Kader,

unter ihnen auch die derzeit noch angeschlag­enen Viktoria Schnaderbe­ck und Carina Wenninger. Unter

ihnen auch Frankfurt-Verteidige­rin

Verena Hanshaw, die den Nichtnomin­ierten Mut machte: „Jede hat sich verdient, dabei zu sein. Ihre

Zeit wird auch noch kommen.“Sie selbst blickt schon voller Vorfreude aufs Eröffnungs­spiel am 6. Juli in Manchester gegen England: „Das wird ein einzigarti­ger Moment, den wir einfach genießen müssen.“

Österreich trifft danach in der Gruppe A noch auf Nordirland (11. Juli) und Norwegen (15. Juli). Das Team residiert im Pennyhill Park nahe London. Der Abflug nach England erfolgt am Donnerstag, bis dahin dürfen die Spielerinn­en noch daheim Kraft tanken.

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BILD: SN/IMAGO/BELGA ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann hat ihre Wahl getroffen.

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