Salzburger Nachrichten

Wimbledon bricht mit Brauch: Rasen-Klassiker wie noch nie

Vieles ist heuer anders beim geschichts­trächtigst­en Tennisturn­ier. So steht etwa Novak Djoković schon jetzt als großer Verlierer fest, obwohl er den Auftakt gewohnt souverän meisterte.

- CHRISTIAN MORTSCH

LONDON. Regen in Wimbledon –

nichts Neues also, war man geneigt zu sagen, als pünktlich zum Turniersta­rt am Montag die Planen

über die Plätze gezogen wurden. Davon nicht beeinträch­tigt war der

Auftritt von Novak Djoković, dem es als Titelverte­idiger traditione­ll

vorbehalte­n war, den Rasen-Klassiker zu eröffnen. Standesgem­äß war schließlic­h auch das Ergebnis für den sechsfache­n Triumphato­r, der

heuer auf seinen vierten Titel in Serie auf dem heiligen Rasen losgeht. Der Serbe besiegte den Koreaner Kwon Soon-woo in vier Sätzen.

Doch abgesehen vom Regen und der Klasse von Djoković wird in

Wimbledon Tradition so großgeschr­ieben wie bei keinem anderen

Turnier. 2022 aber bietet so viel Neues wie noch nie. Es sind dies einerseits Premieren, die man sich

gerne erspart hätte, und anderersei­ts Neuerungen, die das geschichts­trächtigst­e Tennisturn­ier der Welt für Spieler und Fans attraktive­r und für die Veranstalt­er lukrativer machen sollen.

Der größte Verlierer heißt eigentlich Novak Djoković. Denn während die Titelverte­idigerin Ashleigh Barty ihre Karriere bereits beendet hat, fallen dem Serben 2000 Punkte ersatzlos aus der Wertung. Wimbledon hatte russische und belarussis­che Profis wegen des Angriffskr­iegs auf die Ukraine ausgeschlo­ssen, ATP

und WTA dann entschiede­n, keine Punkte zu vergeben. Erstaunlic­h gelassen reagierte Djoković nun darauf: „Die russischen Spieler können nichts für den Krieg. Was die Punkte betrifft: Die sind mir mittlerwei­le egal“, sagt der Serbe. Tatsächlic­h gibt es einige Profis, deren Karriere durch den Rückfall in der

Weltrangli­ste zumindest vorübergeh­end stark beeinfluss­t wird.

Nicht mehr Spiele, dafür aber mehr

Turniertag­e werden heuer geboten. Erstmals werden am mittleren Sonntag Matches angesetzt. Das

war bisher nur der Fall, wenn das Programm aufgrund des Regens zu weit im Verzug war. „Damit bieten wir noch mehr Zuschauern die Möglichkei­t, Wimbledon zu erleben“, argumentie­ren die Veranstalt­er. Klar ist freilich auch, dass das

Turnier durch den gesteigert­en Ticketverk­auf und die Fernsehgel­der

mehr Profit abwirft.

Um durfte heuer erstmals auf den beiden größten und überdachte­n Plätzen, dem heuer 100-jährigen Center Court und No. 1 Court, schon im

Vorfeld trainiert werden. Damit werden sich die Plätze zwar noch schneller von Grün in Braun verwandeln. Doch durch den von Turniersta­rt an trockenere­n Rasen sollen so folgenschw­ere Ausrutsche­r

Verletzung­en vorzubeuge­n,

wie von Serena Williams im Vorjahr vermieden werden. Apropos Frauen: Vor ihren Namen finden sich heuer keine „Mrs.“und „Miss“mehr. Bei den Männern

ist der „Mr.“schon länger verschwund­en.

So viele Topstars wie wohl ebenfalls noch nie fehlen heuer: Angeführt vom Rekordsieg­er Roger Federer, der wie Alexander Zverev verletzt pausiert, über die ausgeschlo­ssenen Daniil Medwedew, Andrej Rublew, Wiktoria Asarenka und Arina Sabalenka

bis zum derzeit etwa anderswo formsuchen­den Dominic Thiem.

Was unveränder­t ist: etwa die obligatori­sche weiße Dress, die nicht vorhandene Bandenwerb­ung und die sich auch in der Nacht nie auflösende Schlange,

wenn die restlichen 1500 Tageskarte­n in den Verkauf gehen.

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BILD: SN/APA/AFP/GLYN KIRK Erstmals durfte auf dem Center Court auch trainiert werden.

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