Ein Denkzettel mit weitreichenden
Für den Garagenbau war alles angerichtet. Die Bürgerbefragung besiegelte das Aus. So könnte es anderen Großprojekten bald ebenfalls ergehen.
SALZBURG. Das Ergebnis der Bürgerbefragung vom Sonntag hat das Projekt eines Ausbaus der Mönchsberggarage quasi unter sich begraben. Der Gemeinderat
wird am 6. Juli einen entsprechenden Amtsbericht beschließen, bei dem alle Fraktionen – bis auf die ÖVP – mitstimmen werden. „Ich halte das Garagenprojekt nach wie vor für sinnvoll, aber ich bin Demokrat genug und nehme das Ergebnis zur Kenntnis“, sagte Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) am Tag danach. Er
glaubt, dass ein Großteil der Motivation der Bürger darin bestanden habe, dass es eine allgemeine Verunsicherung gebe. „Es
herrscht eine Unsicherheit gegenüber allem, was viel kostet. Das kommt von der Pandemie,
von der Inflationsentwicklung. Da gibt es derzeit eine große Skepsis innerhalb der Bevölkerung.“
In ÖVP-Kreisen wird aber auch der Unmut laut, dass der direkten
Demokratie nun Tür und Tor geöffnet worden seien, um weitere Projekte zu verhindern. Etwa die
Verlängerung der Lokalbahn. „Wir brauchen auf alle Fälle eine Grundsatzentscheidung im Gemeinderat nächste Woche zum S-Link, denn es muss eine Umweltverträglichkeitsprüfung
eingeleitet werden“, sagte Preuner. Das Risiko sei vorhanden, dass es dann zu einer Bürgerbefragung
komme – mit welchem Ausgang auch immer, darüber will Preuner nicht spekulieren. Sollte aber auch dieses Großprojekt zum Opfer fallen, „dann können wir eine Glaskugel über die Stadt drüberlegen und sagen, es ist wunderschön, aber es bleibt die nächsten 100 Jahre so.“
Als hätte es der Bürgermeister geahnt: Bereits am frühen Montagnachmittag hatten sämtliche Klubs ein E-Mail des unter Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) eingesetzten Stadtbahnbeauftragten Willi Rehberg in ihrem Posteingang. Betreff: Einleitung einer Bürgerbefragung zum Bau einer unterirdischen Bahn. In dem Schreiben wirbt Rehberg um Unterstützung für eine Befragung bzw. für den eigenständigen Beschluss des Gemeinderats einer Bürgerabstimmung. Er erwäge bereits seit geraumer Zeit, initiativ zu werden, schreibt Rehberg – die SN berichteten. Entscheidend sei für ihn „die praktische Nicht-Beantwortung aller
wesentlichen Fragen der Klubs im Planungsausschuss durch die Geschäftsführung der Planungsgesellschaft“gewesen. Die Bürgerbefragung zum Ausbau der Mönchsberggarage hat ihr Übriges getan. „Das Ergebnis hat mich noch einmal ermuntert, das zu machen“, sagte Rehberg.
Dass der Gemeinderat den Grundsatz-Amtsbericht zum SLink am 6. Juli einstimmig beschließen wird, scheint für den
Kritiker ausgeschlossen. Sollte er dennoch mehrheitlich angenommen werden, will er mit Mitstreiterinnen und Mitstreitern eine Bürgerbefragung lancieren. Dafür sind 2000 Unterstützungserklärungen notwendig. Die Formulare dafür wären griffbereit – er habe im Herbst von der Magistratsdirektion die Mitteilung erhalten, dass die eingereichte Vorlage für die Sammlung von Unterschriften zulässig sei. „Es wird
nicht einmal zu einer symbolischen Eröffnung des Herrn Landesrat kommen vor der Landtagswahl.“
Dieses Ziel verfolgt auch die Initiative Nahverkehr Salzburg (NASA) rund um Wilfried Rogler. Er geht davon aus, dass der SLink „ein ähnlich heißes Thema“
wird wie die Mönchsberggarage. Rogler sagte, er hoffe, dass der Gemeinderat noch zur Vernunft komme. Es gehöre ein Gesamtkonzept für den Verkehr für Stadt und Umland auf den Tisch. „Man kann nicht beschließen, den Keller zu bauen, bevor man weiß,
wie das Haus ausschaut“, meinte Rogler. Sollte nicht bald Klarheit
über viele offene Fragen herrschen, sei eine Bürgerbefragung immer eine Option.
Für die Plattform Lebendiges Salzburg, die die Mönchsberggaragen-Abstimmung initiiert
hat, sei offen, ob sie bei einer Befragung der Bevölkerung über die geplante Lokalbahnverlängerung
klar Position beziehen werde,
sagte deren Sprecher Lukas Bernitz. Derzeit gebe es einen intensiven Meinungsbildungsprozess zu dem Projekt wie auch innerhalb der Bürgerliste, für die Bernitz im Gemeinderat sitzt. Allerdings sei beim S-Link die Faktenlage eine ganz andere als beim Garagenprojekt. Aus seiner Sicht stehe dieses „symptomatisch für eine Verkehrspolitik, die abgewählt worden ist“. Bernitz sieht im Ende des Vorhabens im Mönchsberg einen „Grundstein für die Verkehrswende“.
Dem widerspricht Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP). „Der Ausbau oder Nichtausbau ist nicht der entscheidende Faktor für die Verkehrswende. Das
wird viel zu hoch gehandelt dafür.“ Mit Blick auf den S-Link bereite ihm das Ergebnis vom Sonntag durchaus Sorge, sagte Schnöll auf Nachfrage. „Weil ich glaube, dass wir nur mit dieser Verhinderungspolitik nicht weiter kommen in verschiedensten Bereichen.“Politikerinnen und Politiker seien dafür gewählt, Dinge umzusetzen.
Armin Mühlböck ist Politikwissenschafter an der Uni Salzburg. Das Ergebnis der Bürgerbefragung sei auch auf die gut organisierte Mobilisierung zurückzuführen. „Es war ein Zusammenspiel von direkter und repräsentativer Demokratie, die sich gegenseitig verstärkt haben.“Denn die Mehrheit im Stadtparlament sei bereits am Kippen gewesen, sagte Mühlböck. Ob dieses Ergebnis Preuner und die ÖVP schwäche, das sei schwer zu beurteilen. Die ÖVP habe derzeit generell
keinen Lauf. Aber es sei nicht unbedingt eine Schwäche, wenn Preuner dem Ergebnis der Bürgerbefragung folge.
Ist das womöglich der Beginn für weitere Bürgerbegehren in Salzburg? „Das Ergebnis mag
motivieren für künftige strittige Fragen, insbesondere wenn es
um Infrastrukturprojekte in der Stadt geht.“Es tauge aber nicht jedes Thema dazu, eine Befragung mittels 2000 Unterschriften zu initiieren und dann zu
mobilisieren. „Das muss schon Gewicht haben. Nur wegen dieses Ergebnisses wird die direkte Demokratie jetzt nicht zu einem Selbstläufer“, sagte der Politologe. Es komme daher auf den Einzelfall an, auf die Atmosphäre, die sich aufbaue, und in welchem Ausmaß die Proponenten dann in der Lage seien, zu mobilisieren. „Die Politik ist aber nicht gefordert, jedem Ergebnis zu folgen“, sagte Mühlböck. Etwa
wenn es eine Einigung über Parteigrenzen hinweg zu einem Projekt gebe.
„Direkte Demokratie wird deswegen nicht zum Selbstläufer.“Uni Salzburg