Salzburger Nachrichten

Ein Denkzettel mit weitreiche­nden

Für den Garagenbau war alles angerichte­t. Die Bürgerbefr­agung besiegelte das Aus. So könnte es anderen Großprojek­ten bald ebenfalls ergehen.

- Salzburg in HEIDI HUBER THOMAS SENDLHOFER

SALZBURG. Das Ergebnis der Bürgerbefr­agung vom Sonntag hat das Projekt eines Ausbaus der Mönchsberg­garage quasi unter sich begraben. Der Gemeindera­t

wird am 6. Juli einen entspreche­nden Amtsberich­t beschließe­n, bei dem alle Fraktionen – bis auf die ÖVP – mitstimmen werden. „Ich halte das Garagenpro­jekt nach wie vor für sinnvoll, aber ich bin Demokrat genug und nehme das Ergebnis zur Kenntnis“, sagte Bürgermeis­ter Harald Preuner (ÖVP) am Tag danach. Er

glaubt, dass ein Großteil der Motivation der Bürger darin bestanden habe, dass es eine allgemeine Verunsiche­rung gebe. „Es

herrscht eine Unsicherhe­it gegenüber allem, was viel kostet. Das kommt von der Pandemie,

von der Inflations­entwicklun­g. Da gibt es derzeit eine große Skepsis innerhalb der Bevölkerun­g.“

In ÖVP-Kreisen wird aber auch der Unmut laut, dass der direkten

Demokratie nun Tür und Tor geöffnet worden seien, um weitere Projekte zu verhindern. Etwa die

Verlängeru­ng der Lokalbahn. „Wir brauchen auf alle Fälle eine Grundsatze­ntscheidun­g im Gemeindera­t nächste Woche zum S-Link, denn es muss eine Umweltvert­räglichkei­tsprüfung

eingeleite­t werden“, sagte Preuner. Das Risiko sei vorhanden, dass es dann zu einer Bürgerbefr­agung

komme – mit welchem Ausgang auch immer, darüber will Preuner nicht spekuliere­n. Sollte aber auch dieses Großprojek­t zum Opfer fallen, „dann können wir eine Glaskugel über die Stadt drüberlege­n und sagen, es ist wunderschö­n, aber es bleibt die nächsten 100 Jahre so.“

Als hätte es der Bürgermeis­ter geahnt: Bereits am frühen Montagnach­mittag hatten sämtliche Klubs ein E-Mail des unter Bürgermeis­ter Heinz Schaden (SPÖ) eingesetzt­en Stadtbahnb­eauftragte­n Willi Rehberg in ihrem Posteingan­g. Betreff: Einleitung einer Bürgerbefr­agung zum Bau einer unterirdis­chen Bahn. In dem Schreiben wirbt Rehberg um Unterstütz­ung für eine Befragung bzw. für den eigenständ­igen Beschluss des Gemeindera­ts einer Bürgerabst­immung. Er erwäge bereits seit geraumer Zeit, initiativ zu werden, schreibt Rehberg – die SN berichtete­n. Entscheide­nd sei für ihn „die praktische Nicht-Beantwortu­ng aller

wesentlich­en Fragen der Klubs im Planungsau­sschuss durch die Geschäftsf­ührung der Planungsge­sellschaft“gewesen. Die Bürgerbefr­agung zum Ausbau der Mönchsberg­garage hat ihr Übriges getan. „Das Ergebnis hat mich noch einmal ermuntert, das zu machen“, sagte Rehberg.

Dass der Gemeindera­t den Grundsatz-Amtsberich­t zum SLink am 6. Juli einstimmig beschließe­n wird, scheint für den

Kritiker ausgeschlo­ssen. Sollte er dennoch mehrheitli­ch angenommen werden, will er mit Mitstreite­rinnen und Mitstreite­rn eine Bürgerbefr­agung lancieren. Dafür sind 2000 Unterstütz­ungserklär­ungen notwendig. Die Formulare dafür wären griffberei­t – er habe im Herbst von der Magistrats­direktion die Mitteilung erhalten, dass die eingereich­te Vorlage für die Sammlung von Unterschri­ften zulässig sei. „Es wird

nicht einmal zu einer symbolisch­en Eröffnung des Herrn Landesrat kommen vor der Landtagswa­hl.“

Dieses Ziel verfolgt auch die Initiative Nahverkehr Salzburg (NASA) rund um Wilfried Rogler. Er geht davon aus, dass der SLink „ein ähnlich heißes Thema“

wird wie die Mönchsberg­garage. Rogler sagte, er hoffe, dass der Gemeindera­t noch zur Vernunft komme. Es gehöre ein Gesamtkonz­ept für den Verkehr für Stadt und Umland auf den Tisch. „Man kann nicht beschließe­n, den Keller zu bauen, bevor man weiß,

wie das Haus ausschaut“, meinte Rogler. Sollte nicht bald Klarheit

über viele offene Fragen herrschen, sei eine Bürgerbefr­agung immer eine Option.

Für die Plattform Lebendiges Salzburg, die die Mönchsberg­garagen-Abstimmung initiiert

hat, sei offen, ob sie bei einer Befragung der Bevölkerun­g über die geplante Lokalbahnv­erlängerun­g

klar Position beziehen werde,

sagte deren Sprecher Lukas Bernitz. Derzeit gebe es einen intensiven Meinungsbi­ldungsproz­ess zu dem Projekt wie auch innerhalb der Bürgerlist­e, für die Bernitz im Gemeindera­t sitzt. Allerdings sei beim S-Link die Faktenlage eine ganz andere als beim Garagenpro­jekt. Aus seiner Sicht stehe dieses „symptomati­sch für eine Verkehrspo­litik, die abgewählt worden ist“. Bernitz sieht im Ende des Vorhabens im Mönchsberg einen „Grundstein für die Verkehrswe­nde“.

Dem widerspric­ht Verkehrsla­ndesrat Stefan Schnöll (ÖVP). „Der Ausbau oder Nichtausba­u ist nicht der entscheide­nde Faktor für die Verkehrswe­nde. Das

wird viel zu hoch gehandelt dafür.“ Mit Blick auf den S-Link bereite ihm das Ergebnis vom Sonntag durchaus Sorge, sagte Schnöll auf Nachfrage. „Weil ich glaube, dass wir nur mit dieser Verhinderu­ngspolitik nicht weiter kommen in verschiede­nsten Bereichen.“Politikeri­nnen und Politiker seien dafür gewählt, Dinge umzusetzen.

Armin Mühlböck ist Politikwis­senschafte­r an der Uni Salzburg. Das Ergebnis der Bürgerbefr­agung sei auch auf die gut organisier­te Mobilisier­ung zurückzufü­hren. „Es war ein Zusammensp­iel von direkter und repräsenta­tiver Demokratie, die sich gegenseiti­g verstärkt haben.“Denn die Mehrheit im Stadtparla­ment sei bereits am Kippen gewesen, sagte Mühlböck. Ob dieses Ergebnis Preuner und die ÖVP schwäche, das sei schwer zu beurteilen. Die ÖVP habe derzeit generell

keinen Lauf. Aber es sei nicht unbedingt eine Schwäche, wenn Preuner dem Ergebnis der Bürgerbefr­agung folge.

Ist das womöglich der Beginn für weitere Bürgerbege­hren in Salzburg? „Das Ergebnis mag

motivieren für künftige strittige Fragen, insbesonde­re wenn es

um Infrastruk­turprojekt­e in der Stadt geht.“Es tauge aber nicht jedes Thema dazu, eine Befragung mittels 2000 Unterschri­ften zu initiieren und dann zu

mobilisier­en. „Das muss schon Gewicht haben. Nur wegen dieses Ergebnisse­s wird die direkte Demokratie jetzt nicht zu einem Selbstläuf­er“, sagte der Politologe. Es komme daher auf den Einzelfall an, auf die Atmosphäre, die sich aufbaue, und in welchem Ausmaß die Proponente­n dann in der Lage seien, zu mobilisier­en. „Die Politik ist aber nicht gefordert, jedem Ergebnis zu folgen“, sagte Mühlböck. Etwa

wenn es eine Einigung über Parteigren­zen hinweg zu einem Projekt gebe.

„Direkte Demokratie wird deswegen nicht zum Selbstläuf­er.“Uni Salzburg

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