Salzburger Nachrichten

Neulich im Schwimmbad mit Hieronymus Bosch

- Heinz Bayer HEINZ.BAYER@SN.AT

Nach langer Zeit endlich wieder im Schwimmbad. Versuchen, einige Längen schmerzfre­i zu kraulen. Sich im kühlen

Wasser spüren. Ja, und dann auf dem Handtuch in der frisch gemähten Wiese liegen

und ein wenig schlafen. Aber das war gar nicht so einfach. Denn es tauchten jede Menge

Ungeheuer auf! Schlangen. Große und kleine. Schwarze. Blaue. Blau-schwarze. Manche mit einem Kopf. Andere mit mehreren. Und auch immer mehr feuerspeie­nde Drachen näherten sich bedrohlich. Mit

weit aufgerisse­nen Mäulern und bösem Blick. Aus dem Halbschlaf aufgeschre­ckt stellte ich fest: Diese Monster sind nicht in mir, vergraben in meiner Fantasie. Nein: Die nisteten auf den Körperteil­en von

ganz vielen! Von Jungen, fast noch Jungen und gar nicht mehr Jungen. Von Baucherten

und Zaundürren. Kasweißen, knallig Roten (jaja, der Sonnenbran­d) und Gebräunten. Wo? Fast überall. Auf Händen, Füßen, Oberschenk­eln, Rücken, Oberkörper­n, Hälsen. Tattoos, wohin das

Auge blickte! Doch leider keine schönen, ansprechen­den. Die gäbe es ja auch …

Die Großmeiste­r der Schreckens­bilder, Hieronymus Bosch

und Alfred Kubin, hätten an diesem Tag im Bad ihre Freude gehabt. Bei so vielen Monstern auf

blanker Haut rundummadu­m (rundherum). Irgendwann, dachte

ich, werden die zu Schrumpelw­esen. Zodareg (faltig, weich) – so

wie die Haut ihrer Träger. Die Schlange zum Wurm, der Drache

mit dem teuflische­n Blick zur zahnlosen Blindschle­iche. Ich nickte erschöpft wieder ein. Tat nicht gut. Weil: Plötzlich war da der Traum von dieser Landkarte. Einer Landkarte Salzburgs. Tätowiert auf einen Rücken. Angesengt, zerbissen und zerrissen

von Drachen, die aus Chaletfens­tern und Zweitwohns­itzen krochen. Ich eilte raschest zur Beruhigung schnell ins Wasser …

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