Hier speisen Gäste Innereien bei Technoklängen
Auf der Speiereckhütte bringen Wirt und Küchenchef ein Stück Berlin in den Lungau. Warum sie auf 2066 Metern Leber und Niere anbieten.
MAUTERNDORF. Küchenchef Heinz Simmerl öffnet die Ofentür. Auf einem Blech darin liegen in zwei Reihen Nieren. Eine Spezialität auf der Speiereckhütte, erklären Simmerl und der Wirt der Speiereckhütte, Leonhard Minutillo. Die beiden Steirer bieten auf dem Berg im Lungau seit fünf Jahren regionale Küche an –
mit einem ungewöhnlichen Konzept.
Küchenchef und Hüttenwirt kennen sich nicht erst seit fünf Jahren: Beide lebten über 20 Jahre in Berlin und führten dort zuletzt ein Feinkostgeschäft mit Imbiss.
Den Berlinern boten die Steirer österreichische Küche an, vom
Schnitzel bis zum Käferbohnensalat. Als Minutillo sich schließlich vor fünf Jahren entschied, die deutsche Hauptstadt zu verlassen und in den Salzburger Lungau zu ziehen, kam Simmerl
kurzerhand mit. Auf der Speiereckhütte bieten sie regionale Küche mit traditionellen Zutaten an. Die Speisen unterscheiden sich dennoch von jenen auf vielen Hütten. Spezialitäten von Küchenchef Heinz Simmerl sind Gerichte mit Innereien. Ob Niere, Leber, Kalbsbries oder Beuschel,
bei Simmerl kommt alles auf den Teller. „Mir ist es wichtig, das gesamte Tier zu verwenden“, sagt der Küchenchef, der auch der ehemalige Privatkoch von Modedesigner Wolfgang Joop ist.
Die Nieren waren bei 160 Grad für 40 Minuten im Ofen, verrät
Simmerl. Zuvor hatte er diese mit Speck umwickelt und von beiden Seiten in der Pfanne scharf angebraten. Aus dem Rohr kommen sie schließlich in perfekter Textur: innen weich und außen
knusprig. Zur geschmorten Rinderniere vom Atterseer Bio-Galloway-Bullen
reicht der Küchenchef Kartoffelbrei,
Speckchip und Erbseneis. „Auch ein Eis
kann Teil einer Hauptspeise sein“, so Simmerl. Ihm
gehe es bei der Zusammenstellung der Gerichte immer um das Spiel heiß und kalt. „Ziel ist es, ein harmonisches Bild auf dem Teller zu erreichen.“Warum gerade Innereien auf der Speiereckhütte auf die Teller kommen? Dazu sagt Minutillo: „Ganz einfach,
weil ich sie gerne mag und sie Heinz gut zubereiten kann.“
Wer sich auf der Lungauer Hütte aber nicht über die Innereien traut, bekommt dort auch
klassische Gerichte. Auf der sich regelmäßig wechselnden Karte sind Spinatknödel genauso zu finden, wie eine Brettljause oder Kaiserschmarrn. Ebenfalls beliebt sind auf der Speiereckhütte die Kasknödel, sagt der Wirt, der in Mauterndorf aufgewachsen ist. „Die Kasknödel macht die Mauser-Oma für uns.“Minutillo serviert einen Knödel in einer
Rindsuppe – wahlweise kann dieser auch mit Salat bestellt werden. Ein Mal pro Woche backt der Küchenchef Sauerteigbrot und
Weißbrot. Das Brot ist auch Teil des Frühstücks, das Minutillo
und Simmerl ihren Übernachtungsgästen anbieten.
Die ÖTK-Hütte ist auch bei Familien beliebt – im Sommer wie im Winter. Sie liegt im Skigebiet Grosseck-Speiereck. Zu erreichen ist sie zu Fuß von Mauterndorf in etwa 3,5 Stunden. Wer es
bequemer mag, kann diese jedoch auch mit der Seilbahn erreichen. Zwei Mal im Jahr bringt
Wirt Leonhard Minutillo den Hüttenboden zum Beben: Ein
Mal im Winter und ein Mal im Sommer findet am Speiereck eine Technoparty statt. Dafür lädt der
Wirt DJs aus Berlin ein – heuer findet die Party am 20. August statt. Aber an den restlichen Tagen im Jahr sind auf der Speiereckhütte weder Trachtenmusik noch Après-Ski-Hits zu hören.
Wie das bei den Gästen im Lungau ankommt? „Gut“, sagt der Hüttenwirt. „Oft kommen Leute rein, die positiv überrascht sind
und meinen, dass sie sich wegen der lockeren Atmosphäre wie in Berlin fühlen.“
Minutillo ist kein gelernter Gastronom. Bis 2015 war er in der
IT-Branche tätig, bis er sich entschied, dort auszusteigen. Warum er von Berlin zurück nach Salzburg wollte? „Ich
wollte zurück in die Heimat und auch schon immer eine Hütte betreiben.“Die Speiereckhütte stand zwei Jahre leer, bis sie Minutillo und sein Bruder Philipp Steinlechner, Geschäftsführer der Bergbahnen Lungau, übernommen haben. Damals sei ihnen zum Neubau der Hütte geraten worden, sagt Minutillo. Doch sie entschieden sich dafür, die
Hütte zu renovieren und gleichzeitig ihren alten Kern freizulegen. Denn: Die Speiereckhütte ist
bereits über 100 Jahre alt. An die alte Hütte wurde jedoch in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter angebaut und alte Balken und Wände mit Holzbrettern verkleidet. Minutillo und Steinlechner haben diese beim Umbau entfernt und die rustikalen Balken im Gastraum wieder freigelegt.
Der Hüttenwirt möchte das Speiereck in Zukunft noch mehr für junges Publikum interessant
machen. Künftig soll es dort die Möglichkeit geben, im Homeoffice zu arbeiten. „Wir haben eine super Internetverbindung.“