Wahl diesmal ganz ohne Frauen?
Die Präsidentschaftswahl am 9. Oktober wird nach heutigem Stand eine reine Männersache. Auch sonst könnte sich die Wahl deutlich von früheren Hofburg-Wahlgängen unterscheiden.
WIEN. Es ist angerichtet. Mit der Nominierung von Volksanwalt Walter Rosenkranz durch die FPÖ steht das
Kandidatenfeld für die Bundespräsidentenwahl am 9. Oktober in groben Zügen fest. Und was fällt auf? Es ist keine Frau dabei. Das gab es schon lange nicht mehr. 1980 – also
vor 42 Jahren – kandidierte zum letzten Mal keine Frau für das höchste Amt im Staat. Seither gab es im ersten Wahlgang immer zumindest eine Kandidatin.
Ausgeschlossen ist das auch diesmal nicht. Die Bewerbungsfrist endet erst am 2. September. Bis zu diesem Tag kann jede oder jeder, die oder der die Bedingungen erfüllt
und mindestens 6000 Unterstützungserklärungen hat, eine Kandidatur anmelden. Mehrere Einzelpersonen und Vertreter diverser Initiativen haben angekündigt, sich
bewerben zu wollen. Da könnte auch noch eine Frau darunter sein.
Lange Zeit sah es so aus, als würde FPÖ-Chef Herbert Kickl dem doch schon älteren Amtsinhaber
Alexander Van der Bellen eine junge Frau als Herausforderin entgegenstellen. Warum er das schließlich
nicht getan hat, darüber gehen die Meinungen auseinander. Die oberösterreichische Nationalratsabgeordnete Susanne Fürst war von
Kickl noch vor Kurzem als „ganz
heiße Aktie“in der Kandidatenfrage genannt worden. Sie scheint sich um eine Nominierung für einen
Wahlkampf mit ungewissem Ausgang aber nicht wirklich gerissen zu
haben. Auch ist es möglich, dass Kickl zu dem Schluss kam, dass der
klassische FPÖ-Wähler keine Frau in der Hofburg will.
Und ebenso ist es denkbar, dass Kickl deswegen auf Fürst verzichtete, weil sie als Verfassungssprecherin in der Coronapandemie eine sehr ausgeprägte Anti-Maßnahmenund Anti-Impf-Linie vertreten hat. Damit lag sie zwar voll auf Kickl-Kurs, aber eventuell möchte der FPÖ-Obmann die Positionierung
Im Herbst könnte Proteststimmung herrschen
im Coronaleugner-Eck langsam aufgeben. Immerhin hat er damit nur die impfkritische MFG groß
gemacht, die nun mit ihrem Parteichef Michael Brunner auch bei der Hofburg-Wahl antritt.
Walter Rosenkranz ist coronamäßig unauffällig. Er war geschäftsführender FPÖ-Klubobmann während der türkis-blauen Koalition, hat also sozusagen Regierungserfahrung. Und: Er repräsentiert als Burschenschafter den Kern
der Partei. Im FPÖ-Präsidium wurde er einstimmig nominiert. Wie er außerhalb der Partei ankommt, wird sich zeigen. Manche sehen ihn als
Notlösung an, weil Kickl niemand anderen gefunden hat.
Die Latte für Rosenkranz (der nicht mit Barbara Rosenkranz, der FPÖ-Kandidatin 2010, verwandt ist)
liegt bei 15 bis 20 Prozent. Im gleichen Wählerteich wie er fischen
wollen MFG-Kandidat Michael Brunner und der frühere FPÖ- und BZÖ-Politiker Gerald Grosz. Relativ
fix scheint auch die Kandidatur von Bierpartei-Chef Dominik Wlazny alias „Marco Pogo“.
Über allem schwebt Alexander Van der Bellen. Alles andere als eine
Wiederwahl des Amtsinhabers bereits im ersten Wahlgang wäre eine große Überraschung. Denn das haben bisher noch alle Bundespräsidenten geschafft, die ein zweites Mal angetreten sind. Die Ergebnisse
bei der Wiederwahl lagen zwischen 55,4 Prozent (Adolf Schärf 1963)
und 79,9 Prozent (Rudolf Kirchschläger 1980).
Wo sich da Alexander Van der Bellen einreiht, ist derzeit nicht abzuschätzen, da der Wahlgang um die Hofburg diesmal stark von externen Faktoren geprägt sein dürfte. Der Krieg in der Ukraine, die Teuerung, die drohende Energieknappheit im Herbst und eine zu befürchtende neue Coronawelle mit dann
notwendigen einschränkenden Maßnahmen könnten eine Proteststimmung hervorrufen, die wohl zulasten Van der Bellens ginge. Hingegen haben mehrere seiner Kontrahenten versprochen, im Falle ihrer Wahl zum Bundespräsidenten als erste Amtshandlung die türkisgrüne Regierung zu entlassen.