Der Kandidatenkreis für Johnsons Nachfolge wird enger
Gleichzeitig verschärft sich der Ton im Rennen um das Amt. Hauptziel der verbalen Attacken ist Favorit Rishi Sunak.
LONDON. Acht Kandidatinnen und Kandidaten haben sich am Mittwoch dem Votum der 358 ToryAbgeordneten im britischen Parlament gestellt. Wer mehr als 30 Stimmen erhielt, der blieb vorerst im Rennen um das Amt des Tory-Parteichefs und Premierministers bzw. der -Parteichefin und Premierministerin. Unter den potenziellen Erben von Boris Johnson gehörten zu den aussichtsreichsten Kandidaten und Kandidatinnen die amtierende
Außenministerin Liz Truss, Handelsstaatsministerin Penny Mordaunt und Ex-Finanzminister Rishi Sunak.
Sie bekamen am Mittwoch auch die meisten Stimmen. Zwei der acht
Kandidaten schieden aus, Ex-Außenminister Jeremy Hunt (28 Stimmen) und Finanzminister Nadhim Zahawi (25 Stimmen). Das parteiinterne
Prozedere der Tories sieht vor, dass die Abstimmungen so lang
fortgesetzt werden, bis zwei Kandidaten übrig sind. Diese sollen sich dann einer Stichwahl der Parteimitglieder über den Sommer stellen. Ein Johnson-Nachfolger soll am 5. September gekürt werden.
Als Favorit im parteiinternen Auswahlprozess gilt Ex-Finanzminister Rishi Sunak. Er hat am Mittwoch auch mit Abstand die meisten Stimmen (88) auf sich vereinen können, ihm folgten Handelsstaatsministerin Penny Mordaunt (67) und Außenministerin Liz Truss (50).
Vor allem Sunak gegenüber wurde in der Partei zuletzt der Ton rauer. Kulturministerin Nadine Dorries
bezichtigte sein Team „schmutziger Tricks“, um sich einen Vorteil zu
verschaffen. Sunak-Unterstützer hätten Ex-Gesundheitsminister Jeremy Hunt Stimmen geliehen, um einen leicht zu schlagenden Kandidaten in die Endrunde zu bringen, so der Vorwurf.
Brexit-Staatssekretär Jacob ReesMogg griff Sunak ebenfalls an. Der
Ex-Finanzminister habe „wirtschaftlich schädliche“Steuererhöhungen durchgesetzt, sagte ReesMogg dem Sender Sky News. Sunaks Steuerpolitik hatte er zuvor sogar mit Sozialismus, ein Schimpfwort unter britischen Konservativen, verglichen. Sowohl Dorries als auch Rees-Mogg gelten als treue
Johnson-Anhänger. Beide sprachen sich für Außenministerin Truss als
dessen Nachfolgerin aus.
Sunak wird vorgeworfen, Johnson in seiner Zeit als Finanzminister in den Rücken gefallen zu sein. Medien spekulierten, Johnson-Getreue arbeiteten daran, den bisherigen Favoriten zu Fall zu bringen.
Der scheidende Premier Boris Johnson hat sich bei der wöchentlichen Fragestunde im Parlament am Mittwoch kämpferisch gezeigt. Er sei stolz auf die Teamarbeit und die Führung seiner Amtszeit und er fügte hinzu: „Ich werde bald erhobenen Hauptes gehen.“Am Mittwoch sollte auch ein Misstrauensvotum im britischen Parlament abgehalten werden. Allerdings sollte es sich auf das Vertrauen in die gesamte Regierung und nicht nur auf
Johnson beziehen. Einen Antrag der Labour-Opposition auf ein Votum gegen Johnson allein hatte die Regierung abgeblockt.
Sieger der ersten Runde ist Rishi Sunak