Beim Fliegen wird die Luft dünner
Die Zeit der ultrabilligen Ticketpreise scheint vorbei zu sein, die Preise steigen. Wie die aktuellen Krisen – hohe Treibstoffpreise, Corona, Personalmangel – den Umbau in der internationalen Luftfahrt beschleunigen.
WIEN. Das lang herbeigesehnte Sommergeschäft in der Luftfahrt erreicht gerade seinen Höhepunkt – aber die Freude über die traditionell
buchungsstärkste Zeit des Jahres ist auch im dritten Sommer seit Ausbruch der Coronapandemie nicht ganz ungetrübt.
Vielen Fluggesellschaften gelingt es nicht, ihre hochfliegenden Erwartungen sicher auf den Boden zu
bekommen und in klingende Münze zu verwandeln. Die stark gestiegenen Treibstoffpreise machen den ursprünglich optimistischen Prognosen ebenso einen Strich durch die Rechnung wie zuletzt wieder
rasch steigende Corona-Infektionszahlen. Zudem sorgen Personalengpässe an manchen Flughäfen sowie Überlastungen in stark frequentierten Abschnitten für Verspätungen und Ärger bei Passagieren.
All das hat dazu geführt, dass mehrere Airlines ihre Gewinnerwartungen zurücknehmen, weitere Flüge streichen oder sich überhaupt komplett von manchen Strecken verabschieden müssen.
Jüngstes Beispiel dafür ist die Lufthansa, die am Mittwoch weitere 2000 Flüge bis Ende August aus dem Programm streichen musste. Es ist bereits die dritte Welle von Flugabsagen der AUA-Mutter in diesem Sommer. Bisher hat sie den Ausfall von 3770 Flügen im Juli und August angekündigt, jetzt steigt diese Zahl auf knapp 5800. Und niemand kann sagen, ob das schon das Ende der Fahnenstange ist.
Bei der AUA seien Streichungen in diesem Ausmaß nicht erforderlich, sagt eine Sprecherin. Es gebe immer wieder kurzfristige „Anpassungen“vor allem wegen der steigenden Zahl von Coronaerkrankungen bei Besatzungsmitgliedern.
Ausfälle oder Zusammenlegungen von Flügen würden das übliche Ausmaß aber nicht übersteigen.
Auch in anderen Bereichen der Luftfahrt spießt es sich. Der Londoner Großflughafen Heathrow muss im Hochsommer die Zahl der abfliegenden Passagiere bei 100.000 Personen täglich deckeln. Das liegt
bis zu einem Fünftel unter den Spitzenwerten der Zeit vor Corona. So
wurden im Sommer 2019 bis zu 125.000 Personen täglich in Heathrow abgefertigt.
Für Branchenexperten liegt auf der Hand, dass das aktuelle Zusammentreffen mehrerer Krisen – Treibstoff, Corona, Personalmangel
und Infrastrukturüberlastungen – den längst eingeleiteten Strukturwandel der internationalen Luftfahrt rapid beschleunigen wird.
Das wahrscheinlichste Szenario bringt Ryanair-Chef Michael O’Leary so auf den Punkt: „Übrig bleiben
werden drei Gruppen um die Lufthansa, um British Airways/IAG und
Air France/KLM – und Ryanair als größter Billigfluganbieter.“Viele andere würden geschluckt oder aus dem Markt ausscheiden.
Für Passagiere bedeutet das weniger Auswahl beim Angebot – und somit höhere Ticketpreise. Mehrere
Airlines sehen sich gezwungen, wegen der gestiegenen Treibstoffkosten die Ticketpreise anzuheben. Die
neue AUA-Chefin Annette Mann
stellte bereits „um ein paar Euro“
höhere Tarife in Aussicht, auf der Langstrecke könnten 50 bis 100 Euro dazukommen. Auch Wizz Air kündigt steigende Flugpreise an, sie
würden noch im Sommer „um 5 bis 10 Prozent“steigen. Ryanair-Chef O’Leary schließt je nach Ölpreisentwicklung höhere Preise ebenso wenig aus. Er sei dabei aber weniger unter Druck, weil man sich über sogenanntes Hedging günstige Einkaufspreise gesichert habe.
Während Mitbewerber wie Easyjet oder Wizz Air ihr Programm zurückfahren oder sich ganz zurückziehen, fahren die Iren ein Expansionsprogramm. Im Winter will man die Zahl der Ziele ab Wien um drei –
Kopenhagen, Helsinki und Tuzla – auf 70 Destinationen aufstocken
und zu Verstärkung dafür auch Boeing-737-Modelle der Töchter Malta
Air und Buzz nach Wien holen.
„Nur Ryanair wächst in Österreich.“