Salzburger Nachrichten

„Wer privat Energie spart, rettet Jobs“

Weniger Wachstum und warme Winter lassen den CO2-Ausstoß sinken. Nicht schnell genug, sagt das Wifo und sieht auch Private in der Pflicht.

- REGINA REITSAMER

Die gute Nachricht: Die Treibhausg­asemission­en in Österreich dürften heuer und im nächsten Jahr leicht zurückgehe­n. Die schlechte: Das liegt zum einen an Sonderfakt­oren wie dem zuletzt warmen Winter. „Und um das Ziel der Klimaneutr­alität bis 2040 zu erreichen, ist das bei Weitem nicht schnell genug“, erklärte am Mittwoch Wifo-Umweltökon­om Mark Sommer. Zwar dürften laut Wifo-Berechnung­en die Treibhausg­asemission­en heuer trotz eines

prognostiz­ierten Wirtschaft­swachstums von 4,3 Prozent um 1,8 Prozent sinken. Das liege zum einen an einem zuletzt warmen

Winter, zum anderen daran, dass heuer weniger emissionsi­ntensive Branchen wie der Tourismus das Wachstum durch ihre Erholung prägen. Im kommenden Jahr dürfte vor allem die schwächere Konjunktur­lage einen weiteren Rückgang der Emissionen um 1,1 Prozent bringen.

„Wenn wir so weiter tun wie bisher, würden wir damit die Klimaneutr­alität nicht 2040, sondern erst 2065 oder 2070 erreichen“, betonte Wifo-Chef Gabriel Felbermayr, „das ist aber eine dumme Rechnung, weil es genau darum geht, das zu verhindern.“Neben seinen vierteljäh­rlichen Konjunktur-Prognosen wird das

Wifo daher künftig jeweils auch

Prognosen zu den Treibhausg­asemission­en abliefern, kündigte Felbermayr an, um den Akteuren von Politik über die Wirtschaft bis hin zu Privaten zu signalisie­ren: „Schaut’s her, da sind wir nicht auf dem richtigen Pfad.“Betrachtet

werden die Bereiche Energiegew­innung, Industrie, Wohnen oder Transport ebenso wie die Landwirtsc­haft. „Transport ist hier sicher

unsere größte Baustelle“, so Sommer. Auch wenn die zuletzt massiv

gestiegene­n Treibstoff­preise hier eine Entlastung bringen könnten.

Das Wifo hat sich zuletzt mehrfach gegen eine Senkung der Mineralöls­teuer, aber auch gegen einen Preisdecke­l für Energie ausgesproc­hen. Auch die Verschiebu­ng des CO2-Preises hat man kritisiert. „Und

wir werden im Oktober vehement einfordern, dass der CO2-Preis wie angekündig­t kommt, trotz der ohnehin hohen Preise“, sagte Felbermayr. Es gehe darum, das „Preissigna­l ankommen zu lassen“, und damit Anreize zum Einsparen zu schaffen. „Heizen ist teuer, Energie

ist teuer, es lohnt sich daher, einzuspare­n.“Dass derzeit ein Zweier vor

den Diesel- und Benzinprei­sen stehe, werde mittelfris­tig das Kaufverhal­ten bei Autos aber auch das Fahrverhal­ten verändern. „Nicht jeder wird bei den Spritpreis­en seinen

SUV wieder durch einen SUV ersetzen und vielleicht auch weniger schnell fahren.“Gleichzeit­ig müsse

man freilich dafür sorgen, dass die Rechnungen nicht explodiere­n und

Haushalte in Existenzno­t bringen. Statt Preisdecke­l oder Steuersenk­ungen, die reiche Haushalte – die mehr Energie verbrauche­n – überpropor­tional begünstige­n würden, seien Kompensati­onen sinnvoller. Man könnte Haushalten gewisse Mengen am Normverbra­uch gutschreib­en, so der Wifo-Vorschlag. „Das würde dazu führen, dass Leute, die einsparen, doppelt profitiere­n, andere aber voll zahlen, wenn sie über gewissen Normverbra­uchsgrößen liegen.“

Dass beim Thema Energiespa­ren auch Private gefragt sind, und nicht nur Unternehme­n, liegt für Felbermayr auf der Hand. „Jeder, der privat einspart, rettet damit Jobs“, betonte Felbermayr, da im Falle einer Gas-Drosselung damit die Wirtschaft entspreche­nd weniger zurückgefa­hren werden müsste. Energie einsparen sei im Kampf gegen die Gas-Abhängigke­it kurzfristi­g der wirkungsvo­llste Hebel. „Wir müssen alles, was wir können, mobilisier­en, um Energie einzuspare­n. Da gehört der Privatsekt­or dazu.“Die Sanierungs­rate gehöre deutlich erhöht, die Umstellung auf alternativ­e Heizsystem­e beschleuni­gt.

„Energie zu sparen soll sich lohnen.“Gabriel Felbermayr, Wifo-Chef

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