Salzburger Nachrichten

Alpe d’Huez: 21 Kehren in den Radsport-Himmel

Vor dem Tour-Höhepunkt am französisc­hen Nationalfe­iertag verliert Tadej Pogačar sein Gelbes Trikot.

- MICHAEL SMEJKAL

21 Kehren, die in verkehrter Reihenfolg­e nummeriert sind, ein exakt 13,8 Kilometer langer

Anstieg mit einer durchschni­ttlichen Steigung von 8,1 Prozent und entlang der Serpentine­n bis zu eine

halbe Million Fans: Das sind die Fakten zum Höhepunkt der Tour de France, der Bergankunf­t in Alpe d’Huez. Die Etappe ist nicht zufällig am heutigen französisc­hen Nationalfe­iertag eingeplant und wird auch das Highlight der diesjährig­en Frankreich-Rundfahrt – und vielleicht auch eine Vorentsche­idung bringen.

Dabei: Die Auffahrt in den gesichtslo­sen Winterspor­t-Retortenor­t wurde eigentlich sehr spät für den Radsport entdeckt. 1952 fuhr

man erstmals nach Alpe d’Huez, um ein neues Element zu testen: die

Bergankunf­t. Fausto Coppi gewann die Premiere, doch die Begeisteru­ng

unter Fahrern und Reportern hielt sich in engen Grenzen. Den Sinn

von Bergankünf­ten wollte damals keiner so recht erkennen. Erst 1976 kam die Tour wieder auf die Kehren, die heute aus dem Radsport nicht mehr wegzudenke­n sind.

Das hat auch mit dem Italiener Marco Pantani zu tun. Er machte sich auf dem genau 13,8 km langen

Aufstieg sportlich unsterblic­h, die Strecke absolviert­e er im Jahr 1995 in der Rekordzeit von 36:50 Minuten – schneller war seither niemand mehr.

Alpe d’Huez ist aber auch der höchste Berg der Niederländ­er. Warum die niederländ­ischen Radfans ausgerechn­et hier ihre Idole so anfeiern, ist nicht ganz klar, doch

längst gibt es hier den eigenen „Dutch Corner“: Kehre sieben ist

ganz in der Hand der Oranjes. Wer an der Strecke einen Platz ergattern

will, der sollte schon ein bis zwei Tage vorher da sein – und auch einen Tag für die Abreise einplanen. Denn die bis zu 500.000 Zuschauern

müssen die enge Bergstraße

nach dem Rennen auch wieder retour, was viele Stunden dauern kann.

Auch die Ausgangsla­ge könnte heuer kaum spannender sein: Der

bis dato unantastba­re Slowene Tadej Pogačar musste Mittwoch erstmals Federn lassen. Wie erwartet wurde er von den Teams JumboVisma (Jonas Vingegaard) und Ineos (Geraint Thomas) ständig unter Druck gesetzt, sein nach drei Corona-Ausfällen gehandicap­tes Team UAE konnte Pogačar kaum helfen. Das machte sich sich am Schlussans­tieg bemerkbar, Pogačar brach

nach einer Attacke seines schärfsten Verfolgers Vingegaard völlig ein. Der Däne übernahm mit einem Solosieg das Gelbe Trikot und liegt nun sogar 2:26 Minuten vor Pogačar, der nur noch Dritter ist.

„Ich kann es noch nicht glauben. Davon habe ich immer geträumt“,

meinte Vingegaard. „Wir haben viel Risiko genommen, aber ich hätte das ohne meine Teamkolleg­en nie

geschafft. Jetzt geht der Kampf um das Gelbe bis Paris weiter.“

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BILD: SN/IMAGO/PANORAMIC INTERNATIO­NAL 21 Kehren führen hinauf nach Alpe d’Huez.

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