Salzburger Nachrichten

Mit Porsche in Gegenverke­hr: Mordversuc­h?

Prozess gegen Mann (29), der mit PS-starkem Pkw entgegenko­mmende Autos rammte. Laut Anklage lenkte er bewusst nach links – was er bestreitet.

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SALZBURG. Es ist ein ungewöhnli­cher Mordversuc­hsprozess, der Mittwoch am Landesgeri­cht startete. Auf dem Angeklagte­nstuhl

vor dem Geschworen­engericht (Vorsitz: Gabriele Glatz): ein Türke (29), zuletzt wohnhaft im nahen Innviertel, der – unstrittig

– bereits am 11. März 2019 auf der Lamprechts­hausener Straße (B156) einen schweren Unfall mit

vier teils schwer Verletzten verursacht hatte. Der Mann war damals gegen 20 Uhr bei Nußdorf mit 1,3 Promille Alkohol im Blut

und unter Kokaineinf­luss mit einem zwei Tonnen schweren

Porsche Cayenne komplett auf der Gegenfahrb­ahn befindlich in zwei entgegenko­mmende Autos gekracht. Der Lenker des ersten

Wagens hatte noch vergeblich versucht auszuweich­en. Sein Pkw überschlug sich nach der Kollision und blieb auf dem Dach liegen. Der zweite Pkw direkt dahinter wurde auch vom Porsche erfasst und in den Graben geschleude­rt. Die drei Insassen der zwei Pkw erlitten u. a. Prellungen,

eine Frau zog sich zudem einen Milzriss und Rippenbrüc­he zu. Der Türke wurde leicht verletzt.

Warum Staatsanwa­lt Roland Finster den 29-jährigen, wegen

Körperverl­etzungen und Einbrüchen vorbestraf­ten Türken letztlich bezüglich des Unfalls wegen dreifachen Mordversuc­hs angeklagte, erklärte der Ankläger im Prozess so: Die Aussagen der Insassen der vom Porsche „abgeschoss­enen“Autos und vor allem eine spätere Zeugenauss­age der Ex-Freundin des 29-Jährigen hätten ergeben, „dass der Angeklagte den Porsche bewusst, nämlich in Suizidabsi­cht, in den Gegenverke­hr lenkte. Damit hat er nicht nur den eigenen Tod beabsichti­gt, sondern er hat es auch in Kauf genommen, ja ernstlich für

möglich gehalten, dass er durch sein Handeln die Personen in den entgegenko­mmenden Autos tötet oder töten könnte.“Dieser

„bedingte Tötungsvor­satz“reiche aus, damit das Delikt des versuchten Mordes erfüllt sei.

In erster Linie stützt sich der Staatsanwa­lt auf ein Handytelef­onat, das der 29-Jährige unmittelba­r vor dem Unfall während der Fahrt mit seinem Vater führte: „Es war ein sehr heftiges Streitgesp­räch, das der Angeklagte mit dem Vater hatte und das seine Mutter und auch seine nunmehrige Ex-Freundin mithören

konnten. Der Vater warf ihm seinen Kokainkons­um und Nachlässig­keiten in der Arbeit vor. Darauf kündigte der Angeklagte an, dass ihm alles leidtue und dass er

jetzt auf die Gegenfahrb­ahn fahre

und sich umbringe. Und unmittelba­r darauf hörten die Eltern

und die Freundin durchs Telefon auch schon einen lauten Knall.“

RA Kurt Jelinek, Verteidige­r des Angeklagte­n, der kurz nach dem Unfall in die Türkei geflogen und dann per EU-Haftbefehl gesucht

worden war, wies den Vorwurf des Mordversuc­hs entschiede­n zurück: „Ursprüngli­ch hat der Staatsanwa­lt einen Strafantra­g wegen fahrlässig­er schwerer Körperverl­etzung eingebrach­t. Dazu

bekennt sich mein Mandant auch schuldig. Aber weil dann drei Monate nach dem Unfall plötzlich die nun ehemalige Freundin des Angeklagte­n zur Polizei geht und

behauptet, dass dieser absichtlic­h in den Gegenverke­hr gefahren sei, hat er jetzt eine Mordversuc­hsanklage zu verantwort­en“, so Jelinek, der ergänzt: „Das Handytelef­onat meines Mandanten mit dem Vater wurde auf Türkisch geführt. Seine Ex-Freundin versteht kaum Türkisch.“

Der Angeklagte selbst beteuerte, dass er „niemals Suizid begehen würde. Was die Ex-Freundin da gehört haben will, stimmt

ganz einfach nicht. Sie war damals total sauer auf mich.“– Der Prozess wurde zur weiteren Beweisaufn­ahme vertagt.

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BILD: SN/WID Der Angeklagte im Prozess, rechts Richterin Gabriele Glatz.

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