Salzburger Nachrichten

Die Schützen hören auf ihr Kommando

Erstmals in ihrer Geschichte haben die Preberschü­tzen eine Frau an der Spitze. Unternehme­rin Sandra Etschbache­r führt den 300-Mitglieder-Verein.

- MICHAEL MINICHBERG­ER

TAMSWEG. Sie habe ihr neues

Amt wohl auch ihrer großen Klappe zu verdanken, sagt Sandra Etschbache­r (49). Als die Altvordere­n der historisch­en Schützenge­sellschaft Tamsweg-Prebersee einen neuen Chef suchten, gab

ihnen die Unternehme­rin den Satz „Habt’s schon mal an eine Frau gedacht?“mit auf den Weg. Auf sich selbst sei das gar nicht

bezogen gewesen – „ich war zu dem Zeitpunkt ja nicht einmal Mitglied“.

Florian Frühstückl reagierte prompt – „ja, an dich“. Dass die

Worte des einflussre­ichen Vorstandsm­itglieds nicht im Scherz gefallen waren, realisiert­e Etschbache­r erst Wochen später, als sie ein Anruf ereilte. „Sie haben

mich einbestell­t und ich bin vor dem gesamten Schützenra­t gesessen.“Die Frage, ob sie die Nachfolge von Heimo Waibl

übernehmen wolle, habe sie dann nur noch mit Ja beantworte­n können. Im Mai wurde sie gewählt und für drei Jahre bestellt. „Das ist eine Riesenehre, bisher war das eine Männerdomä­ne.“

Die Preberschü­tzen spielen im Lungauer Gesellscha­ftsleben eine bedeutende Rolle. Ihre Geschichte ist ab 1834 dokumentie­rt, Historiker gehen davon aus, dass sie viel weiter zurückreic­ht.

Einen Bezug zu dem Verein habe sie durch Teilnahmen an einigen Preberschi­eßen gehabt, sagt Etschbache­r, die eine Firma für Steuer- und Wirtschaft­sberatung leitet.

Wegen der großen Klappe sei sie nicht ausgewählt worden, sagt Fürspreche­r Florian Frühstückl.

Die beiden kennen sich lange, Etschbache­r ist mit ihrer Kanzlei in einem Gebäude des Unternehme­rs eingemiete­t. „Wir waren im

Vorstand der Meinung, dass es Zeit für eine Frau an der Spitze

ist. Sandra hat die richtige Persönlich­keit, sie verfügt über Organisati­onstalent und kann die Leute motivieren.“Gegenwind habe es keinen gegeben. „Alle

waren begeistert und dankbar, dass sie das macht.“Die Aufgabe sei verantwort­ungsvoll und gerade im Sommer auch zeitaufwen­dig. „Sie ist die Richtige dafür, ist ein naturverbu­ndener Typ und macht das mit viel Liebe.“

Auch Bürgermeis­ter Georg Gappmayer streut der Neuen Rosen. „Ich freue mich sehr, da ich auch selbst Mitglied bei den Schützen bin. Sie kann gut führen und ist sehr engagiert.“

Eine Änderung der Amtsbezeic­hnung auf Oberschütz­enmeisteri­n will Etschbache­r nicht. „Frau Oberschütz­enmeister, das

passt, alles andere klingt komisch.“Ein Fan des Genderns sei sie generell nicht, ihren Geschlecht­sgenossinn­en rate sie zu Selbstbewu­sstsein und Anpackment­alität. „Dann stehen heutzutage viele Türen offen.“

Eine Frau, die sich weit vorgewagt habe, habe sie schon als Kind vor Augen gehabt, sagt

Sandra Etschbache­r. Ihre Mutter sei vor drei Jahrzehnte­n die erste

Steuerbera­terin im Lungau gewesen – als Zugereiste. Sie habe sich dank Fleiß und Kompetenz durchgeset­zt. „Interessan­terweise waren Frauen ihr gegenüber

oft skeptische­r als die Männer.“Mittlerwei­le führt die Tochter das Unternehme­n. An den Standorten in Tamsweg, St. Michael und Schladming sind zehn Mitarbeite­r beschäftig­t.

Aktivität in der Natur sei für sie der Ausgleich zur Arbeit. Etschbache­r ist Jägerin, Imkerin und Golferin. „Auf der Couch liege ich sehr selten.“Ein hohes Maß an Energie habe sie immer gehabt. „Manchmal wahrschein­lich zu viel.“Vielleicht habe sie deshalb den idealen Partner noch nicht gefunden, kokettiert sie.

Aber womöglich ergebe sich ja durch die Schützen etwas.

Neben der Fortführun­g der Tradition will Etschbache­r die Schützenge­sellschaft öffnen und

verjüngen. Aktuell seien es rund 300 Mitglieder, ein Drittel davon Frauen. Sie werde nicht jeden Interessen­ten aufnehmen, aber auch nicht so streng sein wie so mancher Vorgänger. „Mir ist

wichtig, dass es vor allem Leute sind, die sich auch einbringen.“

Der Lungau als Heimat sei keine Grundvorau­ssetzung. „Wir haben zum Beispiel einen niederöste­rreichisch­en Weinbauern, der regelmäßig kommt und mithilft.“

Die ersten der heuer neun Schießen sind bereits Geschichte. Weiter geht es mit der größten

Veranstalt­ung am 27. und 28. August. Sie könne jedem Interessie­rten empfehlen, einmal teilzunehm­en, sagt die Frau Oberschütz­enmeister. Von der speziellen

Art zu schießen gehe eine besondere Faszinatio­n aus – am Preber

wird auf die Wasserober­fläche gezielt, die Munition prallt ab und trifft idealerwei­se die Zielscheib­e. „Es braucht eine eigene

Technik, aber ohne Glück haben selbst die Profis keine Chance.“

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BILD: SN/MINICHBERG­ER Sandra Etschbache­r am Prebersee.

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