Die Schützen hören auf ihr Kommando
Erstmals in ihrer Geschichte haben die Preberschützen eine Frau an der Spitze. Unternehmerin Sandra Etschbacher führt den 300-Mitglieder-Verein.
TAMSWEG. Sie habe ihr neues
Amt wohl auch ihrer großen Klappe zu verdanken, sagt Sandra Etschbacher (49). Als die Altvorderen der historischen Schützengesellschaft Tamsweg-Prebersee einen neuen Chef suchten, gab
ihnen die Unternehmerin den Satz „Habt’s schon mal an eine Frau gedacht?“mit auf den Weg. Auf sich selbst sei das gar nicht
bezogen gewesen – „ich war zu dem Zeitpunkt ja nicht einmal Mitglied“.
Florian Frühstückl reagierte prompt – „ja, an dich“. Dass die
Worte des einflussreichen Vorstandsmitglieds nicht im Scherz gefallen waren, realisierte Etschbacher erst Wochen später, als sie ein Anruf ereilte. „Sie haben
mich einbestellt und ich bin vor dem gesamten Schützenrat gesessen.“Die Frage, ob sie die Nachfolge von Heimo Waibl
übernehmen wolle, habe sie dann nur noch mit Ja beantworten können. Im Mai wurde sie gewählt und für drei Jahre bestellt. „Das ist eine Riesenehre, bisher war das eine Männerdomäne.“
Die Preberschützen spielen im Lungauer Gesellschaftsleben eine bedeutende Rolle. Ihre Geschichte ist ab 1834 dokumentiert, Historiker gehen davon aus, dass sie viel weiter zurückreicht.
Einen Bezug zu dem Verein habe sie durch Teilnahmen an einigen Preberschießen gehabt, sagt Etschbacher, die eine Firma für Steuer- und Wirtschaftsberatung leitet.
Wegen der großen Klappe sei sie nicht ausgewählt worden, sagt Fürsprecher Florian Frühstückl.
Die beiden kennen sich lange, Etschbacher ist mit ihrer Kanzlei in einem Gebäude des Unternehmers eingemietet. „Wir waren im
Vorstand der Meinung, dass es Zeit für eine Frau an der Spitze
ist. Sandra hat die richtige Persönlichkeit, sie verfügt über Organisationstalent und kann die Leute motivieren.“Gegenwind habe es keinen gegeben. „Alle
waren begeistert und dankbar, dass sie das macht.“Die Aufgabe sei verantwortungsvoll und gerade im Sommer auch zeitaufwendig. „Sie ist die Richtige dafür, ist ein naturverbundener Typ und macht das mit viel Liebe.“
Auch Bürgermeister Georg Gappmayer streut der Neuen Rosen. „Ich freue mich sehr, da ich auch selbst Mitglied bei den Schützen bin. Sie kann gut führen und ist sehr engagiert.“
Eine Änderung der Amtsbezeichnung auf Oberschützenmeisterin will Etschbacher nicht. „Frau Oberschützenmeister, das
passt, alles andere klingt komisch.“Ein Fan des Genderns sei sie generell nicht, ihren Geschlechtsgenossinnen rate sie zu Selbstbewusstsein und Anpackmentalität. „Dann stehen heutzutage viele Türen offen.“
Eine Frau, die sich weit vorgewagt habe, habe sie schon als Kind vor Augen gehabt, sagt
Sandra Etschbacher. Ihre Mutter sei vor drei Jahrzehnten die erste
Steuerberaterin im Lungau gewesen – als Zugereiste. Sie habe sich dank Fleiß und Kompetenz durchgesetzt. „Interessanterweise waren Frauen ihr gegenüber
oft skeptischer als die Männer.“Mittlerweile führt die Tochter das Unternehmen. An den Standorten in Tamsweg, St. Michael und Schladming sind zehn Mitarbeiter beschäftigt.
Aktivität in der Natur sei für sie der Ausgleich zur Arbeit. Etschbacher ist Jägerin, Imkerin und Golferin. „Auf der Couch liege ich sehr selten.“Ein hohes Maß an Energie habe sie immer gehabt. „Manchmal wahrscheinlich zu viel.“Vielleicht habe sie deshalb den idealen Partner noch nicht gefunden, kokettiert sie.
Aber womöglich ergebe sich ja durch die Schützen etwas.
Neben der Fortführung der Tradition will Etschbacher die Schützengesellschaft öffnen und
verjüngen. Aktuell seien es rund 300 Mitglieder, ein Drittel davon Frauen. Sie werde nicht jeden Interessenten aufnehmen, aber auch nicht so streng sein wie so mancher Vorgänger. „Mir ist
wichtig, dass es vor allem Leute sind, die sich auch einbringen.“
Der Lungau als Heimat sei keine Grundvoraussetzung. „Wir haben zum Beispiel einen niederösterreichischen Weinbauern, der regelmäßig kommt und mithilft.“
Die ersten der heuer neun Schießen sind bereits Geschichte. Weiter geht es mit der größten
Veranstaltung am 27. und 28. August. Sie könne jedem Interessierten empfehlen, einmal teilzunehmen, sagt die Frau Oberschützenmeister. Von der speziellen
Art zu schießen gehe eine besondere Faszination aus – am Preber
wird auf die Wasseroberfläche gezielt, die Munition prallt ab und trifft idealerweise die Zielscheibe. „Es braucht eine eigene
Technik, aber ohne Glück haben selbst die Profis keine Chance.“