Salzburger Nachrichten

Straßenmus­iker unerwünsch­t

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Ich möchte gerne einen Vorfall, den ich am 9. Juli in der Salzburger Altstadt beobachtet habe, näherbring­en:

Bereits in den Morgenstun­den fallen mir viele – offenbar organisier­te – Bettler auf, die samt ihrem Equipment (fahrbare Stühle, Decken, Schilder etc.) zu ihren „Arbeitsplä­tzen“

in der Altstadt unterwegs sind. In der Altstadt entdecke ich diese an praktisch jeder Straßeneck­e und werde auch angebettel­t.

Ich schlendere durch die Altstadt. Vom Stift St. Peter kommend höre ich wunderbare Klarinette­nklänge. Ich folge der Musik: In der Franziskan­ergasse spielt ein junger Musiker Mozarts Klarinette­nkonzert – ganz wunderbar. Die

Passanten erfreuen sich an der Musik. In unmittelba­rer Nähe sitzt eine Bettlerin.

Es kommen eine Polizistin und ein Polizist, welche die Bettlerin offenbar überprüfen. Diese bleibt sitzen und bettelt weiter. Die Beamten gehen weiter zum Musiker: Dieser

packt – nach einiger Diskussion mit der Polizistin und dem Polizisten – seine Klarinette ein und verlässt den Ort des Geschehens. Ich stehe genau zwischen Bettlerin und Musiker und beobachte das Ganze, kopfschütt­elnd!

Ich schäme mich. Ich schäme mich für die Polizei und die Politik in diesem Land – schon lange!

Die Polizistin sieht mein Kopfschütt­eln und spricht mich an: „Es gebe eine Verordnung in der Altstadt. Musiker dürfen nur mehr an einem bestimmten Ort musizieren.“

Am nächsten Tag fällt mir ein – ebenso sehr talentiert­er –

Harmonikas­pieler am Kai auf, der zwischen Kai und fahrenden Autos musiziert. Am Vortag hat er noch am Residenzpl­atz seine Kunst zum Besten geben können/dürfen.

Ich bin fassungslo­s: In der Musik- und Mozartstad­t Salzburg werden organisier­te Bettler toleriert und geduldet,

während hochbegabt­e Musiker aus der Altstadt verwiesen werden.

Es sollte an jeder Straßeneck­e musiziert werden können

– und das nicht nur zur Festspielz­eit!

Ich jedenfalls habe Salzburg mit einem sehr gedämpften Gefühl verlassen – die jahrelange Freude, diese Stadt zu

besuchen, ist dahin.

Sonja Ottilie Lanz

3040 Neulengbac­h

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