Fluggram statt Flugscham
Wenn die Preise steigen, dürfen die Kunden mehr Service erwarten, nicht weniger. Daran sollten sich die Airlines erinnern.
Wer in diesem Sommer einen Flug bucht, der kann seltsame Kapriolen erleben: etwa dass der Businessflug samt Essen und zwei Koffern mitunter billiger ist als das Ticket in der Economy-Class mit Handgepäck.
Da ist etwas durcheinandergeraten in der Welt des Fliegens. Österreichs einstiger Staats-Carrier Austrian
Airlines, heute eine Tochter der deutschen Lufthansa, ist mit solchen Seltsamkeiten nicht allein. Die
Lufthansa verkauft wegen Engpässen auf Flughäfen zeitweise nur noch die allerteuerste Ticketkategorie, um Flugwillige vom Buchen abzuhalten.
Laut AUA sind Preisumkehrungen wie oben erwähnt die Ausnahme, weil im Sommer schon mal die Business-Class leer ist und die Eco voll. Generell kosten Flugtickets laut AUA derzeit um 20 bis 30 Prozent mehr als vor der Coronapandemie. Für den Einzelnen, der nach Paris fliegen will, hat ein solcher Durchschnittsvergleich aber keine Bedeutung.
Ja, Fliegen ist teurer geworden, aber nicht auf jeder Strecke und nicht zu jeder Zeit. Mit ihren ausgeklügelten Preismanagement-Systemen steuern Fluglinien jeden einzelnen Sitz je nach Buchungslage im Preis. Und Billigairlines fliegen weiter für 29 oder 39 Euro. Ein geplantes Gesetz, wonach Ticketpreise zumindest Steuern und Gebühren abdecken müssen, harrt im
Klimaministerium seiner Fertigstellung.
Preise sind in einem funktionierenden Markt das Ergebnis von Angebot und Nachfrage und nicht von Berechnungen paritätischer Kommissionen. Die Prognose, dass Flugscham und Corona den Menschen die Lust aufs Reisen und Fliegen ausgetrieben haben,
war Unsinn. Griechenland und Spanien melden Touristenrekorde, während die Flugbranche immer noch mit reduzierter Kapazität arbeitet.
Ob ein Preis zu hoch scheint, hängt auch von der Leistung ab, die ich für mein Geld bekomme. Das haben viele Airlines vergessen: Eine Flugstreichung
wird per SMS mit dem Satz „Ihre Reisepläne haben sich geändert“ankündigt (Lufthansa), Check-in-Prozeduren werden zum Wettlauf gegen die Zeit (Ryanair), an Bord ist kaum ein Glas Wasser gratis zu bekommen (Wizz) und Anrufer hängen Stunden in der Leitung, bis jemand erreichbar ist (AUA). Kein Wunder, dass Passagiere den Eindruck gewinnen, sie hätten zu viel bezahlt für das, was sie bekommen.
Fliegen war einst etwas Besonderes und gemessen an den Einkommen wirklich teuer. Das ist heute
nicht mehr so, und das ist gut so. Etwas mehr Leistung dürfen sich die Kunden aber schon erwarten,
wenn die Preise steigen.