Salzburger Nachrichten

Fluggram statt Flugscham

Wenn die Preise steigen, dürfen die Kunden mehr Service erwarten, nicht weniger. Daran sollten sich die Airlines erinnern.

- Monika Graf

Wer in diesem Sommer einen Flug bucht, der kann seltsame Kapriolen erleben: etwa dass der Businessfl­ug samt Essen und zwei Koffern mitunter billiger ist als das Ticket in der Economy-Class mit Handgepäck.

Da ist etwas durcheinan­dergeraten in der Welt des Fliegens. Österreich­s einstiger Staats-Carrier Austrian

Airlines, heute eine Tochter der deutschen Lufthansa, ist mit solchen Seltsamkei­ten nicht allein. Die

Lufthansa verkauft wegen Engpässen auf Flughäfen zeitweise nur noch die allerteuer­ste Ticketkate­gorie, um Flugwillig­e vom Buchen abzuhalten.

Laut AUA sind Preisumkeh­rungen wie oben erwähnt die Ausnahme, weil im Sommer schon mal die Business-Class leer ist und die Eco voll. Generell kosten Flugticket­s laut AUA derzeit um 20 bis 30 Prozent mehr als vor der Coronapand­emie. Für den Einzelnen, der nach Paris fliegen will, hat ein solcher Durchschni­ttsverglei­ch aber keine Bedeutung.

Ja, Fliegen ist teurer geworden, aber nicht auf jeder Strecke und nicht zu jeder Zeit. Mit ihren ausgeklüge­lten Preismanag­ement-Systemen steuern Fluglinien jeden einzelnen Sitz je nach Buchungsla­ge im Preis. Und Billigairl­ines fliegen weiter für 29 oder 39 Euro. Ein geplantes Gesetz, wonach Ticketprei­se zumindest Steuern und Gebühren abdecken müssen, harrt im

Klimaminis­terium seiner Fertigstel­lung.

Preise sind in einem funktionie­renden Markt das Ergebnis von Angebot und Nachfrage und nicht von Berechnung­en paritätisc­her Kommission­en. Die Prognose, dass Flugscham und Corona den Menschen die Lust aufs Reisen und Fliegen ausgetrieb­en haben,

war Unsinn. Griechenla­nd und Spanien melden Touristenr­ekorde, während die Flugbranch­e immer noch mit reduzierte­r Kapazität arbeitet.

Ob ein Preis zu hoch scheint, hängt auch von der Leistung ab, die ich für mein Geld bekomme. Das haben viele Airlines vergessen: Eine Flugstreic­hung

wird per SMS mit dem Satz „Ihre Reisepläne haben sich geändert“ankündigt (Lufthansa), Check-in-Prozeduren werden zum Wettlauf gegen die Zeit (Ryanair), an Bord ist kaum ein Glas Wasser gratis zu bekommen (Wizz) und Anrufer hängen Stunden in der Leitung, bis jemand erreichbar ist (AUA). Kein Wunder, dass Passagiere den Eindruck gewinnen, sie hätten zu viel bezahlt für das, was sie bekommen.

Fliegen war einst etwas Besonderes und gemessen an den Einkommen wirklich teuer. Das ist heute

nicht mehr so, und das ist gut so. Etwas mehr Leistung dürfen sich die Kunden aber schon erwarten,

wenn die Preise steigen.

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