Der Nicht-Wahlkampf nimmt Fahrt auf
„Ein.Land.Tour“versus „100 Prozent für Österreich“: Pamela Rendi-Wagner und Karl Nehammer tingeln in diesen Wochen durch Österreich. Der eine will Kanzler bleiben, die andere Kanzlerkandidatin werden.
WIEN. Ein Rundgang durch die Kremser Innenstadt, und das an der Seite ihres Intimfeinds, des niederösterreichischen SPÖ-Chefs Franz Schnabl. Ein Abstecher in die burgenländische Musicalmetropole Mörbisch, wo der ebenfalls nicht eben zu ihrem Fanclub zählende LH
Hans Peter Doskozil das Sagen hat. Ein Besuch im Sicherheitszentrum Langenlois. Szenenwechsel nach Innsbruck, wo sie mit Parteichef Georg Dornauer – auch er nicht immer der loyalste ihrer Parteifreunde
– vor die Medien tritt. Und an diesem Donnerstag ein Auftritt in Linz mit dem dortigen Parteichef: SPÖVorsitzende Pamela Rendi-Wagner tourt derzeit durch Österreich, trifft dort, wie man der Berichterstattung auf der SPÖ-Homepage entnehmen kann, hauptsächlich „entspannte“und „gut gelaunte“Menschen und wirbt dabei heftig für die SPÖ-Petition „Teuerungswahnsinn stoppen!“.
Alles in allem macht die von der Partei so genannte „Ein.Land.Tour“ der SPÖ-Vorsitzenden den Eindruck eines heftigen Zwischenwahlkampfs. Wenngleich dies ein Sprecher der SPÖ auf Anfrage zurückweist: Gerade in Zeiten wie diesen sei es der Parteivorsitzenden ein
Anliegen, „zu zeigen, dass wir als Sozialdemokratie konkrete Modelle
und Konzepte haben, um die großen Krisen zu bekämpfen“. Dass Rendi diese Modelle und Konzepte jüngst
bei einem „ZiB 2“-Auftritt nur heftig verstolpert über die Rampe brachte, sieht man in der SPÖ nicht so: Die
Parteichefin sei bewusst missverstanden worden, heißt es. Nun gehe
es darum, den Rückenwind zu nützen, den die SPÖ verspüre: „Wir führen in allen Umfragen und sind mit einer völlig instabilen Bundesregierung konfrontiert.“
Dieser Befund stammt zwar aus dem Munde des SPÖ-Sprechers, doch etliche ÖVP-Leute beurteilen die Situation nicht viel anders. Die
jüngste Unique-Research-Umfrage für das „Profil“weist für die türkise
Kanzlerpartei nur noch 22 Prozent aus, während die SPÖ bei der 29Prozent-Marke liegt – mit steigender Tendenz. In der sogenannten
Kanzlerfrage liegt der amtierende Regierungschef Karl Nehammer
nur noch zwei Punkte vor seiner roten Kontrahentin (18 bzw. 16 Prozent – beides sind extrem niedrige
Werte). Einige Wiener Blätter wollen bereits eine im ÖVP-Untergrund schwelende Ablösedebatte um Karl Nehammer ausgemacht haben. Und die vor Landtagswahlen stehende Tiroler ÖVP hat alle Hände damit zu tun, Meldungen zu dementieren, wonach sie Nehammer im Wahlkampf nicht dabeihaben
wolle. Völlig falsch, der Bundesparteichef sei „selbstverständlich und zu jeder Zeit in Tirol herzlich
willkommen“, hielt die Tiroler ÖVP am Donnerstag via APA fest.
Kein Wunder jedenfalls, dass auch Karl Nehammer derzeit durch Österreich tourt. Ganz ähnlich wie Rendi-Wagner, nur dass sein Tourmotto nicht „Ein.Land.Tour“heißt, sondern „100 Prozent für Österreich“. Es sind „mehrere Bundesländertage vorgesehen, er trifft Funktionäre, er will die Menschen über die Entlastungspakete informieren“,
sagt ein ÖVP-Sprecher. Auch andere hochrangige ÖVP-Politiker seien quer durch Österreich unterwegs, insgesamt gebe es 200 Veranstaltungen. Ein Zwischenwahlkampf? „Keineswegs“, versichert der ÖVP-Sprecher fast gleichlautend mit seinem SPÖ-Kollegen.
Und dennoch dienen die Österreich-Rundfahrten Rendis und Nehammers der Profilierung für die nächste Nationalratswahl: Beide müssen um ihren Status als Spitzenkandidat kämpfen. Sind es bei Nehammer die schlechten Umfragewerte, die seine mächtigen Parteifreunde nervös machen, ist es bei Rendi der Umstand, dass sie als rote
Kanzlerkandidatin keineswegs gesetzt ist. Wie ihr ihre Parteifreunde
von Doskozil abwärts regelmäßig ausrichten.
Fazit: Der August gilt zwar als innenpolitikarme Zeit. Es dürfte den Bürgerinnen und Bürgern aber einigermaßen schwerfallen, bei einem allfälligen Österreich-Urlaub nicht einem „nicht wahlkämpfenden“Spitzenpolitiker in die Arme zu laufen.