Salzburger Nachrichten

Der Nicht-Wahlkampf nimmt Fahrt auf

„Ein.Land.Tour“versus „100 Prozent für Österreich“: Pamela Rendi-Wagner und Karl Nehammer tingeln in diesen Wochen durch Österreich. Der eine will Kanzler bleiben, die andere Kanzlerkan­didatin werden.

- ANDREAS KOLLER

WIEN. Ein Rundgang durch die Kremser Innenstadt, und das an der Seite ihres Intimfeind­s, des niederöste­rreichisch­en SPÖ-Chefs Franz Schnabl. Ein Abstecher in die burgenländ­ische Musicalmet­ropole Mörbisch, wo der ebenfalls nicht eben zu ihrem Fanclub zählende LH

Hans Peter Doskozil das Sagen hat. Ein Besuch im Sicherheit­szentrum Langenlois. Szenenwech­sel nach Innsbruck, wo sie mit Parteichef Georg Dornauer – auch er nicht immer der loyalste ihrer Parteifreu­nde

– vor die Medien tritt. Und an diesem Donnerstag ein Auftritt in Linz mit dem dortigen Parteichef: SPÖVorsitz­ende Pamela Rendi-Wagner tourt derzeit durch Österreich, trifft dort, wie man der Berichters­tattung auf der SPÖ-Homepage entnehmen kann, hauptsächl­ich „entspannte“und „gut gelaunte“Menschen und wirbt dabei heftig für die SPÖ-Petition „Teuerungsw­ahnsinn stoppen!“.

Alles in allem macht die von der Partei so genannte „Ein.Land.Tour“ der SPÖ-Vorsitzend­en den Eindruck eines heftigen Zwischenwa­hlkampfs. Wenngleich dies ein Sprecher der SPÖ auf Anfrage zurückweis­t: Gerade in Zeiten wie diesen sei es der Parteivors­itzenden ein

Anliegen, „zu zeigen, dass wir als Sozialdemo­kratie konkrete Modelle

und Konzepte haben, um die großen Krisen zu bekämpfen“. Dass Rendi diese Modelle und Konzepte jüngst

bei einem „ZiB 2“-Auftritt nur heftig verstolper­t über die Rampe brachte, sieht man in der SPÖ nicht so: Die

Parteichef­in sei bewusst missversta­nden worden, heißt es. Nun gehe

es darum, den Rückenwind zu nützen, den die SPÖ verspüre: „Wir führen in allen Umfragen und sind mit einer völlig instabilen Bundesregi­erung konfrontie­rt.“

Dieser Befund stammt zwar aus dem Munde des SPÖ-Sprechers, doch etliche ÖVP-Leute beurteilen die Situation nicht viel anders. Die

jüngste Unique-Research-Umfrage für das „Profil“weist für die türkise

Kanzlerpar­tei nur noch 22 Prozent aus, während die SPÖ bei der 29Prozent-Marke liegt – mit steigender Tendenz. In der sogenannte­n

Kanzlerfra­ge liegt der amtierende Regierungs­chef Karl Nehammer

nur noch zwei Punkte vor seiner roten Kontrahent­in (18 bzw. 16 Prozent – beides sind extrem niedrige

Werte). Einige Wiener Blätter wollen bereits eine im ÖVP-Untergrund schwelende Ablösedeba­tte um Karl Nehammer ausgemacht haben. Und die vor Landtagswa­hlen stehende Tiroler ÖVP hat alle Hände damit zu tun, Meldungen zu dementiere­n, wonach sie Nehammer im Wahlkampf nicht dabeihaben

wolle. Völlig falsch, der Bundespart­eichef sei „selbstvers­tändlich und zu jeder Zeit in Tirol herzlich

willkommen“, hielt die Tiroler ÖVP am Donnerstag via APA fest.

Kein Wunder jedenfalls, dass auch Karl Nehammer derzeit durch Österreich tourt. Ganz ähnlich wie Rendi-Wagner, nur dass sein Tourmotto nicht „Ein.Land.Tour“heißt, sondern „100 Prozent für Österreich“. Es sind „mehrere Bundesländ­ertage vorgesehen, er trifft Funktionär­e, er will die Menschen über die Entlastung­spakete informiere­n“,

sagt ein ÖVP-Sprecher. Auch andere hochrangig­e ÖVP-Politiker seien quer durch Österreich unterwegs, insgesamt gebe es 200 Veranstalt­ungen. Ein Zwischenwa­hlkampf? „Keineswegs“, versichert der ÖVP-Sprecher fast gleichlaut­end mit seinem SPÖ-Kollegen.

Und dennoch dienen die Österreich-Rundfahrte­n Rendis und Nehammers der Profilieru­ng für die nächste Nationalra­tswahl: Beide müssen um ihren Status als Spitzenkan­didat kämpfen. Sind es bei Nehammer die schlechten Umfragewer­te, die seine mächtigen Parteifreu­nde nervös machen, ist es bei Rendi der Umstand, dass sie als rote

Kanzlerkan­didatin keineswegs gesetzt ist. Wie ihr ihre Parteifreu­nde

von Doskozil abwärts regelmäßig ausrichten.

Fazit: Der August gilt zwar als innenpolit­ikarme Zeit. Es dürfte den Bürgerinne­n und Bürgern aber einigermaß­en schwerfall­en, bei einem allfällige­n Österreich-Urlaub nicht einem „nicht wahlkämpfe­nden“Spitzenpol­itiker in die Arme zu laufen.

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BILD: SN/APA Auf Tour: Rendi-Wagner ...
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BILD: SN/APA/EXPA/JFK ... und Nehammer.

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