Bedrohungslage durch Terror kaum verändert
Islamistische Szene mobilisiert – Experte sieht auch im Rechtsextremismus eine große Gefahr.
WIEN. Die Bedrohungslage in Österreich und Europa habe sich seit dem Terroranschlag in Wien am 2. November 2020 kaum verändert, warnt Terrorismusexperte Nicolas Stockhammer. Nach
wie vor sei das Bedrohungspotenzial relativ hoch. Die größte Gefahr gehe von Islamisten aus.
Seit Pandemiebeginn habe es zwar weniger Anschläge, aber
mehr Verhaftungen im islamistischen Milieu gegeben. Die Onlinepropaganda habe in den vergangenen zwölf Monaten stark zugenommen, die islamistische
Szene werde mobilisiert. Besonders in sozialen Medien versuchten
Islamisten Anhänger zu finden. Die Kanäle verlagerten sich sehr schnell, die Sicherheitsbehörden kämen oft nicht hinterher. „Ein Problem für Verfassungsschützer in ganz Europa ist, dass ihnen ausreichend geschultes Personal fehlt.“
In Österreich nehme der Verfassungsschutz derzeit eine Rekrutierungsoffensive vor, sagte Stockhammer. Grundsätzlich habe sich der Kampf gegen Terrorismus mit der Neuaufstellung des Verfassungsschutzes aber verbessert.
Dass der islamistische Terror durch die Tötung von Al-KaidaChef Aiman al-Zawahiri durch einen US-amerikanischen Drohnenangriff
geschwächt sei, glaubt Stockhammer nicht. Auf al-Zawahiri werde eine neue Figur folgen, meint Stockhammer. Derzeit fokussiere sich die Al Kaida auf Gegenden außerhalb Europas.
Eine ebenso große Gefahr gehe aber auch von Rechtsextremismus aus, wie diverse Waffenfunde und
vereitelte Gewalttaten zeigten, betont Stockhammer. Nicht außer acht zu lassen sei das Milieu der Coronaleugner, „Verschwörungsmythologen“und Staatsleugner, das ins Visier des Verfassungsschutzes
gerückt sei. „In der Terrorprävention müssen die Behörden ihre Kräfte bündeln, aber auch auf mehrere Gruppen aufteilen, im Kampf gegen den Dschihadismus ist das nicht
unbedingt förderlich.“Mittelfristig schließt er auch ein terroristisches
Potenzial bei Coronaleugnern nicht aus.