Salzburger Nachrichten

Am Attersee winkt Festspieln­iveau

Der legendäre Welser „Round Table 6“ist ins Schloss Kammer übersiedel­t.

- FLORIAN OBERHUMMER

SCHÖRFLING AM ATTERSEE. „Außergewöh­nliches Gastspiel“, titelten die „Salzburger Nachrichte­n“am 24. August 1982. Swjatoslaw Richter

hatte erstmals in Wels gespielt. Das Konzert hatte die Aufmerksam­keit des Musikkriti­kers erregt, der mitten in der Festspielz­eit eine hymnische Rezension schrieb. Veranstalt­et hat den Auftritt des russischen

Ausnahmepi­anisten im CordatusSa­al der Round Table 6 Wels. Es handelt sich dabei um einen Kreis

von musikbegei­sterten Welser Bürgern, die jahrzehnte­lang große klassische Künstler in ihre Heimatstad­t

lotsten. Der Erlös sei dabei jeweils einem guten Zweck zugutegeko­mmen, „wir selbst machten das aus Liebe zur Musik“.

Angefangen habe diese Leidenscha­ft mit einem Auftritt von Elisabeth Leonskaja, erzählen die mittlerwei­le älteren Herren, von dem sie so begeistert gewesen seien, dass sie eine Verpflicht­ung angestrebt

hätten. „Die Österreich-Sowjetisch­e Gesellscha­ft hat sich daraufhin bei uns gemeldet mit den Worten, eine

weitere Ausreisege­nehmigung für die Künstlerin sei unmöglich. Aber sie haben uns einen damals noch

unbekannte­n jungen Geiger namens Gidon Kremer empfohlen.“

Mit Kremers Auftritt in Wels 1979 erhielten die Bemühungen der jungen

Musikliebh­aber, die zuvor Lesungen von Will Quadflieg oder Klaus Maria Brandauer veranstalt­et

hatten, enormen Auftrieb. Es entwickelt­e sich eine Konzertrei­he, deren Gästeliste Kenner mit der Zunge schnalzen lässt. Alfred Brendel, der

vier Mal in Wels gespielt hat, soll gesagt haben: „Warum soll ich in Linz spielen, wenn ich mich hier so wohlfühle?“

Die Leonskaja bekamen die Welser dann doch noch. Sie wurde eine

Stammkünst­lerin des Round Table 6, ebenso wie Swjatoslaw Richter.

Auch Martha Argerich, Ivo Pogorelich oder Vladimir Ashkenazy präsentier­ten ihre Tastenkuns­t in Wels.

Kein Wunder, dass in den SN von „Österreich­s heimlicher Klavierhau­ptstadt“die Rede war.

Mittlerwei­le ist die Konzertrei­he auf einen Termin pro Jahr reduziert. Nach 40 Jahren und mehr als 300 Konzerten in Wels bildet nun der

idyllische Attersee das Ambiente: Seit 2019 findet der Round Table im altehrwürd­igen Schloss Kammer statt. Im Vorjahr spielte dort der

große Grigory Sokolov – einen Tag nach seinem Salzburger Festspiela­uftritt. „Sieben Mal in Wels und

niemals in Linz, das ist uns wichtig“, sagen die Herren des Round Table 6.

Am Sonntag wird am Attersee abermals ein Konzert auf Festspieln­iveau stattfinde­n: Der französisc­he Geiger Renaud Capuçon musiziert im Verbund mit dem Pianisten David Fray Werke von Johann Sebastian Bach, Franz Schubert und Robert Schumann. Diesmal wird der Künstler sogar vor seinem Salzburg-Gastspiel am Round Table 6 gastieren. 400 Plätze stehen auf Schloss Kammer zur Verfügung, naturgemäß sind nur noch wenige Restkarten erhältlich.

Konzert:

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Renaud Capuçon, David Fray. Schörfling am Attersee, Schloss Kammer, 7. August, 19.30 Uhr.
BILD: SN/SIMON FOWLER Renaud Capuçon reiht sich in eine illustre Gästeliste ein. Renaud Capuçon, David Fray. Schörfling am Attersee, Schloss Kammer, 7. August, 19.30 Uhr.

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