Voestalpine hat sich mit Gas eingedeckt
Die eingelagerte Menge reicht für ein Vierteljahr Produktion unter Vollauslastung, sollte Russland einen Gasstopp umsetzen.
WIEN, LINZ. Inmitten der sich zuspitzenden Energiekrise hat sich der Stahlkonzern Voestalpine reichlich
mit Gas eingedeckt. Die Speicher sind gefüllt. „Wir haben jetzt unser
Einspeicherziel von 1,5 Terawattstunden erreicht und denken, dass das eine sehr gute Vorbereitung für eine Krise bedeutet – drei Monate
Vollproduktion erachten wir im Moment für eine sehr gute Voraussetzung für das restliche Geschäftsjahr“, betonte Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner am Donnerstag.
Nach zuletzt noch Rekordgewinnen rechnet die Voestalpine für den
weiteren Jahresverlauf mit einer „deutlichen Abkühlung“der Konjunktur und somit auch des Geschäftsverlaufs. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen dürfte mit voraussichtlich zwei Milliarden Euro unter dem Vorjahreswert von 2,3 Milliarden Euro zu
liegen kommen, erwartet das Management.
Vorausgesetzt, dass Europa weiterhin ausreichend mit Erdgas versorgt wird „und auch zusätzliche,
derzeit kaum quantifizierbare Risiken wie Konjunkturentwicklung,
Störungen der Lieferketten, Kundenbedarfs-, Rohstoff- und Energiekostenentwicklung weiterhin beherrschbar bleiben“.
Im ersten Quartal 2022/23 (April bis Juni) hat das Unternehmen trotz massiv gestiegener Energiepreise, internationaler Lieferengpässe und anhaltender Einschränkungen in der Logistik mit einem mehr als verdoppelten Gewinn nach Steuern
von 615 Mill. Euro noch das „historisch beste Quartalsergebnis erwirtschaftet und damit an das letzte Geschäftsjahr angeknüpft“, in dem das „bisher beste Konzernergebnis“erzielt worden war. 2021/22 waren unter dem Strich 1,3 Mrd. Euro Gewinn geblieben, nach nur 31,7 Mill. Euro im Jahr davor.
Mit der nunmehr gebunkerten Gasmenge, die für ein Vierteljahr Produktion unter Vollauslastung
reicht, sieht sich der Konzernchef für „ein Worst-Case-Szenario, einen Gasstopp“aus Russland, ge
wappnet. „Das würde bedeuten, dass wir in dieser Zeit einen eingeschränkten Bedarf haben, wir
könnten Kunden noch beliefern und Anlagen runterfahren, ohne Beschädigungen zu haben“, umriss Eibensteiner die Lage bei einem kompletten Lieferstopp von russischem Gas. Aufträge könnten also noch abgearbeitet und die betroffenen Produktionsbereiche kontrolliert heruntergefahren werden.
Die Voest, die für die Herstellung ihrer Produkte überdurchschnittlich viel Energie benötigt,
ist dabei auf Gas angewiesen. „Gas ist für uns Prozessgas – das
ist schwer zu ersetzen, das ist ja auch der Grund, warum wir eingespeichert haben“, erklärte Eibensteiner. „Gleichzeitig haben wir uns Gas von nicht russischen Quellen gesichert, um sicherzustellen, dass wir nicht zu 100 Prozent von russischem Gas abhängig sind.“
Für den konzerneigenen Gasvorrat wurden bereits andere Quellen angezapft. Eibensteiner zufolge bezieht der Konzern
Flüssiggas (LNG, Liquid Natural Gas) aus Terminals in Südeuropa sowie Gas aus nordafrikanischen Quellen. Wie viel Prozent des Bedarfs nun bereits nicht russischer Herkunft sind, wollte der
Konzernchef nicht beziffern – es sei aber „schon eine wesentliche
Menge“.
„Wir haben unser Einspeicherziel von 1,5 Terawattstunden erreicht.“Herbert Eibensteiner, Voestalpine