Rätsel um „Obelisken“aus dem All gelöst
Anfang Juli krachte ein großer schwarzer Gegenstand in Australiens Hinterland. Nun bestätigte sich: Das Objekt stammt von einer SpaceX-Kapsel.
SYDNEY. Als Erster stolperte Mick Miners, ein Farmer im australischen Bundesstaat New South
Wales, über das große schwarze Trümmerteil. Es ragte wie ein Obelisk aus einer Wiese im weitläufigen Hinterland Australiens. Im ersten Moment dachte Miners noch, es
handle sich um einen toten Baum, doch eine nähere Inspektion zeigte:
Das mysteriöse Objekt war menschengemacht.
Experten, die herbeigerufen wurden, kamen zu dem Schluss: Es handelt sich um Schrott aus dem Weltraum. Australische Medien berichteten über den aufregenden Fund
und schnell wurde spekuliert, ob Elon Musks Raumfahrtfirma SpaceX dahinterstecken könnte. Ende dieser Woche kam nun die
Auflösung: Das Trümmerteil stammt tatsächlich von einer Kapsel von SpaceX – das bestätigten sowohl die Australian Space Agency (ASA) als auch SpaceX selbst. Inzwischen wurden sogar noch zwei weitere Teile in der Nähe gefunden, die ebenfalls von der gleichen Kapsel stammen sollen.
Brad Tucker, ein Astrophysiker der Australischen Nationaluniversität in der australischen Hauptstadt Canberra, ist der erste Ansprechpartner in Australien, wenn es um
Weltraumschrott geht. Der Experte eilte auch in diesem Fall herbei, um den aufregenden Fund genauer zu untersuchen. Es sei ein „seltsames und surreales Artefakt“gewesen, das da vor ihm in der Wiese steckte, schrieb Tucker in einem E-Mail.
Dass so große Stücke auf dem Boden landeten, komme nur „sehr selten“vor. Der einzig vergleichbare Fall sei der Absturz eines Teils der
US-Raumstation Skylab in Westaustralien im Jahr 1979 gewesen.
In diesem Fall konnte Tucker anhand der Brandmuster und der Komposition des Objekts bereits früh bestätigen, dass das aktuelle Trümmerteil tatsächlich aus dem
Weltraum stammte. Auch visuell
könne man das Teil grob dem Rumpf einer SpaceX-Kapsel zuordnen, sagte der Forscher. Laut Tucker war genau so eine SpaceX-Kapsel am 9. Juli um 7 Uhr morgens (Ortszeit Ostaustralien) über New
South Wales – rund 450 Kilometer südlich von Sydney – wieder in die
Atmosphäre eingetreten. „Zu dieser Zeit hörten die Menschen in der
Umgebung einen Überschallknall“, sagte er. Dies passiere beim Eintritt in die Atmosphäre. Außerdem
konnte der Forscher inzwischen sogar Zeugen auftun, die gesehen haben wollen, wie das Teil in der Luft auseinandergebrochen sei.
Obwohl die Gefahr für den Menschen vernachlässigbar sei, könnten Vorfälle wie der aktuelle laut
Tucker in Zukunft häufiger werden. Einfach „da immer mehr Satelliten gestartet werden“, wie der Astrophysiker sagte. Auch heute schon fallen fast täglich Objekte aus dem
Weltraum auf die Erde, doch die überwiegende Mehrheit landet in den Ozeanen, die den größten Teil des Planeten bedecken. Bisher ist
nur ein Fall dokumentiert, bei dem ein Mensch von einem Stück Weltraumschrott getroffen wurde: 1997
landete im US-Bundesstaat Oklahoma ein kleines Teil auf der Schulter einer Frau. Diese blieb aber glücklicherweise unverletzt.
Doch inzwischen werden deutlich mehr Satelliten und Raumschiffe ins
All befördert als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. Eine im Juli veröffentlichte Studie der kanadischen
University of British Columbia kam deswegen zu dem Schluss, dass inzwischen eine sechs- bis zehnprozentige Wahrscheinlichkeit bestehe, dass in den nächsten zehn Jahren ein oder mehrere Menschen durch Weltraumschrott verletzt oder sogar getötet werden.
Zahlreiche Trümmer liegen im sogenannten Weltraumfriedhof, einem einsam gelegenen Meeresbereich, der als letzte Ruhestätte für
Weltraummüll benutzt wird: Dieser zwischen Chile und Neuseeland gelegene
Punkt – genannt „Point Nemo“– gilt als der abgelegenste Ort der Erde. Die nächstgelegenen Inseln sind das zu den Pitcairninseln gehörende Ducie Island, Motu Nui (Osterinsel) und das antarktische Maher Island. Sie sind jeweils knapp 2700 Kilometer entfernt.
Seit den 1970ern sollen rund 300 alternde Satelliten oder Raumstationen am „Point Nemo“versenkt worden sein. Darunter die 120 Tonnen schwere sowjetische Raumstation MIR,
die im März 2001 gezielt zum Absturz gebracht wurde, Versorgungsschiffe, Raketen und andere Weltraumfahrzeuge. „Nemo“ist dabei ein passender Name. Nicht nur hieß Jules Vernes UBoot-Kapitän in „20.000 Meilen
unter dem Meer“so, auf Lateinisch ist es das Wort für „niemand“. Dass die NASA diesen einsamen Ort zum „Weltraumfriedhof“ernannt hat, liegt natürlich nicht zuletzt daran, dass er eben so weit entfernt von jeder
menschlichen Zivilisation ist.
Großteil der Objekte landet in den Ozeanen