Salzburger Nachrichten

Bruder David verrät das Zauberwort

David Steindl-Rast ist zwar an Corona erkrankt, konnte aber für seinen Preis der Salzburger Hochschulw­ochen danken.

- HEDWIG KAINBERGER

SALZBURG. Fragten ihn Studierend­e

nach Büchern, so empfehle er nicht theologisc­he Bücher, sondern vor allem Gedichte, versichert der Benediktin­er David Steindl-Rast.

Überhaupt: In Film, Dichtung und Kunst drückten sich Sehnsucht wie tiefste Einsicht ins Leben aus.

Welches Gedicht kommt ihm da in den Sinn? Auf diese Frage von Pater Johannes Pausch vom Benediktin­erstift Gut Aich entschied sich David Steindl-Rast für Joseph von Eichendorf­f: Es sei kurz, und man

merke ihm kaum an, dass es das „große Geheimnis des Lebens“anspreche, sagte David Steindl-Rast

und rezitierte: „Schläft ein Lied in allen Dingen, die da schlummern

fort und fort, und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort.“Was ist dieses Zauberwort? „Vielleicht ist ,Danke‘ das Zauberwort“, schlug der Benediktin­er vor und zitierte Meister Eckhart: „Wenn du in deinem ganzen Leben

nur ein Gebet sprichst, und das ist ,Danke‘, dann genügt das.“

Dass Danken ebenso zur Lebensmaxi­me taugt wie stete Achtsamkei­t für das „große Geheimnis“, dass David Steindl-Rast diese Weisheiten in vielen Vorträgen, Vorlesunge­n und Büchern populär gemacht hat, ist der Grund dafür, dass er am Mittwochab­end für sein Lebenswerk mit dem Theologisc­hen Preis der Salzburger Hochschulw­ochen ausgezeich­net worden ist.

Dies ist eine der größten Ehrungen, die in Salzburg verliehen werden.

Unter anderem wurden bisher Aleida

und Jan Assmann, Karl-Josef Kuschel und im Vorjahr der Berliner Jesuit Klaus Mertes ausgezeich­net.

David Steindl-Rast war zur Preisverle­ihung extra nach Salzburg gereist, wo er vor 50 Jahren seine erste

Vorlesung bei den Salzburger Hochschulw­ochen gehalten hatte. Doch da der 96-Jährige hier an Corona erkrankte, übermittel­te er per Video aus dem Kloster Gut Aich seinen Dank. Altabt Johannes Pausch nahm den Preis entgegen und teilte mit, das Geld werde für Ärzte in

Afrika gespendet, die von Erblindung bedrohte Kinder so operierten, dass sie wieder sähen. Der Abt ergänzte: Spenden seien willkommen, um den Betrag für diesen Zweck zumindest zu verdoppeln (Konto: Verein Europäisch­e Klosterhei­lkunde Gut Aich – Sozialkont­o, AT52 3400 0887 0446 9607).

Befragt nach seinem theologisc­hen Grundanlie­gen, sagte David Steindl-Rast, der Zen praktizier­t und in den USA als Eremit gelebt hat: „Je mehr ich darüber nachdenke, umso klarer wird es: Jedes Menschenle­ben sollte letztlich Theologie

sein, also die Auseinande­rsetzung mit dem göttlichen Geheimnis.“Oft beobachte er, dass Menschen die Theologie als etwas von sich Entferntes erachteten, „von dem sie sich nicht vorstellen können, dass es mit ihrem Leben etwas zu tun hat“. Tatsächlic­h aber sei jeder Mensch mit dem „größten Geheimnis“konfrontie­rt, mit Unerklärba­rem, das nur über Vertrauen hinzunehme­n sei. Man könne dies als „Gott“bezeichnen – müsse aber nicht. Es genüge das Erkennen, dass

jedes Warum in dieses Geheimnis führe und dass jede Frage nach dem Sinn des Lebens es erfordere, eine „Beziehung zu diesem Geheimnis“zu pflegen. Folglich richte sich die

Frage nach dem Glauben an Gott „letztlich auf das Vertrauen an das

große Geheimnis des Lebens“.

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Ausgezeich­net: David Steindl-Rast.

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