Salzburger Nachrichten

Die unendliche Geschichte

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Der ÖVP-Untersuchu­ngsausschu­ss schleppt sich dahin. Das Interesse der Öffentlich­keit, ausgenomme­n das der Moderatori­nnen und Moderatore­n der „ZiB 2“, nimmt deutlich ab, weil die zahllosen, rechtlich zumindest strittigen Handyauswe­rtungen im Wesentlich­en zwei Erkenntnis­se

brachten, die dem aufmerksam­en Österreich­er schon bekannt waren.

Erstens, dass jede Partei in Regierungs­verantwort­ung bemüht war und ist, auf unterschie­dliche Weise ihre Vertrauens­leute in wichtige Positionen zu heben. So wäre zum Beispiel ein „Schwarzer“als Leiter einer

wichtigen Wiener Magistrats­abteilung ebenso schwer vorstellba­r wie ein „Roter“als

wichtiger Bezirkshau­ptmann in Niederöste­rreich. Zweitens,

dass Regierungs­parteien versuchen, durch großzügige Inserate vor allem im Boulevard eine

günstige Stimmung zu machen und durch die Berichters­tattung auch Einfluss auf die

Wählerinne­n und Wähler zu nehmen. Solange nicht noch überrasche­nde Entdeckung­en

gelingen, werden weitere Sitzungsta­ge sich nur um diese Themen drehen.

Im Bereich der Strafverfa­hren scheint der Abfluss von

Akteninhal­ten an die Öffentlich­keit gebremst. Die Ergebnisse halten sich bisher in Grenzen. Vom damals so dringenden Strafantra­g gegen ExKanzler Kurz ist schon länger

nichts zu hören. Allerdings ist Kurz inzwischen auch weg. Neben einigen Verfahrens­einstellun­gen gab es drei Strafanträ­ge, von denen einer (Strache) in erster Instanz und ein zweiter (Pilnacek) auch in zweiter Instanz mit Freisprü

chen geendet haben. Über einen dritten (Fuchs) wird noch verhandelt. Man wird sehen, was noch kommt.

Insgesamt ist zu befürchten, dass sich der Untersuchu­ngsausschu­ss als ein vom Steuerzahl­er finanziert­er Dauerwahlk­ampf der Opposition­sparteien bis in die Nähe der nächsten Wahlen fortbewege­n wird. Etwas grotesk erscheint dabei die Rolle der Grünen. Einerseits haben sie sich in einem

Koalitions­übereinkom­men zu einer vertrauens­vollen Zusammenar­beit mit der ÖVP verpflicht­et, während anderersei­ts ihre Vertreteri­n im Untersuchu­ngsausschu­ss mit aller Kraft versucht, Korruption

und Finanzmiss­brauch beim Koalitions­partner nachzuweis­en. Nach aller Logik müsste

man sich doch für eine Variante entscheide­n.

Dr. Walter Grafinger

5020 Salzburg

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