Salzburger Nachrichten

Wer erkennt da Salzburg?

Mit speziellen Landkarten und einem Rucksack bietet das Domquartie­r eine besondere Tour durch die Ausstellun­g „Stadt–Land–Berg“, die nicht nur Kindern gefallen wird.

- HEDWIG KAINBERGER

SALZBURG. Wo ist der Pinzgau mit den Tauerntäle­rn hinverschw­unden? Wo ist da die Salzach? Kann das Salzburg sein? Mit dieser komischen Landkarte schickt die Residenzga­lerie im Domquartie­r

ihre Besucher seit Neuestem auf eine Erkundung, und das mit einem Rucksack. Wer die neue Schau „Stadt–Land–Berg“besucht, kann selbigen ausborgen. Zwar fehlt darin traditions­reiche

Wandernahr­ung wie harte Eier und Salamibrot; und obwohl die Tour bis zur Pasterze auf den Glockner führen wird, gibt’s weder Haube noch Handschuhe.

Trotzdem: Auch wenn Buntstifte drin sind, darf man als Erwachsene­r getrost weiterstöb­ern.

So bietet dieser von den Kunstvermi­ttlern unter Leitung von

Andrea Löschnig befüllte Rucksack zwei Karten in Faksimile.

Auf jener von 1710/12, die der Nürnberger Kartograf Johann

Baptist Homann gezeichnet hat, erkennt man das spiegelver­kehrte L der Salzach und ihren Oberlauf mit den vielen rechtwinkl­igen Zuflüssen. Auch wenn das Zillertal dabei ist und im Süden

Windisch-Matrei, auch wenn’s im Norden bis Tittmoning reicht

und Mühldorf im heutigen Bayern und Haus im Ennstal als salzburgis­ch eingekreis­t sind, ist die vertraute Bergschuh-Form des Landes sogleich auszumache­n.

Wie man ähnliches Erkennen mit der Landkarte des in Antwerpen

tätigen Flamen Abraham Ortelius von etwa 1590 erreicht,

wenngleich mit noch größeren südlichen Gefilden bis Villach

und zum Gailtal, hat Landesräti­n Daniela Gutschi (ÖVP) als Beiratsvor­sitzende des Domquartie­rs unlängst verraten: um 90 Grad drehen oder das Schauen umpolen, denn der Norden von 1590 liegt im Osten von 2022.

Eine Zeitreise zurück ins einstige Land Salzburg eröffnet auch die Ausstellun­g „Stadt– Land–Berg“mit Gemälden von Städten und Landschaft­en,

wenngleich man da immer vorsichtig sein muss: Seit Künstler

Landschaft­en malen, haben sie der Schönheit immer den Vorzug

vor der Topografie gegeben. Da kann es schon sein, dass das Kitzsteinh­orn plötzlich rechts vom Zeller Kirchturm prangt, auch

wenn es da selbst mit ärgster Verrenkung nicht zu sehen ist.

Keines der Gemälde korrespond­iert mit Abraham Ortelius’

Karte, denn die Salzburger Landschaft­smalerei entfaltete erst

Ende des 18. und im 19. Jahrhunder­t ihre reiche Blüte. Der einzige

Mit Rucksack durch die Residenzga­lerie

Künstler, der die Karte aus 1590 vermutlich nicht kopfschütt­elnd

betrachtet hätte, ist Johann Michael Rottmayr, denn er wurde rund 60 Jahre nach deren Druck geboren. Seine Ölskizze für ein

Altarbild, die mit 1721 datiert und das älteste Bild der Ausstellun­g

ist, zeigt zwar die Verherrlic­hung des Karl Borromäus, aber mit

Untersberg, Mönchsberg und Kollegienk­irche im Hintergrun­d.

Auf einer heutigen Landkarte, ebenfalls im Rucksack, sind jene Regionen in und um das Bundesland eingezeich­net, von denen Gemälde ausgestell­t sind – Stadt Salzburg, Untersberg, Watzmann, Attersee, Bad Ischl, Saalachtal, Krimml, Großglockn­er oder Bad Gastein. Auf der Rückseite kann man – neben kleinem Kreuzwortr­ätsel – die geografisc­h-politische Einordnung des Landes Salzburg aus jener Zeit studieren, aus der viele Exponate stammen: als Fürsterzbi­stum um 1800, als Kurfürsten­tum ab 1803, als Teil Bayerns ab 1810

und als mit Oberösterr­eich fusioniert­er Teil Österreich­s ab 1816.

Zusätzlich zu einem Block samt Tabelle fürs Stadt-LandBerg-Spielen (Fortgeschr­ittene

könnten sich auf Regionen beschränke­n, die zwischen 1590 und 1860 irgendwann salzburgis­ch gewesen sind) dürfen sich Rucksackto­uristen im Domquartie­r an einem Fotobuch ergötzen: Neben Abbildern einiger Gemälde sind heutzutage aufgenomme­ne Fotos vom selben Standort.

 ?? BILD: SN/DOMQUARTIE­R/ LAND SALZBURG ?? Karte des Landes Salzburg um 1590, herausgege­ben von Abraham Ortelius.
BILD: SN/DOMQUARTIE­R/ LAND SALZBURG Karte des Landes Salzburg um 1590, herausgege­ben von Abraham Ortelius.
 ?? BILD: SN/HKK ?? Für die Ausstellun­g „Stadt–Land– Berg“bestückte Rucksäcke im Domquartie­r.
BILD: SN/HKK Für die Ausstellun­g „Stadt–Land– Berg“bestückte Rucksäcke im Domquartie­r.

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