Okto? Die partizipativen Sender und das triale Mediensystem
Es gibt 14 freie Radios. Mit Okto, Dorf TV und FS1 machen Bürger Fernsehen. Partizipative Medien sind der dritte Teil des Systems.
Okto sendet vorerst weiter. Das ist ein sogenannter Bürger-TV-Kanal mit 100.000 Zuschauern pro Monat. Sogar die vermutlich
kleinste der 14 österreichischen Tageszeitungen hat allein in Vorarlberg mehr Publikum.
Vermutlich? „Wiener Zeitung“und „Oberösterreichisches Volksblatt“hängen zwar am öffentlichen Finanzierungstropf, beteiligen sich aber an keiner Reichweitenmessung.
Okto hingegen versucht seine Subvention auch durch Daten zu rechtfertigen. Neben dem
Wiener Sender betreiben noch Dorf TV in Oberösterreich und FS1 in Salzburg Community-Fernsehen. Die drei erhalten wie die 14 freien Radios Bundesförderung. 2021 waren das
insgesamt drei Millionen Euro. Die werbefinanzierten Privatsender erhalten sieben Mal so
viel. Allein die vier Spitzenreiter Oe24.tv (1,9), Puls 4 (1,6), ServusTV (1,6) und Krone.tv (1,5)
bekamen im Vorjahr zusammen 6,6 Millionen Euro. Nicht nur die Reichweiten dieser Mediensektoren,
auch ihre Förderungen unterscheiden sich also klar.
Dass Okto vom Zusperren bedroht war, liegt aber nicht am Bund, sondern an Wien. Die Stadt hat ihre ursprüngliche Millionensubvention erst um ein Viertel, dann auf die Hälfte reduziert und nun gestrichen. Der eingeschränkte Weiterbetrieb wird durch Erhöhung der Bundesförderung möglich. Der Sender wirkt dadurch wie ein Spielball grüner Koalitionsbeteiligungen, ist aber die Speerspitze eines Sektors, der mehr Beachtung verdient – als Teil einer partizipativen, also Mitmach-Demokratie.
De facto hat Österreich durch diese Sender längst ein triales statt bloß duales Mediensystem: öffentlich-rechtlich, privat und partizipativ. Während die Konkurrenz zwischen den Erstgenannten einem neuen Höhepunkt zusteuert, leidet der Bürgerrundfunk unter Geringschätzung. Dabei könnte er in der aktuellen gesellschaftlichen Krise eine wichtige Rolle spielen, die auch den beiden anderen Teilen
des Systems nützt: Erst Respekt vor Politik und Medien bringt Respekt vor der Demokratie.
Das bedingt auch mehr Achtsamkeit untereinander: Die werbefreien Radios nennen die anderen „privat-kommerziell“. So wie der ORF
Ö3-Rivalen als „Kommerzradios“abwertet, sich aber zu Recht gegen Anwürfe wie „Staatsfunk“wehrt. Solche Wording-Auswüchse von Wettbewerb sollten zwischen drei Teilen eines Mediensystems nicht bestehen. Um das Bewusstsein für Ko-Existenz klar vor jenes für Konkurrenz zu stellen, muss diese zwischen den Sektoren so gering wie möglich gehalten werden. Das ist Aufgabe der Politik. Sie gibt für Parteiblogs mehr Geld aus als für Bürgerrundfunk. Die aber sind kein Teil des Mediensystems – sondern Propaganda-Schleudern.
Peter Plaikner