Salzburger Nachrichten

„Ein Unterschie­d, wie wir geboren werden“

Als Doula unterstütz­t die Salzburger­in Lisa Theresa Mishael Frauen bei einer positiven Geburt. Ein Ersatz für die Hebamme ist sie nicht.

- HANNAH HITZ

SALZBURG. Über Ängste sprechen,

Wehen veratmen und die Hand halten – eine Doula unterstütz­t die Frau emotional vor, während und nach der Geburt. Die 31-jährige Lisa Theresa Mishael ist eine von mehr als 250 Doulas in Österreich. „Doula zu sein ist meine Berufung“, sagt die Salzburger­in. Als Mutter von zwei Kindern wisse sie, wie wichtig eine

positive Geburtserf­ahrung sei. Die Geburt ihres ersten Sohnes lief anders als gedacht. Die Kaiserschn­ittgeburt sei für sie mit viel Stress und

Ängsten verbunden gewesen. Die zweite Geburt verlief ganz anders – auf natürliche­m Weg.

Die Erfahrung sei sehr kraftvoll und selbstbest­immt gewesen. An einen Moment erinnere sie sich besonders: Als

nach der Geburt ihr Sohn auf ihrer Brust gelegen sei, habe sie gedacht: „Dieses Erlebnis will ich in die Welt

hinaustrag­en. Ich will anderen Frauen zu einer selbstbest­immten Geburt verhelfen.“Mishael deutet auf ihren Arm und sagt: „Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich darüber erzähle.“Sie ist überzeugt: „Es macht einen Unterschie­d, wie wir

geboren werden.“Den Floh, Doula zu werden, habe ihr ihre Gynäkologi­n ins Ohr gesetzt.

Doula ist keine gesetzlich reglementi­erte Berufsbeze­ichnung und es gibt keine Ausbildung. Theoretisc­h kann sich deshalb jeder und

jede als Doula bezeichnen. Doulas sind auch schon angezeigt worden,

weil sie geschützte Begriffe wie Betreuung

und Beratung verwendet

haben. Mishael achtet deshalb sehr auf ihre Wortwahl.

In Österreich gibt es ein Training für Doulas. Dieses dauert insgesamt ein Jahr und kostet 2500 Euro. Für die Zertifizie­rung als „DiA-Doula“

muss man eine Bücherlist­e abarbeiten und eine sogenannte Ressourcen­liste erstellen. Auf der Liste stehen zum Beispiel Namen von Gynäkologi­nnen und Anlaufstel­len für

Akupunktur. Zudem wird vorausgese­tzt, dass man drei Geburten begleitet und dokumentie­rt hat.

Im Herbst möchte sich Mishael zertifizie­ren lassen. Ihre erforderli­che Geburtenza­hl hat sie schon länger erreicht. Sie war bereits an zwölf Geburten beteiligt: Hausgeburt­en, Geburten in der Privatklin­ik Wehrle-Diakonisse­n in Aigen und im Landeskran­kenhaus Salzburg. Im Jänner begleitet Mishael vielleicht eine Geburt in der Landesklin­ik Hallein. „Dann hätte ich alles abgesteckt“, sagt sie. Ihre Kundinnen seien ganz unterschie­dlich: Steuerbera­terinnen, Lehrerinne­n und Selbststän­dige.

Mishael studiert Psychologi­e und Romanistik auf Lehramt an der Universitä­t Salzburg. „Das muss ich jetzt endlich mal fertig machen“, sagt sie. Während des Studiums hat sie ihre beiden Kinder bekommen

und ihre Selbststän­digkeit als zertifizie­rte Yogalehrer­in und Doula aufgebaut, was den Abschluss verschoben hat. Ende August möchte sie mit dem Studium fertig sein. Die Rolle als Doula grenzt Mishael ganz

klar von ihrem Psychologi­estudium ab: „Ich bin nicht der Ratgeber, der erklärt, was zu tun ist. Ich bestärke die Frau darin, auf ihre Intuition und ihre Stimme zu hören“, sagt sie.

Die Zusammenar­beit mit Hebammen sei bisher immer positiv gewesen. Eine Geburt würde Mishael nie allein begleiten. „Eine Doula ersetzt niemals eine Hebamme. Wir

haben einen anderen Aufgabenbe­reich“, sagt sie. Die Hebamme sei für den medizinisc­hen und emotionale­n Teil der Geburt verantwort­lich und damit auch für den Ausgang der Geburt mitverantw­ortlich. Eine Doula unterstütz­t die Frau und ihre allfällige Begleitung nur emotional. Beide hätten ihre Berechtigu­ng. Mishael sagt: „Je mehr geburtserf­ahrene Frauen einer werdenden Mutter zur Seite stehen, desto besser.“Die WHO empfiehlt

in ihrer „Checkliste für eine sichere Geburt“aus 2015 eine Geburtsbeg­leitung und erwähnt namentlich Doulas.

Und wie läuft die Geburtsbeg­leitung mit einer Doula ab? Die schwangere­n Frauen kontaktier­en zunächst die „Mondmama“, wie sich Mishael als Doula nennt. Dann

treffen sie sich für ein unverbindl­iches Erstgesprä­ch. Stimmt das Vertrauen, folgen zwei bis drei weitere

Treffen, in denen zum Beispiel mittels Affirmatio­nskarten die Ängste der Schwangere­n besprochen werden. Zwei Wochen vor dem errechnete­n Geburtster­min ist Mishael rufbereit. Die Frauen können sie dann jederzeit anrufen. Das könne sie gut mit ihrer Familie vereinbare­n, sagt Mishael. Eine Betreuung durch sie kostet zwischen 600 und 950 Euro.

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