Wir tragen einen Pullover
Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Deswegen hat der spanische Ministerpräsident an seine Landsleute appelliert, zum Zwecke des Energiesparens keine Krawatten mehr zu tragen.
Damit hat er völlig recht. Denn falls man nicht fertig gebundene Krawatten mit Gummibandel verwendet, erfordert es eine beträchtliche Menge Energie, sich des Morgens die Seidenschlinge
korrekt um den Hals zu legen und zu einem schönen Knoten zu schürzen. Das kann man sich auch sparen.
Es kann natürlich sein, dass der spanische Premier seinen Vorschlag anders
gemeint hat: Wer den Hemdkragen nicht mit einer Krawatte festzurrt, sondern offen trägt, wird seltener die Dienste der
Klimaanlage in Anspruch nehmen müssen und dadurch Strom sparen. Auch damit hat der Regierungschef recht, dass er das sagt. Da wären die Männer von allein nie draufgekommen. Sicherheitshalber sollte er seinem Ratschlag auch noch ein Antikrawattengesetz (AKG) hinterherschicken.
So wie es im Herbst ein Pullovertragegesetz (PTG) brauchen wird. Man kann sich das ungefähr so vorstellen:
§1 Begriffsbestimmung: Unter Pullover ist ein äußerlich gefälliges, wärmendes Strickerzeugnis zu verstehen, das den Oberkörper vom Hals bis zumindest zum Nabel bedeckt und mit seinen Ärmeln bis zu den Händen reicht.
§2 Träger (m/w/d): Träger eines Pullovers im Sinne des PTG §1 ist jede Person, die einen Pullover trägt.
§3 Tragen: Das Pullovertragen gemäß PTG §2 besteht nicht im Herumtragen eines ausgezogenen Pullovers in der
Hand oder über der Schulter. Entsprechend höchstgerichtlichem Erkenntnis
vom 1. April 1999 bezeichnet der Terminus „Pullovertragen“jenen Zustand, der entsteht, wenn der Träger (siehe §2) seinen Kopf durch das große und seine Arme durch die beiden kleinen Löcher des Pullovers (siehe §1) steckt und sodann den unteren Rand des Pullovers in Entsprechung zu PTG §1 bis zumindest zum Nabel hinunterzieht.
§4 Tragepflicht: Ab dem 1. Oktober null Uhr MESZ hat – bis auf gesetzlichen Widerruf – jede in Österreich aufhältige Person in Innenräumen einen Pullover zu tragen. Bei Personen unter drei Jahren kann der Pullover durch einen Strampelanzug ersetzt werden. Details dazu sind der Strampelanzugtrageverordnung (SATVO) des Familienministeriums zu entnehmen.
§5 Ausnahmen: Von der Tragepflicht gemäß PTG §4 ausgenommen sind Personen, die per amtsärztlichem Attest eine Pulloverallergie (kratzus pulloveri) oder den Besitz von Hitzewallungen nachweisen können.
§6 Durchführungsbestimmungen: Mit der Kontrolle des PTG sind die Sicherheitsbehörden beauftragt. Nötigenfalls können auch Kräfte des Bundesheers zum pulloverpolizeilichen Assistenzeinsatz herangezogen werden.
§7 Strafbestimmungen: Dem PTG zuwiderhandelnde Personen sind mit einer Geldstrafe von 60 (im Wiederholungsfall 120) Tagsätzen oder einer Haftstrafe von 3 (im Wiederholungsfall 6) Tagen zu bestrafen, während derer sie zum Pulloverstricken verpflichtet sind.
Erläuternde Bemerkungen: Das PTG ist Teil der Energiesparstrategie des Bundes und dient dem Zweck, während der Heizperiode die Raumtemperatur senken zu können. Um auf regionale Bedürfnisse Rücksicht nehmen zu können,
werden den Landeshauptleuten Verordnungsermächtigungen betreffend Zopfmuster, Art der Wolle und Stricknadeldurchmesser eingeräumt.
Als flankierende Maßnahmen zum PTG sind regierungsseitig geschickte Bewusstseinskampagnen wie die Abhaltung von Pressekonferenzen in Pullovern und mit Fäustlingen geplant (fakultativ auch mit Pudelmützen).