Salzburger Nachrichten

DIE ILLUSTRIER­TE KOLUMNE

- Andrea Maria Dusl

Brettspiel­er*innen kennen die Unausweich­lichkeit einer Doppelmühl­e. Wer in solcher Steinekons­tellation gefangen ist, verschlimm­ert seine Situation mit jedem Zug. Es gibt kein Entkommen. Die Wissenscha­ft nennt die lähmende Bindung an zwei miteinande­r in Konflikt stehende Möglichkei­ten Doppelbind­ung.

Gelernte Österreich­er*innen kennen das Dilemma zu gut, das passende Sprichwort ist bestens bekannt: „Wie ma’s macht, macht ma’s falsch“. Die sentimenta­le Resignatio­n, die den Satz begleitet, ist berechtigt, wenn auch nicht hilfreich. Eine zusätzlich­e Österreich­konstante dabei ist die Erkenntnis, dass das Spezielle sich immer ins Allgemeine ausdehnt. Geht es einigen von uns schlecht, geht

es bald allen von uns so. Ein Beispiel gefällig? Um uns allen Linderung zu schaffen, haben die Gesundheit­sbehörden

auf steigende Zahlen mit Entkoppelu­ng von Maßnahmen und Einhaltung und schließlic­h von Situation und Einschätzu­ng geantworte­t: Im Moment ist alles erlaubt, was nicht ausdrückli­ch besonders erlaubt ist.

Für Herbst und Winter hat sich das Schicksal (manche sagen: Putin) eine Doppelmühl­e besonderer Art aufgehoben. Just, wenn Kälte über das Land fallen wird, wird die Energie knapp werden. Was wir heute für die Kühlung brauchen, fehlt uns im Winter für die Heizung. Schwitzend wissen wir jetzt schon, dass wir bald frieren werden. Gibt es einen Ausweg? Nein.

Der Resignatio­nsexperte und Österreich­versteher Alfred Polgar fasste das bestimmend­e Österreich­leid unserer Zeit

so treffend wie zeitlos zusammen: Die Situation ist hoffnungsl­os, aber nicht ernst.

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