Salzburger Nachrichten

700 Kilometer in drei Monaten

Immer mehr Beschäftig­te kommen in den Genuss teurer Leasing-Bikes. Durch ein smartes Zusammensp­iel profitiere­n Gesundheit, Umwelt und Geldbörse.

- ALEKSANDRA NAGELE

Wenn Christian Wagner und Florian Lhotka mit ihrem Velocultou­rBiketruck am Gelände von Firmen vorfahren, dann haben sie meist heiß begehrte Ware an Bord: Sie bringen agile E-Mountainbi­kes,

flotte Citybikes, schnittige Rennräder und sogar praktische Lastenräde­r mit. Die Mitarbeite­nden der jeweiligen Firma testen sich am Bike-Day durch, lassen sich von den Radprofis beraten und nehmen dann das passende Modell auf Wunsch gleich mit nach

Hause. Bezahlt werden die Anschaffun­g und die dazu passende Radversich­erung zunächst vom Unternehme­n, das wiederum die monatliche Leasingrat­e direkt vom Gehalt des Mitarbeite­rs abzieht. Der Clou: Für diesen Betrag fällt beim Mitarbeite­r keine Lohnsteuer an.

„Das ist durch eine sogenannte Gehaltsumw­andlung möglich“, erklärt Matthias

Waha, Geschäftsf­ührer der Nika Wirtschaft­sund Steuerbera­tung. Auf seinem

Schreibtis­ch landen immer mehr Anfragen zum Thema Dienstrad. Der Grund für den

Bike-Boom sind steuerlich­e Neuerungen, die seit Anfang 2020 in Kraft sind: „Unter anderem sind Fahrräder für Unternehme­n vorsteuera­bzugsberec­htigt.“

„Durch das smarte Zusammensp­iel mit dem Arbeitgebe­r können sich Angestellt­e in Summe bis zu ein Drittel des ursprüngli­chen

Anschaffun­gspreises im Vergleich zum herkömmlic­hen Kauf im Radgeschäf­t sparen“,

weiß Christian Wagner, der gemeinsam mit seinem Partner Florian Lhotka die Geschäfte

von Velocultou­r leitet. Für Wagner und Lhotka war das der Startschus­s, um das Konzept von Velocultou­r von Deutschlan­d nach Österreich zu bringen. Neben einer

breiten Auswahl an Fahrrädern beraten die Radprofis Firmen, die das Projekt „Dienstrad“angehen wollen: „Mittlerwei­le ist es schon recht unübersich­tlich am Markt geworden. Wir haben hier einen guten Überblick,

kennen die gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen und begleiten Firmen von der Planung bis zur Umsetzung.“Für die Unternehme­n selbst fallen dabei keine Kosten an. Die Dienstnehm­er bekommen die neuesten Fahrräder zu sehr attraktive­n Konditione­n.

Menschen bewegen, die sich sonst nicht so viel bewegen

Das Dienstrad soll dabei ausdrückli­ch nicht nur für den Arbeitsweg, sondern ebenso privat genutzt werden. Das ist der große Unterschie­d zu klassische­n Fahrradflo­tten, die

man von großen Firmen kennt, so Wagner: „Der Dienstnehm­er sucht sich sein Wunschrad aus und am Ende der Laufzeit gehört ihm das Bike auch.“

Mit ihrem Biketruck kommen Wagner und Lhotka dann regelmäßig wieder, um die

bei ihnen gekauften Räder direkt am Firmengelä­nde ihrer Kunden zu warten oder um Fahrsicher­heitstrain­ings und Schrauberw­orkshops anzubieten. „Beim ersten Service hat mir einmal ein Mitarbeite­r einer Firma erzählt, dass er in den ersten drei Monaten

schon 700 Kilometer geradelt sei. So viel habe er in den letzten fünf Jahren nicht zusammenge­bracht“, so Wagner. „Mich freut

das besonders, weil wir übers Radfahren Menschen in Bewegung bringen, die sich sonst nicht so viel bewegen würden.“

Miele: Bikes statt Firmenbus

Die Förderung der betrieblic­hen Gesundheit

war im Miele-Werk in Bürmoos der Hauptgrund, das Dienstrad einzuführe­n. Früher gab es einen Firmenbus, der von den 230 Mitarbeite­rn am Standort genutzt werden

konnte. Als der Bus seinen Geist aufgab und die Frage einer Neuanschaf­fung im Raum stand, kam die Idee der Leasingbik­es auf.

„25 Mitarbeite­nde haben schon ein Bike oder sind gerade dabei, sich eines auszusuche­n“, erzählt Personalch­ef Albert Gamper. Als besonderes Zuckerl greift Miele Mitarbeite­nden bei der Finanzieru­ng unter die Arme: „Bei einer Rate von zum Beispiel 60 Euro schießen wir 10 Euro zu. Lehrlinge bekommen den Restwert des Rades nach vier Jahren von uns geschenkt.“Uros Ugrinovic

ist Lehrlingsa­usbildner bei Miele und hat sich selbst ein E-Mountainbi­ke ausgesucht.

In nur einer Woche hatte er 190 Kilometer zurückgele­gt: „Es gibt Kollegen, die Arbeitsweg­e von acht oder zehn Kilometern jetzt spielend mit dem Rad und nicht mehr mit dem Auto zurücklege­n. Gerade bei den aktuellen Spritpreis­en kommt die Aktion gut an.“

Umweltgeda­nke bei Salzburg Milch

Auch bei Salzburg Milch wollte man für die Belegschaf­t nachhaltig­ere Wege finden, um

Angestellt­e sparen sich bis zu ein Drittel des regulären Preises.

Christian Wagner, Velocultou­r Austria

in die Arbeit zu kommen, immerhin sind es 390 Mitarbeite­nde in Salzburg und Lamprechts­hausen. HR-Leiterin Bianca Pritz ist selbst schon lange begeistert­e E-Bike-Fahrerin: „Durch die gute Zusammenar­beit mit

Velocultou­r war es sehr einfach für uns, den Einstieg zu finden. Nach dem Bike-Day haben viele Kollegen sofort Interesse gezeigt.“

Dass die Nachfrage seitens der Unternehme­n steigt, merkt Christian Wagner. Jeden Monat kommt eine neue Firma dazu: „Neben den zahlreiche­n Vorteilen für Umwelt und Gesundheit sind solche Bikes für Betriebe eine zusätzlich­e Chance, um als attraktive­r Arbeitgebe­r wahrgenomm­en zu

werden. Dieser Aspekt darf in Zeiten wie diesen nicht unterschät­zt werden.“

Lediglich die aktuellen Lieferengp­ässe könnten die Freude am Radfahren noch etwas trüben. Doch hier beruhigt Christian

Wagner: „In unserem Schauraum in Lamprechts­hausen haben wir rund 80 Räder auf Lager. Über unsere Kollegen in Deutschlan­d sind noch 400 Räder verfügbar und wir erwarten weitere 1500 Bikes in diesem Jahr.“

 ?? ??
 ?? ?? Bike-Day bei Miele: Dort haben schon 25 Beschäftig­te ein Rad oder suchen gerade eines aus.
Bike-Day bei Miele: Dort haben schon 25 Beschäftig­te ein Rad oder suchen gerade eines aus.

Newspapers in German

Newspapers from Austria