700 Kilometer in drei Monaten
Immer mehr Beschäftigte kommen in den Genuss teurer Leasing-Bikes. Durch ein smartes Zusammenspiel profitieren Gesundheit, Umwelt und Geldbörse.
Wenn Christian Wagner und Florian Lhotka mit ihrem VelocultourBiketruck am Gelände von Firmen vorfahren, dann haben sie meist heiß begehrte Ware an Bord: Sie bringen agile E-Mountainbikes,
flotte Citybikes, schnittige Rennräder und sogar praktische Lastenräder mit. Die Mitarbeitenden der jeweiligen Firma testen sich am Bike-Day durch, lassen sich von den Radprofis beraten und nehmen dann das passende Modell auf Wunsch gleich mit nach
Hause. Bezahlt werden die Anschaffung und die dazu passende Radversicherung zunächst vom Unternehmen, das wiederum die monatliche Leasingrate direkt vom Gehalt des Mitarbeiters abzieht. Der Clou: Für diesen Betrag fällt beim Mitarbeiter keine Lohnsteuer an.
„Das ist durch eine sogenannte Gehaltsumwandlung möglich“, erklärt Matthias
Waha, Geschäftsführer der Nika Wirtschaftsund Steuerberatung. Auf seinem
Schreibtisch landen immer mehr Anfragen zum Thema Dienstrad. Der Grund für den
Bike-Boom sind steuerliche Neuerungen, die seit Anfang 2020 in Kraft sind: „Unter anderem sind Fahrräder für Unternehmen vorsteuerabzugsberechtigt.“
„Durch das smarte Zusammenspiel mit dem Arbeitgeber können sich Angestellte in Summe bis zu ein Drittel des ursprünglichen
Anschaffungspreises im Vergleich zum herkömmlichen Kauf im Radgeschäft sparen“,
weiß Christian Wagner, der gemeinsam mit seinem Partner Florian Lhotka die Geschäfte
von Velocultour leitet. Für Wagner und Lhotka war das der Startschuss, um das Konzept von Velocultour von Deutschland nach Österreich zu bringen. Neben einer
breiten Auswahl an Fahrrädern beraten die Radprofis Firmen, die das Projekt „Dienstrad“angehen wollen: „Mittlerweile ist es schon recht unübersichtlich am Markt geworden. Wir haben hier einen guten Überblick,
kennen die gesetzlichen Rahmenbedingungen und begleiten Firmen von der Planung bis zur Umsetzung.“Für die Unternehmen selbst fallen dabei keine Kosten an. Die Dienstnehmer bekommen die neuesten Fahrräder zu sehr attraktiven Konditionen.
Menschen bewegen, die sich sonst nicht so viel bewegen
Das Dienstrad soll dabei ausdrücklich nicht nur für den Arbeitsweg, sondern ebenso privat genutzt werden. Das ist der große Unterschied zu klassischen Fahrradflotten, die
man von großen Firmen kennt, so Wagner: „Der Dienstnehmer sucht sich sein Wunschrad aus und am Ende der Laufzeit gehört ihm das Bike auch.“
Mit ihrem Biketruck kommen Wagner und Lhotka dann regelmäßig wieder, um die
bei ihnen gekauften Räder direkt am Firmengelände ihrer Kunden zu warten oder um Fahrsicherheitstrainings und Schrauberworkshops anzubieten. „Beim ersten Service hat mir einmal ein Mitarbeiter einer Firma erzählt, dass er in den ersten drei Monaten
schon 700 Kilometer geradelt sei. So viel habe er in den letzten fünf Jahren nicht zusammengebracht“, so Wagner. „Mich freut
das besonders, weil wir übers Radfahren Menschen in Bewegung bringen, die sich sonst nicht so viel bewegen würden.“
Miele: Bikes statt Firmenbus
Die Förderung der betrieblichen Gesundheit
war im Miele-Werk in Bürmoos der Hauptgrund, das Dienstrad einzuführen. Früher gab es einen Firmenbus, der von den 230 Mitarbeitern am Standort genutzt werden
konnte. Als der Bus seinen Geist aufgab und die Frage einer Neuanschaffung im Raum stand, kam die Idee der Leasingbikes auf.
„25 Mitarbeitende haben schon ein Bike oder sind gerade dabei, sich eines auszusuchen“, erzählt Personalchef Albert Gamper. Als besonderes Zuckerl greift Miele Mitarbeitenden bei der Finanzierung unter die Arme: „Bei einer Rate von zum Beispiel 60 Euro schießen wir 10 Euro zu. Lehrlinge bekommen den Restwert des Rades nach vier Jahren von uns geschenkt.“Uros Ugrinovic
ist Lehrlingsausbildner bei Miele und hat sich selbst ein E-Mountainbike ausgesucht.
In nur einer Woche hatte er 190 Kilometer zurückgelegt: „Es gibt Kollegen, die Arbeitswege von acht oder zehn Kilometern jetzt spielend mit dem Rad und nicht mehr mit dem Auto zurücklegen. Gerade bei den aktuellen Spritpreisen kommt die Aktion gut an.“
Umweltgedanke bei Salzburg Milch
Auch bei Salzburg Milch wollte man für die Belegschaft nachhaltigere Wege finden, um
Angestellte sparen sich bis zu ein Drittel des regulären Preises.
Christian Wagner, Velocultour Austria
in die Arbeit zu kommen, immerhin sind es 390 Mitarbeitende in Salzburg und Lamprechtshausen. HR-Leiterin Bianca Pritz ist selbst schon lange begeisterte E-Bike-Fahrerin: „Durch die gute Zusammenarbeit mit
Velocultour war es sehr einfach für uns, den Einstieg zu finden. Nach dem Bike-Day haben viele Kollegen sofort Interesse gezeigt.“
Dass die Nachfrage seitens der Unternehmen steigt, merkt Christian Wagner. Jeden Monat kommt eine neue Firma dazu: „Neben den zahlreichen Vorteilen für Umwelt und Gesundheit sind solche Bikes für Betriebe eine zusätzliche Chance, um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu
werden. Dieser Aspekt darf in Zeiten wie diesen nicht unterschätzt werden.“
Lediglich die aktuellen Lieferengpässe könnten die Freude am Radfahren noch etwas trüben. Doch hier beruhigt Christian
Wagner: „In unserem Schauraum in Lamprechtshausen haben wir rund 80 Räder auf Lager. Über unsere Kollegen in Deutschland sind noch 400 Räder verfügbar und wir erwarten weitere 1500 Bikes in diesem Jahr.“