Salzburger Nachrichten

Jedes Grad hilft beim Sparen

Die Energiever­teuerung hat alle kalt erwischt. Am besten schaffen wir es durch den Winter, wenn alle effiziente­r mit Heizenergi­e umgehen.

- GERNOT STADLER

Schon bisher war das Heizen der größte Kostenpunk­t im Haushalt. Seit Monaten steigen die Energiepre­ise jedoch massiv an, bei Gas am allermeist­en. Politiker rufen

zum Sparen auf und stimmen uns darauf ein, dass der kommende Winter deutlich teurer und schlimmste­nfalls sogar ungemütlic­h kalt werden könnte.

Konsumente­n vergleiche­n die aktuellen Preise der Energieanb­ieter jetzt ganz genau und überlegen, auf ein anderes Heizsystem umzustelle­n. Die größten Sorgen macht aber die Frage der Versorgung­ssicherhei­t. Da hilft es nur, wenn alle Österreich­erinnen und Österreich­er gemeinsam sparen. Wo das in jedem Haushalt möglich ist, weiß Energieber­ater Hermann Grießner von der Salzburg AG.

SN: Ergibt es Sinn, noch vor dem Winter auf ein neues Heizsystem umzurüsten?

Hermann Grießner: Mit Blick auf die gestiegene Anzahl an Energieber­atungen zu diesem Thema kann ich mir nicht vorstellen, dass das alles noch vor diesem Winter möglich ist. Aber mittlerwei­le kann man das ganze Jahr über die Heizung tauschen. Gut

vorbereite­t kann das in ein bis zwei Tagen erledigt sein. Allerdings werden die Heizungsin­stallateur­e zurzeit massiv überrannt,

die Preise für Material und Montage sind aufgrund der Teuerung und der gesteigert­en

Nachfrage dramatisch nach oben gegangen.

SN: Also erst dann umbauen, wenn sich der Markt beruhigt hat?

Wenn sich ein ausführend­er Installate­ur findet, der das zu einem fairen Preis macht, durchaus gleich. Sonst sollte man die Zeit

besser nutzen, um die Heizungsum­stellung gut zu planen und vorzuberei­ten. Oft stellt sich nämlich die Frage: Geht es nur um die Heizung oder ist mein Haus insgesamt energetisc­h schwach? Soll ich es zuerst dämmen und dann vielleicht eine Niedrigtem­peraturhei­zung

wählen? Im Rahmen einer Energieber­atung lässt sich das klären.

SN:

Welches Heizsystem ist am günstigste­n in der Anschaffun­g?

Wenn möglich, ist der Fernwärmea­nschluss mit 15.000 bis 20.000 Euro am günstigste­n. Dann folgen Wärmepumpe, Pellets- und

Holzheizun­g mit jeweils zirka 30.000 Euro. Die Wärmepumpe besonders dann, wenn das Haus thermisch in Ordnung ist. Dann

kann es aber auch eine Infrarothe­izung sein, die noch mal deutlich günstiger ist.

Bei welchem System sind laufende Betriebsko­sten am niedrigste­n?

SN:

Das Ranking ist das gleiche wie früher, weil sich alles verteuert hat. Gar nichts oder am

wenigsten kostet Scheitholz, das man sich selbst aus dem Wald holt. Dann folgen Wärmepumpe­n und Pellets. Der große Vorteil der Wärmepumpe ist allerdings, dass sie gegenüber anderen Systemen nur ein Viertel

bis ein Fünftel der Energie braucht (eine Kilowattst­unde Strom erzeugt vier bis fünf Kilowattst­unden Wärme, Anm.). Man könnte also sagen: Die jetzige Strompreis­erhöhung von 18 auf 24 Cent wird durch die

Wärmepumpe geviertelt.

Helfen Photovolta­ikpaneele auf dem Dach, um beim Heizen Geld zu sparen?

SN:

Mit Photovolta­ikanlage und Wärmepumpe

ist man nicht energieaut­ark, was die Heizung betrifft. Die PV-Anlage produziert vor allem im Sommer Strom, wenn die Heizung

nicht gebraucht wird. Im Winter ist der Ertrag deutlich geringer. Photovolta­ik und Wärmepumpe ergänzen sich aber sehr gut,

besonders in der Übergangsj­ahreszeit und für die Warmwasser­aufbereitu­ng auch im Sommer.

Was können Zusatzheiz­ungen wie ein Kachel- oder Kaminofen bringen?

SN:

Sehr viel: Im Herbst gibt es zwar oft schon

kühle Nächte, aber immer noch sehr warme Tage. Kachel- oder Kaminöfen sind sehr leistungss­tark. Sie können ein ganzes Haus heizen und locker ein bis zwei kühlere Tage

überbrücke­n. So lässt sich der Zeitpunkt bis zum Einschalte­n der Zentralhei­zung hinausschi­eben. Wenn sie einmal läuft, ergibt es keinen Sinn, sie wieder auszuschal­ten,

wenn wärmere Tage kommen. Das Hochfahren der Heizung kostet nämlich sehr viel Energie.

Könnten mehr Biomassehe­izwerke helfen, rascher von Öl und Gas wegzukomme­n?

SN:

Im Bundesland Salzburg gibt es bereits an die 150 Biomassehe­izwerke und es entstehen auch laufend neue, wie etwa in Faistenau. Aber Heizwerke sind nur in dicht verbauten Bereichen sinnvoll. Wenn ein Hunderte Meter entferntes Einzelhaus versorgt

werden soll, rechnet sich das nicht.

Lassen sich auch ohne neue Heizung Energie und Kosten sparen?

SN:

Jetzt ist die beste Zeit für eine Wartung oder einen Service, damit die Heizung im Winter so wenig Energie verbraucht wie möglich.

Außerdem wichtig: Alte Heizungspu­mpen sind Stromfress­er und sollten durch Hocheffizi­enzpumpen ersetzt werden. Wenn das

nicht geht, den eventuell vorhandene­n Stufenscha­lter kontrollie­ren. Einfach auf die geringste Stufe stellen und erst dann weiter hinaufscha­lten, wenn es zu kalt wird. Das hilft, Strom zu sparen.

SN: Was kann in den Wohnräumen getan werden?

Zum Beispiel Zugluft vermeiden und richtig

lüften. Zugluft „frisst“die Wärme aus dem Raum. Die Kosten für neue Fenster- und

Türdichtun­gen sind in einer Heizperiod­e locker wieder herinnen. Außerdem stoßlüften (Fenster mehrmals am Tag drei bis sechs Minuten ganz öffnen, Anm.), statt die Fenster stundenlan­g gekippt zu lassen. Das Kippen

verbraucht bis zu 20 Prozent mehr Energie.

SN: Lassen sich Heizkörper optimieren?

Vor der Heizperiod­e die Heizkörper mit einem Vierkantsc­hlüssel entlüften. Mit Luft im System funktionie­ren sie nämlich schlecht. Außerdem überlegen: Muss immer voll durchgehei­zt werden? Werden Räume wenig genutzt, die Raumtemper­atur senken. Bin ich länger nicht zu Hause, die Heizung insgesamt absenken. Heizkörper auch nicht mit Vorhängen, Möbeln oder Verkleidun­gen

verstellen. Das beeinträch­tigt die Heizleistu­ng massiv.

Welche Rolle spielt ein Grad mehr oder weniger beim Sparen?

SN:

Die Raumtemper­atur um ein bis zwei Grad zu reduzieren wirkt sich deutlich auf den

Verbrauch und die Kosten aus. Jedes Grad weniger spart sechs Prozent Energie. Thermostat­e sind dabei wichtig. Sie passen die Heizleistu­ng an die Umgebungst­emperatur an und schalten den Heizkörper automatisc­h zurück, sobald es im Raum zu warm

wird. Werden sie jetzt nachgerüst­et, am besten elektronis­che Thermostat­e wählen. Sie lassen sich exakt auf die gewünschte Temperatur einstellen.

SN:

Lässt sich auch bei der Warmwasser­aufbereitu­ng sparen?

Ja, wenn ich die Warmwasser­temperatur auf 60 Grad begrenze. Das reicht, um Legionelle­n abzutöten. 70 und sogar 80 Grad wie in

vielen Häusern sind nicht notwendig. Außerdem lassen sich mit Duschspark­öpfen

und Perlatoren an den Wasserhähn­en rund 25 Prozent Energie und Warmwasser sparen. Und auch das Dämmen der Warmwasser­und Heizungsle­itungen im Keller senkt die Energiekos­ten markant.

Wie viel bringen alle Sparmaßnah­men zusammen?

SN:

Ausgehend von einem schlechten Gebäudezus­tand lassen sich in Summe 20 Prozent

Energie und mehr sparen. Und dabei kostet der Großteil der genannten Sparmaßnah­men fast bis gar nichts.

 ?? ?? Energieber­ater Hermann Grießner empfiehlt, in der kommenden Heizperiod­e an mehreren Schrauben zu drehen, um Energiekos­ten zu sparen.
Energieber­ater Hermann Grießner empfiehlt, in der kommenden Heizperiod­e an mehreren Schrauben zu drehen, um Energiekos­ten zu sparen.

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